Herbizide besser schon im Herbst

Der Herbizideinsatz bei Wintergetreide im Herbst wird immer beliebter. Das kommt nicht von ungefähr, denn eine Menge fachlicher Gründe sprechen für diesen frühen Anwendungszeitpunkt.

Eine Herbizidspritzung im Herbst erfasst schwierig zu bekämpfende Leitunkräuter wie Klettenlabkraut, Kamille, Vogelmiere, Ehrenpreis und auch Windhalm besser als Frühjahrsanwendungen. Bei den Hektarkosten gibt es kaum Unterschiede zwischen Herbst- und Frühjahrsanwendung. ©Agrarfoto.com
Eine Herbizidspritzung im Herbst erfasst schwierig zu bekämpfende Leitunkräuter wie Klettenlabkraut, Kamille, Vogelmiere, Ehrenpreis und auch Windhalm besser als Frühjahrsanwendungen. Bei den Hektarkosten gibt es kaum Unterschiede zwischen Herbst- und Frühjahrsanwendung. ©Agrarfoto.com
Unkräuter im Wintergetreide bereits im Herbst regulieren – seit einigen Jahren besteht ein eindeutiger Trend zu dieser frühen Herbizidmaßnahme. Es gibt eine Reihe guter fachlicher Gründe dafür:
• Leitunkräuter (Herbstkeimer) wie Klettenlabkraut, Kamille, Vogelmiere, Ehrenpreis, Taubnessel, Windhalm, etc. lassen sich im frühen Stadium im Herbst besser als im Frühjahr bekämpfen.
• Pflanzenschutzmittel mit Wuchsstoffen und Isoproturon sind besser kulturverträglich.
• Eine erfolgreiche Herbizidmaßnahme im Herbst trägt dazu bei, Arbeitsspitzen im Frühjahr zu brechen, bzw. es besteht nicht mehr die Gefahr, dass Nässe im Frühjahr eine rechtzeitige Behandlung verhindert.
• Auch ein Vergleich der Kosten je Hektar zwischen Herbst- und Frühjahrsbehandlung zeigt kaum nennenswerte Unterschiede.

Zulassung für Isoproturon läuft im Jahr 2017 aus

Der Windhalm-Spezialist Isoproturon (IPU, bekannt als Alon flüssig oder Protugan) hat keine weitere EU-Genehmigung erhalten. Die Abverkaufsfrist endet am 30. Juni 2017; die Aufbrauchsfrist wurde mit dem 30. September 2017 festgelegt. In der Praxis bedeutet das, dass IPU-Produkte nur mehr diesen Herbst und im kommenden Frühjahr eingesetzt werden dürfen.
Lentipur 700 (Chlortoluron) und das im Stomp perfekt verpackte Carmina 640 können als Alternativen herangezogen werden.
Der Vertreiber von Boxer empfiehlt heuer für den Herbsteinsatz eine Mischung aus 2,5 l/ha Boxer (2525) + 25 g/ha Express SX (2972). Eine breite Wirkung gegen Unkräuter und Ungräser ist somit gewährleistet.
Das neue Produkt Jura (3745) ist eine Kombination aus den bewährten Wirkstoffen Prosulfocarb und Diflufenican in einer flüssigen EC-Formulierung. Die Zulassung umfasst Dinkel, Wintergerste, -hartweizen, -weichweizen und -triticale gegen einjährige ein- und zweikeimblättrige Unkräuter. Die Aufwandmenge liegt bei 3,5 bis 4,0 l/ha, vor bis nach dem Auflaufen der Kultur bis Stadium 13. Versuche zeigten eine sehr gute Windhalm- und eine passable Ackerfuchsschwanz-Wirkung. Breitblättrige Unkräuter werden ebenfalls sehr gut erfasst. Jura stellt einen wichtigen Baustein hinsichtlich des Resistenzmanagements dar.
Stomp Perfekt, bestehend aus Stomp Aqua (3107) und Carmina 640 (3085), besitzt ebenfalls ein breites Wirkungsspektrum gegen die wichtigsten Unkräuter im Nachauflauf.
Viper Compact (3544) ist breit wirksam und erfasst z. B. Klettenlabkraut und Kornblume im Jugendstadium gut. Bei den Gräsern ist die Windhalmwirkung hervorzuheben. Da zwei Wirkstoffe von Viper Compact ALS-Hemmer sind, wird empfohlen, auf Feldern, auf denen bereits im Frühjahr ein Wirkstoff mit diesem Wirkungsmechanismus eingesetzt wurde, eine Tankmischung aus 0,75 l/ha Viper Compact + 1,5 l/ha eines IPU-haltigen Produkts zu applizieren. Stichwort Resistenzvermeidung – bei Windhalm stellen wir leider schon eine ALS-Resistenz fest.
Diflanil 500 SC (3368) ist ein reines Diflufenican-Produkt. In Wintergerste und Winterweichweizen besteht eine Zulassung mit 0,375 l/ha. In der Praxis wird aber eine Tankmischung mit einem IPU-Produkt empfohlen.
Sind die Ehrenpreis-Arten, Taubnessel und Stiefmütterchen nicht die Leitunkräuter am Feld, wäre ein Einsatz der Kombination aus 75 ml/ha Saracen (3562) mit 2,0 l/ha Alon flüssig (2181) überlegenswert. Saracen entspricht dem Mittel Primus (2698). Diese Tankmischung ist recht preiswert.
Auch alle anderen Herbstprodukte haben sich bei den letzten Anwendungen gut bewährt. Gleich, ob es sich um die arrivierten Kombinationen mit Stomp Aqua (3107), um Bacara Forte (3090) oder neben anderen auch um das in den letzten Jahren vermehrt eingesetzte Trinity (3209) gehandelt hat – all diese Mittel haben eine gute Wirkung und ein vernünftiges Preis-Leistungsverhältnis.

Bodenherbizide brauchen Feuchtigkeit

Bei Bodenherbiziden (Stomp, Bacara, …) sind für eine optimale Wirkung ausreichend Niederschläge und ein feinkrümeliges Saatbett unbedingt erforderlich. Auch das Saatgut muss mit ausreichend Erde bedeckt sein. Wüchsiges Wetter und keine Nachtfröste unter -3 °C in den ersten Tagen nach der Spritzung fördern die Wirkung.
Vermehrte Aufmerksamkeit ist wieder den Blattläusen zu widmen. Erbsen und Bohnen waren heuer vielfach von Virosen befallen, die beträchtliche Schäden verursacht haben. Übertragen wurden diese Nanoviren durch Blattläuse.

Blattläuse übertragen Viruskrankheiten

In der Wintergerste wird der Gelbverzwergungsvirus durch Blattläuse übertragen. Schlechterer Wuchs im Frühjahr, reduzierte Erträge bis zum Totalumbruch können die Folgen der virösen Gelbverzwergung sein. Im Gegensatz zum Gelbverzwergungsvirus der Gerste wird der Verzweigungsvirus des Weizens durch Zikaden übertragen. Neben gebeiztem Saatgut und einer späteren Saat ist die Bekämpfung des Ausfallgetreides (“grüne Brücke”) zur Vermeidung der Blattlausvermehrung empfehlenswert. Bei der Insektizidbehandlung stehen zahlreiche Pyrethroide zur Verfügung, wie z. B. Bulldock (2927), Decis forte (3554), Fury 10 EW (2895), Kaiso Sorbie (3551), Karate Zeon (3061), Mavrik Citro Pack (3214), Pirimor Granulat (3238) und Sumi Alpha (2421). Als einziges Neonicotinoid kann Biscaya (2995) eingesetzt werden. Die Zugabe eines hochwertigen Netzmittels wie Optiwett CS-7 ist empfehlenswert.
Die Wirkungsdauer selbst hängt von zahlreichen Faktoren ab. Wärmere Witterung verkürzt die Wirkungsdauer der Insektizide auf nur einige Tage; bei gemäßigten Temperaturen wirken die Mittel dagegen relativ lange. Generell kann man sagen, dass systemische Insektizide (Biscaya) länger wirken als Mittel mit Kontaktwirkung (z. B. Pyrethroide). Systemische Mittel sind die bessere, jedoch kostenintensivere Variante. Kostengünstigste Möglichkeiten bieten Sumicidin Super (2996) mit einer Aufwandmenge von 200 ml/ha sowie Kaiso Sorbie (3551) mit einer Aufwandmenge von 150 g/ha als nicht systemisches Mittel. Die Schadschwelle zur direkten Bekämpfung der Blattläuse liegt bei zehn Prozent befallener Pflanzen. Bei stärkerem Zuflug kann eine zweite Behandlung notwendig sein. Wichtig ist eine intensive Kontrolle der Bestände vor allem in den warmen Nachmittagsstunden. Die Blattläuse befinden sich oft an der Blattunterseite und können sich auch in der Blattscheide verstecken. Die Insektizidbehandlung kann mit einer Herbizidanwendung kombiniert werden. Wir empfehlen generell, die Anwendung von Insektiziden außerhalb der Bienenflugzeit durchzuführen.
Das detaillierte Wirkungsspektrum der beschriebenen Produkte ist im “Herbstspritzplan für Wintergetreide” enthalten. Dieser liegt in den Lagerhäusern auf, wo es auch Informationen über die gültigen Hektarkosten gibt.

Spritzenprüfung: Stichtag 26. November 2016

Im Gebrauch befindliche Pflanzenschutzgeräte müssen von anerkannten Werkstätten regelmäßig überprüft werden. Laut EU-Richtlinie über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (2009/128/EG) sind alle Pflanzenschutzgeräte bis 26. November 2016 zu überprüfen. In Österreich wurde diese Richtlinie in Form von Pflanzenschutzgeräteüberprüfungsverordnungen der Bundesländer umgesetzt. Im Wesentlichen gilt, dass alle verwendeten Pflanzenschutzgeräte ab dem 27. November 2016 über eine gültige Überprüfungsplakette verfügen müssen (ausgenommen sind handgeführte sowie schulter- und rückentragbare Pflanzenschutzgeräte und Geräte zur Ausbringung von Nützlingen). Die Überprüfungsplakette ist zunächst fünf Jahre lang gültig. Geräte, die im Zeitraum 2012 bis 2014 bereits gemäß Öpul überprüft wurden, benötigen beispielsweise in NÖ, OÖ und der Stmk. eine Zusatzbestätigung einer zertifizierten Werkstätte, um das fünfjährige Prüfintervall zu erlangen. Neugeräte müssen innerhalb von fünf Jahren erstmalig einer Überprüfung unterzogen werden. Das fünfjährige Prüfintervall gilt bis zum Jahr 2019. Ab dem Jahr 2020 beträgt das Prüfintervall drei Jahre. Für Geräte ohne Prüfplakette sollte also umgehend eine Überprüfung vereinbart werden.

Michael Glösmann, Horst R. Kirchmayr, RWA AG

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