Gerätelenkung für hohe Ansprüche

Das Anbaugerät folgt nicht immer exakt der Spur des Traktors. Mit der Twin-Disc von Raven, einer zusätzlichen RTK-gesteuerten Lenkung, sollen die Abweichungen minimiert werden. Dazu neue, unabhängige Testergebnisse.

Präzision und Effizienz treiben die Entwicklungen in der Landtechnik voran. Die zentimetergenaue Führung des Traktors bei der Bodenbearbeitung und Saat bildet dabei das Fundament. Allerdings variieren die Anbaugeräte, die an Traktoren gekoppelt werden, erheblich in ihren geometrischen Eigenschaften wie Länge, Arbeitsbereich und Drehpunkt – von Sämaschinen über Hackgeräte bis hin zu Erntemaschinen.

Aufgrund dieser Unterschiede treten verschiedene Ausscherverhalten bei Kurvenfahrten auf unebenen Feldern auf. So kann das Ausschwenken eines Hackgeräts dazu führen, dass die Kulturreihe beschädigt wird. Dieses Problem tritt nicht nur bei Kurvenfahrten auf, sondern auch auf geraden AB-Linien, insbesondere in seitlichen Hanglagen. In solchen Situationen neigt der Traktor samt Arbeitsgerät dazu, talwärts abzudriften.

Dagegen versucht der Traktor mit GNSS-Empfänger automatisch, auf der geplanten Spur zu bleiben, indem er gegenlenkt und sich hangaufwärts dreht. Dadurch schert das Anbaugerät aus und verlässt im Arbeitsbereich die vorgegebene Spurlinie. Daher ist es sinnvoll, auch Anbaugeräte mit GNSS-Empfänger samt eigener Lenkung auszustatten.

Mit RTK säen, pflegen, ernten

Quelle: Brandeis
Anbaugerätelenkung Twin-Disc mit RTK-Empfänger und Sechscheiben zum Steuern.

Auf der Innovation Farm wurde das System Twin-Disc von Raven genauer unter die Lupe genommen. Es besteht aus zwei miteinander verbundenen Spurscheiben, einer eigenen RTK-GNSS-Antenne und einer Steuereinheit auf einem kompakten Montagerahmen. Der zweite RTK-GNSS-Empfänger, der sich auf der Gerätelenkung befindet, sorgt in der Regel für eine präzise und ruhige Lenkung des Geräts entlang der Spur, unabhängig von der Lenkkorrektur des Zugfahrzeugs.

Das System muss schon bei der Aussaat aufgebaut sein, damit die Ablage vom Saatgut bereits an der richtigen Stelle erfolgt. Nur so ist sichergestellt, dass das Hackgerät im Anschluss entlang der Kulturreihe geführt wird. Gelenkt wird in diesem Fall mit den am Anbaugerät montierten Sechscheiben, die Unterlecker bleiben locker. Beim Einsetzen am Vorgewende sorgt dies für eine schnellere Positionierung entlang der Reihe und reduziert somit Hackverluste.

Es kann so ziemlich jedes Gerät dafür adaptiert und nutzbar gemacht werden, von der Sä- oder Setzmaschine bis zur Pflege mittels Hackgerät oder auch die Ernte mit dem Bandroder. Der Lenksystemrahmen wird einfach über den Montageflansch zwischen den Gerätschaften gewechselt. Für ein einfaches Handling am Hof sorgen die Aufnahmelaschen für standardisierte Gabelzinken. Einmalig muss an jedem Gerät eine Konsole für die Montage aufgebaut werden.

Das System besteht in den meisten Fällen aus zwei Scheiben, die zum Lenken dienen. Die Scheibenanzahl kann jedoch in besonderen Einzelfällen anders konfiguriert werden, um noch mehr Seitenkräfte für sehr große und schwere Geräte aufbringen zu können. Die Ausstattung des Traktors spielt eine untergeordnete Rolle, einzig die Kompatibilität mit dem Isobus-Terminal muss vorab abgeklärt werden.

Hohe Genauigkeit im Praxistest

Das Gerät wurde in Mold, dem Standort der LK-Technik in Niederösterreich, für einen ausgiebigen Einzeltest zur Verfügung gestellt. Unterstützung lieferte die Firma Pamberger in Obritzberg als Raven-Vertriebspartner. Die Ergebnisse basieren auf dem Einsatz auf zwei Praxisbetrieben. Die Datenerhebung erfolgte mittels Datenlogger und visuellen Beobachtungen. Weiters wurden betreffend Vor- und Nachteile auch jene sieben Landwirte befragt, auf deren Feldern die Technik außerhalb des Versuchs zum Einsatz kommt (und natürlich auch der Besitzer der Maschine).

Die Spurtreue wurde durch einen eigenen Datenlogger auf Basis eines hochpräzisen RTK-Empfängers in Geometerqualität und mehrerer Wiederholungen gemessen und anschließend mit der geplanten Spur überlagert. Nach dem Einfädeln in die Spur wurde bereits nach wenigen Metern die hohe Genauigkeit und damit Führungsstabilität nachgewiesen. Letztlich wurden mehr als 1300 Messpunkte aufgenommen und ausgewertet. Statistisch relevant sind Abweichungen bis 2,4 cm und einem Median von 1,53 cm. Dieses sehr gute Ergebnis liegt in der zu erwartenden Genauigkeit eines RTK-Systems und zeigt, dass ein Hackband von nur 5 cm genutzt werden kann. Ausreißer sind selten und vernachlässigbar.

Das Verhalten des Lenksystems wurde bei verschiedenen Bodenbedingungen beurteilt – von trockenen und leichten Böden bis hin zu schweren, lehmigen Böden mit Steinen. Dabei zeigte sich, dass die Sechscheibenlenkung das Arbeitsgerät unabhängig vom Untergrund sicher und stabil über den Boden führt. Dank der Bodenhaftung kann die Scheibe sehr hohe Seitenkräfte ausüben und dennoch leicht und elegant die Spur halten.

Seitliche Hanglagen und die bekannten Probleme durch das Abdriften des Traktors haben kaum Auswirkungen auf das Arbeitsgerät. Die Lenkung sorgt unabhängig vom Traktor für eine exakte Spur.

Steine sind kein Hindernis

Quelle: Raven
Die Überlastsicherung

Die optional erhältliche, hydraulische Überlastsicherung trägt zur Spurtreue bei. Wenn die Scheibe auf einen Stein trifft, aktiviert sich der Sicherheitsmechanismus und die Scheibe rollt problemlos darüber hinweg. Die Sicherung wird hydraulisch vorgespannt und eingestellt. Ein Versatz entsteht dadurch nicht, da die zweite Scheibe weiter die Führung übernimmt.

Die Tester der Innovation Farm empfehlen diese Überlastsicherung als Erweiterung, da sie nicht nur das Gerät schützt, sondern auch das Abstellen auf festem Untergrund erheblich erleichtert. Das Gespann kann sicher abgestellt werden, da beide Führungsscheiben über das Parallelogramm nach oben gehoben werden.

TEST-FAZIT: Unter schwierigen Bedingungen sowie bei Kurvenfahrten zeigt sich besonders der Vorteil einer separaten Spurführung des Anbaugeräts. Bei der Aussaat und der Pflege wird immer die gleiche Spur verfolgt. Der Landwirt kann das Arbeitsgerät mit einer höheren Genauigkeit und weniger Abstand durch die Kultur führen. So wird insgesamt in der Kulturführung von der Aussaat bis zur Ernte weniger Zeitaufwand benötigt und die Produktivität steigt. Alle befragten Praktiker waren sich einig über die gute Funktionsweise der Raven-Twin-Disc und möchten diese auf ihren Betrieben nicht mehr missen. Ein gezieltes „Blind“-Hacken beim Vorauflauf wurde als großer Vorteil genannt wie auch die hohe Verschleißfestigkeit der Scheiben. Ältere Modelle können leicht nachgerüstet werden, wie mit der hydraulischen Überlastsicherung oder dem Schnellwechselsystem. Durch einen Aufbau eines Konsolenrahmens und Flanschpunkte auf den Geräten, die von der Aussaat bis zur Ernte zum Einsatz kommen, macht die komplette Kulturführung mit diesem System durchaus Sinn. Auch konventionelle Betriebe könnten von der RTK-gesteuerten Anbaugerätelenkung profitieren, gerade im Hinblick auf die geforderte Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln bis 2035. In solchen Fällen könnte sich eine Kombination aus mechanischer Bodenbearbeitung und geringem Chemieeinsatz als sinnvoll erweisen.

VERGLEICH ZU ANDEREN SYSTEMEN: Die Arbeitsgerätelenkung mit RTK-GNSS bietet eine absolute Wiederholgenauigkeit auf der exakt gleichen Spur. Somit müssen Kulturreihen nicht erst erkannt werden und klassische Probleme bei kameragestützten Lenkungen, wie Staub, verschmutzte Kameralinsen oder unterschiedliche Lichtverhältnisse bis hin zu absoluter Dunkelheit, haben keine Auswirkungen. Selbst wenn die Pflanze noch im Keimstadium ist, weiß das Lenksystem stets, wo die Fahrspur liegt.
Vom Vorauflauf-Hacken, ohne dass eine Kultur erkannt werden muss, bis hin zu ausgewachsenen Pflanzen mit starkem Unkrautdruck, steuert die Gerätelenkung sicher und stabil durch den Bestand. Dies ermöglicht höhere Geschwindigkeiten, eine bessere Flächenleistung beim Hacken, 
Arbeitserleichterung und somit eine Zeit- und Arbeitskraftersparnis.
Im Vergleich zu einem Verschieberahmen reagiert die Lenkung schneller und mit weniger Kraftaufwand. Bei einem Verschieberahmen, der eine starke parallele seitliche Verschiebekraft aufwenden muss, um das Gerät zu versetzen, geht ein Teil der Kräfte auch auf den Traktor über. Dies kann zu einem Aufschaukeln führen bzw. die Zugmaschine unter besonderen Bedingungen ebenfalls aus der Spur versetzen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die gesamte Kulturführung, beginnend bei der Aussaat, mit dem Twin-Disc-System durchgeführt werden muss, damit das Saatgut auch auf der vorgegebenen Spur abgelegt wird.

Test-Projekte der Innovationfarm wie dieses werden von Bund, Ländern und der EU unterstützt. Mehr dazu unter innovationfarm.at

- Bildquellen -

  • Twin-Disc: Brandeis
  • Überlastsicherung: Raven
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AUTORIng. Simon Brandeis ist Berater für Digitalisierung der LK-Technik Mold; Online-Bearbeitung: MS
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