In erster Linie richtet sich die Novelle gegen den Schadstoffausstoß der Schwerindustrie. Doch auch Hunderte Bauern sind hierzulande betroffen.

Schon bei den Trilog-Verhandlungen im Herbst ließ der Gesetzesvorschlag betreffend Schadstoffausstoß von Industrieanlagen und Tierhaltung in Brüssel die Wogen hochgehen. Während der im April 2022 verlautbarte Entwurf der EU-Kommission noch eine Ausweitung auf Europas Rinderhalter ab 150 Großvieheinheiten vorsah, einigten sich das EU-Parlament und der Europäische Rat im November mehrheitlich auf einen Kompromiss ohne Berücksichtigung dieser. Nun sprachen sich im Plenum 393 Abgeordnete für die Novellierung aus, 173 stimmten dagegen, weitere 49 enthielten sich.

Etwa 200 heimische Schweinebauern betroffen

EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius erklärte, dass mit dem neuen Regelwerk bis 2050 um 40 Prozent weniger Schadstoffe wie Feinstaub oder Stickoxide ausgestoßen werden sollen. In erster Linie will man damit die Emissionen von Raffinerien und Kraftwerken, aber etwa auch jene aus dem Bergbau oder der Batterieherstellung minimieren. Der zuständige Parlamentsberichterstatter und bulgarische Abgeordnete Radan Kanev sprach diese Woche von einer „im Kern nicht für die Landwirtschaft, sondern für die Industrie“ relevanten Gesetzgebung. Der ÖVP-Agrarsprecher im Europäischen Parlament, Alex Bernhuber, lässt dies so nicht gelten. „Es war von Anfang an ein großer Fehler, so verschiedene Bereiche in eine Richtlinie zu packen“, stellte Bernhuber klar. Für ihn ist die IED ein „Anschlag auf die heimische, kleinstrukturierte Landwirtschaft“. Nachsatz: „Deshalb habe ich die Richtlinie auch klar abgelehnt.“

Bernhuber: „Es war von Anfang an ein großer Fehler, so verschiedene Bereiche in eine Richtlinie zu packen.“

Auch Europas größter Dachverband der Landwirte und Genossenschaften, Copa-Cogeca, sprach im Vorfeld der Abstimmung von „einem Fehler, die Landwirtschaft als industrielle Tätigkeit zu bezeichnen“. Dass Sinkevicius mitteilte, mit der Novellierung würde nur knapp ein Drittel der größten Schweine- und Geflügelhalter der EU erfasst, ist demnach ein schwacher Trost. Schon jetzt enthält die bisher geltende Richtlinie Vorgaben für die Schweine- und Geflügelproduktion. Allerdings greifen diese erst ab einem Tierbestand von 40.000 Geflügelplätzen oder 2.000 Mastschweineplätzen. Das novellierte IED sieht eine Absenkung der Schwellenwerte von bis zu 73 Prozent bei Schweinen und mehr als 76 Prozent bei Geflügel vor. Der Bauernbund beziffert die Anzahl der hierzulande betroffenen Höfe auf je 200 Schweine- und Geflügelhalter. Diesen dürften künftig zusätzliche Prüfverfahren und bauliche Anpassungen blühen.

Interventionen ohne Ergebnis

Bis zuletzt hatte eine Gruppe konservativer Abgeordneter, darunter Alex Bernhuber, mit einem Änderungsantrag versucht, die Tierhaltung aus der Industrieemissionsrichtlinie auszuklammern – vergebens. 293 Abgeordnete sprachen sich für ein erneutes Aufrollen des Falles aus, 306 dagegen. „Das zeigt die traurige Realität, dass die Anliegen der Bauern, weniger Bürokratie und weniger Belastung, noch immer nicht bei allen Abgeordneten angekommen sind“, kommentierte Bernhuber die Entscheidung. Auch Nationalratsabgeordneter und VP-Agrarsprecher im österreichischen Parlament, Georg Strasser, bedauert, „dass der Zielkonflikt zwischen mehr Tierwohl und Emissionsminderung auf dem Rücken der Landwirtschaft ausgetragen wird“. Gemeinsam mit dem Bayerischen Bauernverband und dem Dachverband der hiesigen Zuchtverbände habe man in Brüssel mehrfach gegen die nun umgesetzte Richtlinie interveniert.

Nun muss noch der Rat dem IED formell zustimmen. Anschließend obliegt die nationale Umsetzung den Mitgliedstaaten. Schlagend soll die Emissionsrichtlinie dann ab 2030 werden. Unternehmen, die dann noch gegen die Schadstoffausstoßauflagen verstoßen, drohen Strafen von zumindest 3 Prozent des innerhalb der EU-27 erwirtschafteten Jahresumsatzes sowie Schadenersatzforderungen von gesundheitlich geschädigten Bürgern.

Viele Fragen offen

Auch wenn die Industrieemissionsrichtlinie vorerst in trockenen Tüchern ist, schließt Umweltkommissar Sinkevicius nicht aus, diese zu einem späteren Zeitpunkt in einen landwirtschaftlichen und einen industriellen Part aufzuspalten. Außerdem wollen die Brüsseler Beamten bis Ende 2026 eine Neubewertung der Notwendigkeit einer Verringerung der Emissionen aus der Tierhaltung vorlegen und dabei auch die Rinderhaltung miteinbeziehen. Geprüft werden soll außerdem, inwieweit Importe aus Drittstaaten den Vorgaben der überarbeiteten IED unterworfen werden sollten. Abgeordneter Bernhuber gibt deshalb noch nicht auf: „Die bevorstehende Überarbeitung muss genützt werden, um die Schwellenwerte anzupassen und unsere landwirtschaftlichen Betriebe von unnötigen bürokratischen Belastungen zu befreien.”

 

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AUTORClemens Wieltsch
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