Das Pendeln zwischen Nord- und Südtirol war für Elisabeth Haid aus dem Ötztal nie ein Problem. Aber heuer war alles anders. Zum Glück beruhigte sich die Corona-Lage vor Beginn der Almsaison ein wenig und es gab für Grenzübertritte zumindest eine Pendlerbewilligung. Die 1975 geborene Längenfelderin, die ein Studium an der BOKU Wien abschloss, arbeitet nämlich gleich doppelt in Südtirol: Als landwirtschaftliche Fachlehrerin unterrichtet sie an der Fachschule für Land- und Forstwirtschaft Fürstenburg in Burgeis im Vinschgau die Fächer Nutztierhaltung und Milchverarbeitung. Unter anderem ist sie dort auch für die Ausbildung der Senner und Sennerinnen zuständig. Im Sommer ist sie auf der Kaproner Alm bei Langtaufers schon seit zwölf Jahren für die Käseherstellung verantwortlich. Besser konnten es die Almbauern nicht treffen, denn Elisabeths Sennereitalent und ihr fundiertes Wissen hat schon mehrere Goldmedaillen eingebracht und sie ist bislang die einzige Frau, die bei der Käseolympiade in Galtür den Tagessieg erringen konnte. Das war 2018.
Teamarbeit ist wichtig
Viereinhalbtausend Kilo Kuhkäse, 500 Kilo Butter und über 2.000 Kilo Ziegenkäse produziert Elisabeth im Sommer auf der Gemeinschaftsalm, die zum Gemeindegebiet von Graun gehört. Die Milch dazu liefern 50 Melkkühe (es gibt außerdem noch 90 Stück Galtvieh und 12 Schweine auf der Alm), und 150 Milchziegen, die auf der benachbarten Ochsenbergalm weiden. Elisabeths Spezialitäten sind Vinschgauer Alpkäse und ein bekömmlicher Weichkäse mit Rotschmiere. Von letzterem musste sie die Almbauern erst überzeugen. „Manche waren anfänglich skeptisch, aber mittlerweile sind sie davon begeistert und auch die Nachfrage ist groß.“
Unterstützt wird Elisabeth von einer Beisennin, zudem arbeiten noch ein Hirte und ein Zuhirte auf der Alm. Lange Zeit war das ein bewährtes Quartett, das sich bestens unterstützte und gut aufeinander abgestimmt war, aber dann starb vor ein paar Jahren ganz plötzlich der Hirte und seitdem ändert sich das Personal ständig. „Es ist anstrengend, wenn man sich am Beginn des Sommers immer wieder neu zusammengewöhnen muss“, erzählt Elisabeth. „Arbeiten, die sonst Hand in Hand gehen, müssen dann neu ausdiskutiert und festgelegt werden.“
Aber meistens spielt sich alles gut ein und jeder kann sich auf seinen Job konzentrieren, wozu auch das Wäschewaschen gehört: „Ein tüchtiges Mitglied des Teams ist unsere Waschmaschine. Ohne sie wären wir aufgeschmissen, denn man glaubt gar nicht, wieviel Wäsche zwischen Stall, Sennerei und Weide täglich anfällt.“
Achtstundentag? Nicht auf der Alm!
Da es auf der Kaproner Alm weder ein Gasthaus noch einen Ausschank gibt, fällt zumindest die Gästebewirtung weg – Elisabeth kann sich ganz auf die Produktion hochqualitativer Almprodukte konzentrieren. Und auf das Putzen und das Kochen, das ja auch erledigt werden muss und das auf der Alm – vorausgesetzt, es sind Frauen da – halt doch meistens in weiblicher Hand liegt. „Ich koche gern, aber manchmal wäre ich froh, wenn mir die anderen sagen würden, worauf sie Appetit haben. Aber sie sagen immer nur, ich soll halt eppas kochen.“ An Lebensmitteln mangelt es nicht. „Die Bauern bringen bei jedem Besuch etwas Gutes mit, wenn sie vom Tal heraufkommen, um nach dem Vieh zu sehen.“
Der Tag auf der Alm ist lang. Um dreiviertel vier Uhr früh steht Elisabeth auf. „Das ist täglich ein innerer Kampf, aber dann komme ich zum Glück schnell in die Gänge.“ Bis auf ein bisschen Auszeit am Nachmittag geht es dann durch bis abends. „Achtstundentag? Den haben wir auf der Alm schon mittags erreicht. Wir arbeiten viel länger und das sieben Tage die Woche. Jeder hält das nicht aus.“
Elisabeth hält es nicht nur aus, das Almleben macht sie auch glücklich. „Natürlich gibt es sehr anstrengende Tage und am Ende des Sommers bin ich mir nie sicher, ob ich eine weitere Saison anhänge. Aber bis jetzt hat es mich immer wieder auf die Alm gezogen. Es gibt nichts Schöneres, als wenn ein Almsommer gut läuft, das Vieh gesund ist und die Bauern zufrieden sind. Dann bin ich auch zufrieden und weiß, dass ich wiederkommen werde.“
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