Fungizide in Getreide punktgenau anwenden

Krankheiten in Getreide kosten Ertrag und Qualität. Die teils hohen Kosten einer Fungizidanwendung erfordern aber eine Abwägung der Sinnhaftigkeit. Ing. Franz Weissinger, RWA AG Korneuburg, gibt einige Anhaltspunkte aus der Praxis zum Fungizideinsatz bei Gerste, Weizen und Roggen.

In intensiv geführten Weizenbeständen dient eine Ährenbehandlung gegen Fusarium der Ertragssicherung.

Die Ramularia-Blattfleckenkrankheit ist in der Wintergerste zum bedeutendsten Schadfaktor geworden. Durch den Wegfall des Wirkstoffes Chlorthalonil ist die Bekämpfung schwieriger geworden und erfordert vorausschauendes Handeln.
Unter den aktuellen Gegebenheiten muss eine Behandlung gegen Ramularia vorbeugend kurz vor den erwarteten Infektionsbedingungen erfolgen. Sind die ersten Krankheitssymptome erst einmal sichtbar, so ist es für eine Behandlung schon zu spät.

Behandlungsstrategie je nach Infektionsdruck

Bei geringerem Infektionsdruck hat sich im Vorjahr eine Einmalbehandlung als wirtschaftlich erwiesen.
Die bereits bekannten Tankmischungen von 1,5 l/ha Folpan 500 SC in Kombination mit
• 1,2 l/ha Ascra Xpro oder
• 1,0 l/ha Elatus Era oder
• 1,5 l/ha Revytrex
waren meist ausreichend wirksam und auch wirtschaftlich.
Der Einsatz von Folpan 500 SC gegen die Ramularia (zur Befallsminderung) kann und soll so spät wie möglich (BBCH 59) durchgeführt werden. Grannenspitzen bis in die freistehende Ähre (BBCH59) ist hier der ideale Zeitpunkt.
Bei starkem Infektionsdruck ist meistens eine Spritzfolge sinnvoll. Besonders bei frühem Auftreten von Netzflecken und Rhynchosporium Blattflecken ist eine geteilte Behandlung empfehlenswert. Eine sehr gute Lösung ist die Spritzfolge von
• 0,8 l/ha Fandango im frühen Stadium (BBCH 32-37) gefolgt von
• 1,2 l/ha Ascra Xpro + 1,5l/ha Folpan 500 SC in BBCH 59.
Diese Spritzfolge hat im Vorjahr in vielen Versuchen, vor allem in Oberösterreich, beachtliche Mehrerträge gebracht. Ein weiterer Vorteil dieser Spritzfolge ist die Wirkung von Fandango auf die Halmbruchkrankheit. Experten sind fest davon überzeugt, dass durch den „Strobilurin-Effekt“ von Fandango die Blätter länger grün und dadurch leistungsfähig bleiben. Diese Variante eignet sich sehr gut für die Bekämpfung aller wichtigen Krankheiten inklusive Ramularia bei sehr starkem Infektionsdruck. Die Krankheiten werden hier punktgenau bekämpft.

Neuheit für intensiv geführte Bestände

Univoq ist der Nachfolger des Inatreq Aktiv Pack. Der Wirkstoff Fenpicoxamid war im Produkt Questar enthalten. Ab heuer steht die Fertigformulierung der Wirkstoffe Fenpicoxamid und Prothioconazol zur Verfügung. Univoq hat eine Zulassung in Weizen, Roggen, Triticale und Dinkel.
In intensiv geführten Beständen und bei starkem Infektionsdruck wird die registrierte Aufwandmenge von 2,0 l/ha Univoq empfohlen. Als Standardaufwandmenge in den meisten Situationen und bei Spritzfolgen mit anderen Fungiziden gelten 1,5 l/ha Univoq.
Zu beachten ist die Auflage SPe 8 „Bienengefährlich“. Zum Schutz von Bienen und anderen bestäubenden Insekten darf das Mittel nicht auf blühende Kulturen ausgebracht werden sowie auch nicht an Stellen, an denen Bienen aktiv auf Futtersuche sind. Wenn blühende Unkräuter vorhanden sind, darf das Produkt somit nicht angewendet werden.

Ein neues Produkt für frühe Anwendungen

Ebenfalls neu für die kommende Saison ist das Fungizid Verben. Verben ist eine Kombination aus den Wirkstoffen Proquinazid und Prothioconazol. Eine Zulassung mit 1,0 l/ha liegt in Weizen, Gerste, Roggen und Triticale aber nicht in Dinkel vor. Besondere Stärken hat Verben im frühen Bereich gegen verschiedene Krankheiten bzw. gegen Halmbruch (Halmbruchzulassung nur in Weizen und Triticale). Im Fall von Anwendungen in blühenden Pflanzenbeständen (Kulturpflanzen, Unkräuter) darf die Anwendung nur nach dem Ende des täglichen Bienenflugs bis 23.00 Uhr erfolgen.

Wann einmalige Behandlungen reichen

In Beständen ohne Fusariumrisiko ist meist eine einmalige Behandlung mit breit wirksamen Carboxamid-Azol-Mischungen mit einer angepassten Aufwandmenge die richtige Wahl.
Starke Wirkstoffkombinationen wie Ascra Xpro, Elatus Era ,Revytrex oder Univoq leisten mit 80 bis 100 % Aufwandmenge sehr gute Arbeit. Hier kann der Einsatz schon etwas früher stattfinden und es muss nicht die Blüte abgewartet werden.
Zwei Überfahrten werden sinnvoll sein, wenn in intensiv geführten Beständen mit guter Wasserversorgung ein Fusariumrisiko besteht. Der klassische Blattschutz findet hier im Stadium BBCH 37/39 statt, gefolgt von einer abschließenden Ährenbehandlung. Bei starken Fusariumbefall ist in den meisten Situationen eine gezielte Überfahrt zum richtigen Zeitpunkt sinnvoll. Gegen Ährenfusariosen sind Azolprodukte in der Blüte und nach Regen (3 bis 4 mm) ideal. 1,5 l/ha Zantara oder 0,8 bis 1,0 l/ha Prosaro sind hier passende Produkte. Besonders preisgünstig für diesen Einsatzbereich sind nach wie vor z. B. Folicur oder Mystic 250 EW mit 1,0 l/ha. Wichtig für die Wirkung ist eine gute Benetzung der Ähre.
Der Hauptschaderreger in Winterroggen ist der Braun­rost.

Bei Roggen besonders auf Braunrost achten

In manchen Jahren treten auch Rhynchosporium-Blattflecken und Mehltau stärker auf. In wärmeren Anbaulagen kann Braunrost schon in der Schossphase vorkommen. Meist reicht aber eine Behandlung mit einem zugelassenen Fungizid aus. In den Streifenversuchen der LK NÖ war bisher der Fungizideinsatz vor allem in Hybridroggen wirtschaftlich aufgrund dessen höheren Ertragspotenzials.
Wichtig ist es, auch bei Fungizidanwendungen die Pflanzenschutzaufzeichnungen tagesaktuell zu führen sowie den Zulassungsstand und auch die Anwendungshinweise laut Pflanzenschutzmittelregister zu beachten.


Halmverkürzung mit Gefühl – Der Einsatz von Wachstumsreglern in Getreide ist ein sehr beratungsintensives Thema. Die Antwort auf die Frage „Ob und wieviel?“ hängt von vielen Faktoren ab. Trockene Witterung, hohe Temperaturen, starke Temperaturschwankungen und intensive Sonneneinstrahlung haben großen Einfluss auf die empfohlene Aufwandmenge.
Der optimale Termin, um den unteren Teil des Halmes zu kürzen und zu verstärken, ist das Entwicklungsstadium BBCH 31/32. Bei starkem Infektionsdruck bezüglich Krankheiten kann eine Tankmischung mit Fungiziden eingesetzt werden.
In Wintergerste haben sich folgende Spritzungen als gute Lösungen für die Halmverkürzung und -festigung erwiesen:
• 1,0 bis 1,25 l/ha Fabulis OD oder
• 0,5 bis 0,75 kg/ha Prodax oder
• 0,6 bis 0,8 l/ha Moddus. Eine Halmverkürzung verschafft den Getreidepflanzen neben der verbesserten Standfestigkeit auch einen höheren Feinwurzelanteil und verbessert damit die Nährstoff- und Wasseraufnahme.
In der Praxis hat sich das Produkt Prodax einen guten Namen gemacht. Prodax ist eine Kombination aus Prohexadion-Calcium mit Trinexapac und verbindet die Vorteile beider Wirkstoffe bei maximaler Verträglichkeit. Wenn es darum geht, Getreidebestände besonders schnell und stark zu kürzen, ist Prodax die richtige Wahl. Temperaturen von 12 bis 14 °C sind ideal für eine gute Wirkung. Fabulis OD und Prodax vertragen auch kühlere Temperaturen.
Auf leichten Böden mit geringer Stickstoffnachlieferung bzw. bei Spätsaaten und geringer Bestandesdichte soll die Aufwandmenge reduziert werden. Manchmal kann der Einsatz von Wachstumsreglern unter diesen Umständen auch entfallen.
Zu beachten ist, dass der Einsatz von Wachstumsreglern vor allem eine Maßnahme zur Ertragssicherung ist und weniger, um Mehr­erträge zu erzielen. Eine gute Standfestigkeit lässt sich vor allem dann erreichen, wenn im unteren Teil des Halms die Abschnitte zwischen den Knoten verkürzt werden. Auch der Feinwurzelanteil der Getreidepflanze wird erhöht und verbessert damit die Nährstoff- und Wasseraufnahme.
Die Aufwandmengen der gängigsten Produkte in Winterweichweizen sind:
• 1,0 bis 1,25 l/ha Fabulis OD oder
• 0,3 bis 0,5 kg/ha Prodax oder
• 0,3 bis 0,4 l/ha Moddus.
• Eine bewährte Mischung in der Praxis ist zudem 0,3 l/ha Moddus plus 0,5 l/ha Stabilan 400.
Bei einigen Produkten besteht je nach Zulassung auch eine Möglichkeit einer Splittingvariante. Details zu Splitting bzw. Einsatz in Roggen und Triticale findet man im Lagerhaus Spritzplan für Getreide bzw. bieten die regionalen Lagerhäuser dazu auch Beratung an. Jedenfalls auf Erfahrungen aus der Beratung zurückgreifen sollte man bei einem Einsatz von Cerone in diversen Getreidearten oder bei Tankmischungen mit Herbiziden.


Fungizide im Trockengebiet – Trockengebiet und Fungizid – wie passt das zusammen? Die Diskussion über die Wirtschaftlichkeit eines Fungizideinsatzes im Trockengebiet ist alle Jahre wieder ein interessantes Thema für viele Praktiker. Viele Berater sind sich einig, dass ein Fungizid fehlendes Wasser nicht ersetzen kann. Kritisch zu sehen sind diverse Werbebotschaften, die mit Stresstoleranz und ähnlichen Aussagen einen Fungizideinsatz argumentieren. Die Wirtschaftlichkeit ist bei guter Bodenbonität und entsprechender Ertragserwartung gegeben. Hier ist auf jeden Fall ein kritischer Blick auf die Hektarkosten notwendig. Gerade im Hinblick auf die Kosten sind z. B. Fungizide wie Adexar Top oder Zantara interessante Produkte für das (östliche) Trockengebiet.
Wesentliche Grundlagen für eine Entscheidung, ob und welcher Fungizideinsatz durchgeführt wird, ist die Beobachtung der Bestände. Schadschwellen, Wetterdaten und Pflanzenschutz-Warndienst sind weitere Entscheidungshilfen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Wichtig ist ebenfalls eine gutes Resistenzmanagement. Carboxamide sollen höchstens einmal zur Anwendung kommen und es sollen auch die zugelassenen Aufwandmengen verwendet werden.
Schneeschimmel (Microdochium nivale) und DTR-Blattdürre waren in den vergangenen Jahren immer wieder zu beobachten. Diese Krankheiten werden von einigen Fungiziden gut miterfasst.


Autor: Ing. Franz Weissinger, Abteilung Pflanzenschutz, RWA AG Korneuburg

- Bildquellen -

  • W Weizen Ährenbehandlung: agrarfoto.com
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AUTORH.M.
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