„Geschäftsmodell“ Berglandwirtschaft im Fokus

Es ist eine besondere Zusammenarbeit, die das Innovationsprojekt „Mehrwert Berglandwirtschaft“ hervorgebracht hat: Wissenschaft und Landwirtschaft ziehen an einem Strang mit dem Ziel, den Wert der Berglandwirtschaft zu steigern, indem auch Ökosystemleistungen und für die Gesellschaft erbrachte Leistungen miteingerechnet werden. Mit Hilfe eines Bewertungssystems sollen auch diese Leistungen künftig finanziell abgegolten werden.

Leistungen mit Wert: Kleinstrukturierte und naturnahe Formen der Landwirtschaft prägen die Berglandschaft in Oberösterreich. Die Gesellschaft profitiert davon, Bäuerinnen und Bauern sollen das künftig auch.

Die Berglandwirtschaft erbringt Leistungen, die weit über die Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln hinausgehen. Erholungs- und Lebensraum, Biodiversität und Artenvielfalt, Boden- und Wasserschutz, Klima- und Naturschutz sind die Begriffe, hinter denen zahlreiche positive Effekte stehen, die so genannte „Ökosystemleistungen“ (ÖSL) darstellen . Es sind Leistungen für die gesamte Gesellschaft, die nur selten kostendeckend abgegolten werden.

Die Berglandwirtschaft hat einen hohen Stellenwert für unsere Gesellschaft. Es braucht jedoch neue Wege, um diese auch zukünftig erhalten zu können. regina Aspalter, ARGEberglandwirtschaft

  

Die Region Nationalpark OÖ Kalkalpen mit ihren 22 Gemeinden ist geprägt durch eine extensive und sehr naturnahe Form der Bergwirtschaft. Deren Fortbestand ist aber nicht nachhaltig gesichert, zahlreiche Betriebe haben in den vergangenen Jahrzehnten die Bewirtschaftung aufgegeben. Dieser Entwicklung soll sich das Innovationsprojekt „Mehrwert Berglandwirtschaft“ entgegenstellen. Wissenschaft und Landwirtschaft arbeiten darin zusammen, um die Leistungen der Berglandwirtschaft in der Region mit Hilfe eines neuen Ansatzes besser als bisher hervorzuheben und ÖSL monetär zu bewerten. Projektträger ist die „ARGE Mehrwert Berglandwirtschaft“ (fünf landwirtschaftliche Betriebe, Verein „Nahtur“, wissenschaftlicher Partner Studia und Bezirksbauernkammern), Kooperationspartner sind etwa das Umweltbüro Klagenfurt, die HBLFA Raumberg-Gumpenstein, die Fachhochschule OÖ und Bio Austria. Unterstützt und zur Gänze finanziert wird es von Bund, Ländern und der Europäischen Union.

Leistungen abgelten und vermarkten

Das Ziel ist, die nachhaltige, ökologische Berglandwirtschaft ökonomisch besser abzusichern. Neben der bereits erwähnten Bewertung von Leistungen sollen auch Möglichkeiten zu deren Abgeltung ausgelotet sowie Vermarktungsoptionen konzipiert werden. Die Quantifizierung und Bewertung von ÖSL soll in Zukunft eine Grundlage für Transferzahlungen bilden, ähnlich den CO2-Zertifikatsmodellen. So könnte künftig größere Kostenwahrheit bei Produkten und Dienstleistungen erreicht werden, wenn der Einfluss auf ÖSL in Herstellung, Nutzung und Entsorgung miteinbezogen wird.

Mit diesem Projekt sind wir Vorreiter in der wissenschafltichen Erfassung der komplexen Ökosystemleistungen der Berglandwirtschaft. Diese Erkenntnisse helfen dabei, die Struktur in der Region zu erhalten und eine Abgeltung hervorzubringen. Anita Haider, projektkoordinatorin

Um das vorhandene Angebot an Leistungen darzustellen, wurden in einem ersten Schritt Indikatoren und Bewertungssysteme entwickelt. Dies geschah mit Hilfe von Invekos-Daten und einer Datenerhebung auf 29 landwirtschaftlichen Betrieben. Weiters wurde das Bewusstsein dafür anhand einer Befragung von 170 Betriebsleitern in Oberösterreich (davon etwa 80 Prozent aus dem Bergebiet) erhoben. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Bewirtschaftung extensiver Grünlandflächen und Weiden überdurchschnittlich viel in der Region vorkommt. Extensive Grünlandflächen und Weiden weisen eine hohe Artenvielfalt an Pflanzen und Insekten auf und stehen für eine Vielzahl weiterer Leistungen wie die Grundwasserneubildung oder das typische Bild der Kulturlandschaft im Berggebiet. Sie sind ein guter, nachweisbarer Indikator für Mehrleistungen, ebenso wie das Vorhandensein von Landschaftselementen und alten Kulturarten ein guter Indikator für die Biodiversität ist.

Quelle: ARGE Mehrwert Berglandwirtschaft, Grafik: BZ
Nicht nur Lebensmittel: Landwirtschaft im Berggebiet sorgt für einen bunten Strauß an positiven Effekten.

Begründet wurden biodiversitätsfördernde Maßnahmen neben dem Schutz der Artenvielfalt auch oft mit der Attraktivierung des Landschaftsbildes. Ein zusätzliches Einkommen zu lukrieren wurde bis dato relativ wenig als Argunemt genannt, viel öfter ist es Teil einer Betriebsstrategie. Da diese Maßnahmen bereits zu großen Anteilen umgesetzt werden, waren die positiven Antworten zur möglichen Umsetzung bei finanzieller Unterstützung relativ gering.

Wissenschafter Stefan Kirchweger von „Studia“ ist selbst Landwirt und kennt damit beide Seiten. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass vor allem in der Berglandwirtschaft ein hohes Bewusstsein für eine naturnahe Bewirtschaftung vorhanden ist. Dies führt zu Mehrleistungen wie Biodiversität, die einen zukünftig immer wichtiger werdenden gesellschaftlichen Wert darstellen. Eine Vermarktung und somit Inwertsetzung dieser Mehrleistungen braucht jedoch transparente und nachweisbare Indikatoren.“

Definition der Begriffe

Berglandwirtschaft umfasst Betriebe, die in „Benachteiligten Gebieten“ liegen, unter erschwerten Produktionsbedingungen (etwa Steilflächen, Höhenlage, ungünstige Bodenverhältnisse) wirtschaften und mit den Betrieben in Gunstlagen nicht wettbewerbsfähig sind. Bezogen auf die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche in Österreich (1.294.000 Hektar) liegen etwa 49 % im „Berggebiet“, das sind 70 % der gesamten Landesfläche. Ökosystemleistungen sind Nutzen, die Ökosysteme dem Menschen oftmals ohne Kosten bieten. Ausgehend von der internationalen Klassifizierung von Ökosystemleistungen der EU werden bereitstellende, regulierende und kulturelle Ökosystemleistungen unterschieden.

- Bildquellen -

  • Bildschirmfoto 2024 02 22 Um 08.06.46 (2): ARGE Mehrwert Berglandwirtschaft, Grafik: BZ
  • Blw 7: arge mw BLW
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