Fragen und Antworten zum Thema Bio-Verordnung

FOTO: agrarfoto.com

Warum sind Änderungen der Vorschriften für Bio-Betriebe notwendig?

2017 hat die EU-Kommission durch ihre Beamte Österreichs Systeme zur Kontrolle der biologischen Erzeugung und der Kennzeichnung biologischer Erzeugnisse bewerten lassen. Im Zuge dieses Audits wurde in Teilbereichen eine aus Sicht der Kommission unzureichende Umsetzung der Vorgaben der EU-Bio-Verordnung festgestellt und die österreichischen Behörden definitiv aufgefordert, in der Umsetzung der Vorgaben zur biologischen Landwirtschaft Änderungen vorzunehmen. Nach Vorlage einer Reihe von Anpassungsmaßnahmen erkennt Brüssel zwar die Bemühungen Österreichs an, verlangt aber bei Anbindehaltung, Weidehaltung für Raufutterverzehrer und Auslauf noch weitere Anpassungen an die gültige sowie künftig noch strengere EU-Bio-Verordnung.

Warum wurden so kurzfristig Vorschriften mit einschneidenden Auswirkungen für die Betriebe erlassen?

Die österreichischen Behörden, aber auch Landwirtschaftskammern und Bioverbände haben sich intensiv bemüht, gemeinsam mit der EU-Kommission praxisnahe Lösungen zur Umsetzung der EU-Bio-Verordnung zu erarbeiten. In Teilbereichen sind dennoch Anpassungen notwendig, um den Vorgaben aus Brüssel zu entsprechen. Allen Beteiligten sind die potenziellen Auswirkungen der neuen Auslegungen und Anforderungen für die Bio-Betriebe bewusst. Für 2020 wurden entsprechende Übergangsregelungen vorgeschlagen, damit eine schrittweise Anpassung erfolgen kann. Erste rechtliche Änderungen treten bereits für 2020 in Kraft, ab 2020 muss die vollständige Umsetzung der geänderten Auflagen erfolgen.

Warum erfahre die Biobauern das erst jetzt?

Österreich wurde eine Frist bis Anfang November 2019 für die Rückmeldung bezüglich Anpassungsmaßnahmen gesetzt. Diese wurde fristgerecht übermittelt. Die Verhandlungen mit der Kommission bezüglich der Umsetzung der EU-Bio-Verordnung laufen nach wie vor. Erste Informationen zu den notwendigen Anpassungsmaßnahmen wurden umgehend nach deren Vorliegen mittels persönlichem Schreiben ab 11. November an alle potenziell betroffenen Bio-Betriebe versendet.

Bis wann ist klar, welche Vorschriften ab 2020 und welche mit Wirksamkeit der neuen EU-Bio-Verordnung ab 2021 gelten?

Deren Verlautbarung hat oberste Priorität. Die genauen Festlegungen für 2021 betreffend Weidehaltung, Überdachung des Auslaufes und Anbindehaltung bei Kleinbetrieben sind noch nicht abschließend geklärt und müssen noch weiter mit der Kommission besprochen werden.

Was ist künftig bei der Bio-Weidehaltung von Raufutterverzehrern zu beachten?

Ab 2020 muss jeder Bio-Betrieb mindestens ein RGVE pro Hektar weidefähiger Fläche oder zumindest fünfzig Prozent der RGVE in der Vegetationsperiode auf der Weide halten, wann immer es die Umstände erlauben. Zudem müssen ein betrieblicher Weideplan erstellt und die Weide dokumentiert werden. Und für die Überdachung von Auslaufflächen gilt ab dem Jahr 2020, der Auslauf für Kälber, Lämmer und Kitze darf nicht mehr zu 100 Prozent überdacht sein.

Entspricht meine derzeitige Weidepraxis den neuen Vorschriften?

Wenden Sie sich an den (Grünland-)Berater der Landwirtschaftskammer oder von Bio Austria, um alle individuellen Betriebsmöglichkeiten auszuloten. Vom BMNT wurde empfohlen, bis zum 16. Dezember 2019 in die ÖPUL-Maßnahme „Tierschutz-Weide“ mit möglichst vielen Tierkategorien einzusteigen, da damit eine finanzielle Unterstützung für die mit der Weide verbundenen Aufwände erfolgen kann. Ein Ausstieg aus eventuell zu viel beantragten Tierkategorien ist bis zum Beginn der Weideperiode 2020 möglich. Die Teilnahme an der ÖPUL-Maßnahme „Tierschutz-Weide” bedeutet jedoch nicht zugleich, dass hiermit bereits die Anforderungen der EU-Bio-Verordnung erfüllt sind.

Was passiert, wenn man die neuen Vorschriften ab 2020 nicht einhalten kann?

Die Einhaltung der relevanten Bestimmungen wird im Rahmen der jährlichen Bio-Kontrolle kontrolliert und evaluiert. Verstöße gegen die Umsetzung der EU-Bio-Verordnung werden wie bisher im Rahmen des Agrarumweltprogramms ÖPUL berücksichtigt und gegebenenfalls die Prämien gekürzt.

Kann man aus der ÖPUL-Maßnahme „Biologische Wirtschaftsweise“ sanktionslos aussteigen, wenn man die geänderten Anforderungen nicht einhalten kann?

Die neuen, adaptierten Bestimmungen zur biologischen Produktion werden so rasch wie möglich zu Beginn des Jahres 2020 rechtlich mittels Erlass bzw. neuer Veröffentlichung der österreichischen kommentierten Fassung zur Bio-Verordnung umgesetzt. Sobald die geänderten rechtlichen Bedingungen in Kraft sind, wird ein sanktions- und rückzahlungsfreier Ausstieg aus der Verpflichtung der ÖPUL-Maßnahme „Biologische Wirtschaftsweise“ ermöglicht werden, für den Fall, dass ein Betrieb die Anforderungen aufgrund der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen nicht einhalten kann. Wichtig ist, dass der Ausstieg aus der ÖPUL-Maßnahme „Biologische Wirtschaftsweise“ erst im Jahr 2020 nach Bekanntgabe der geänderten Rechtsvorschriften erfolgt.

Für den Ausstieg aus der ÖPUL-Maßnahme „Biologische Wirtschaftsweise“ ist eine formlose Meldung an die AMA inklusive Begründung, warum die geänderten Auflagen nicht einhaltbar sind, erforderlich. Ein Wiedereinstieg oder ein Umstieg in eine andere Maßnahme im laufenden Programm bzw. in der Übergangsperiode zum neuen LE-Programm ist nicht möglich. Vor einem Ausstieg aus der ÖPUL-Maßnahme „Biologische Wirtschaftsweise“ und generell der Biolandwirtschaft sollen auf jeden Fall gemeinsam mit den Beratungskräften der Landwirtschaftskammern und Bio Austria die betriebsindividuelle Situation erörtert und die bestehenden Möglichkeiten abgeklärt werden.

Was ist in Bezug auf die Investitionsförderung zu beachten?

Der erhöhte Investitionszuschuss für Bio-Betriebe („Bio-Zuschlag“) ist an eine „Behaltefrist“ von fünf Jahren ab der Letztzahlung gebunden. Wird die biologische Wirtschaftsweise vor Ende dieser Behaltefrist beendet, so hat eine aliquote Rückzahlung des Bio-Zuschlages für den nicht eingehaltenen Zeitraum zu erfolgen.

Gibt es Auswirkungen auf die Auszahlungen der Bio-Prämie im Rahmen des ÖPUL?

Die Auszahlung der ÖPUL-Maßnahme BIO erfolgt wie bisher im Dezember 2019 mit einer 75% Teilzahlung. Ohne die nationalen Anpassungen bezüglich der Umsetzung der EU-Bio- Verordnung hätten sich jedoch relevante Konsequenzen ergeben können.

Was ändert sich speziell bei der Bio-Weidehaltung für Raufutterverzehrer?

Grundsätzlich ist allen Rindern, Schafen, Ziegen, Pferden ab 2020 Weide zu gewähren, wann immer es Witterung und Boden gestatten. Als Mindestanforderungen zur Umsetzung der Weidepflicht müssen künftig mindestens ein RGVE pro Hektar weidefähiger Fläche oder zumindest 50 Prozent der RGVE geweidet werden. Zudem muss jeder Betrieb bis 30. Juni 2020 einen Weideplan erstellen, der zumindest die von der Weidepflicht umfassten Tiere, die Weideflächen sowie die Weideperioden enthält. Die weidefähige Fläche errechnet sich aus dem gesamten Grünland eines Betriebs abzüglich der „nicht weidefähigen Fläche“. Zusätzlich zum Grünland werden Ackerflächen zu 20 Prozent als weidefähige Fläche gewertet.

Folgende Ausnahmen entfallen mit 1. Jänner 2020: wenn die Weidefläche nur durch Überquerung von Straßen und Bahntrassen erreicht werden kann, die Weide mehr als 200 Meter entfernt liegt und Weide auf Ackerflächen. Grünlandflächen werden im Jahr 2020 nur mehr dann als nicht weidefähig eingestuft, wenn zumindest eines der folgenden Kriterien zutrifft: für Rinder und Pferde: Grünlandflächen steiler als 25 %; staunasse Grünlandböden; Naturschutzflächen, auf denen eine Beweidung durch Vertragsnaturschutz oder behördliche Auflagen verboten oder zeitlich stark eingeschränkt ist und Feldstücke unter 0,2 ha.

Streuobstwiesen gelten grundsätzlich als weidefähig und sind daher bei der Berechnung der weidefähigen Fläche zu berücksichtigen; ausschließlich im Zeitraum der Obstreife kann jedoch von der Beweidung dieser Flächen für Schafe und Ziegen abgesehen werden. Bei INVEKOS-Betrieben werden die dort angegebenen Flächen für die Berechnung herangezogen.

Im Fall von bio-zertifizierten Betriebszweigen mit Geflügel wie Legehennen, Enten, Gänsen können für diese Tierarten die laut Bio-Verordnung erforderlichen Freiflächen bei der Ermittlung der weidefähigen Fläche für die nach den Vorschriften dieser Verordnung aufgezogenen und gehaltenen Pflanzenfresser abgezogen werden.

Was, wenn Flächen von anderen Tierarten oder nicht-zertifizierten anderen Tiere beansprucht werden?

Diese können bei der Ermittlung der weidefähigen Fläche für die nach den Vorschriften dieser Verordnung aufgezogenen und gehaltenen Pflanzenfresser nicht abgezogen werden.

Genügt es, wenn ich an der Weidemaßnahme teilnehme?

Die ÖPUL-Weidemaßnahme unterstützt allgemein die Weidehaltung für alle Betriebe. Im Rahmen der Weidemaßnahme besteht die Vorgabe einer Mindestweidedauer von 120 Tagen, die auch verteilt auf mehrere Weideperioden erfüllt werden kann. Die Auflagen sind unterschiedlich zur Bio-Verordnung, weshalb die Teilnahme an dieser ÖPUL-Maßnahme nicht zugleich bedeutet, dass bereits die Anforderungen der Bio-Verordnung erfüllt sein müssen.

Gibt es eine Mindestanzahl an Weidetagen pro Jahr?

Die EU-Bio-Verordnung regelt, dass geweidet werden muss, wann immer die Umstände es zulassen. Die Weidetage auf Almen und Gemeinschaftsweiden werden dabei angerechnet.

Gibt es eine konkrete Angabe zur Mindestweidefläche?

Der Tierbesatz muss so niedrig sein, dass Überweidung, Zertrampeln des Bodens, Erosion oder Umweltbelastung, verursacht durch die Tiere oder die Ausbringung des von ihnen stammenden Wirtschaftsdüngers, möglichst geringgehalten werden.

Wie sieht bei Eingriffen bei den Tieren der Ablauf bei der Antragstellung samt zugehöriger Fristen ab 2020 aus?

Ausgewählte Eingriffe können weiterhin durchgeführt werden. Bei der Enthornung der Rinder ist die Sedierung und Lokalanästhesie durch den Tierarzt vorgesehen. Ab 2020 müssen alle Betriebe um einzelbetriebliche Genehmigung für das Zerstören der Hornanlagen bei Kälbern unter sechs Wochen nach der Geburt, weiblichen Kitzen bis zu einem Alter von vier Wochen sowie für das Kupieren des Schwanzes bei weiblichen Lämmern bis zu einem Alter von sieben Tagen, welche für die Zucht bestimmt sind, bei der zuständigen Behörde (meist Lebensmittelaufsicht oder Veterinärbehörde des Bundeslandes) ansuchen. Entsprechende Formblätter sind unter https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/ lebensmittel/bio/bio_produkte.html bzw. unter https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/lebensmittel/bio/Bioformulare.html verfügbar. Für andere als die oben genannten Eingriffe ist bereits jetzt ein tierbezogener Einzelantrag an die zuständige Behörde zu stellen. Für die Verkleinerung der Eckzähne bei Ferkeln und Schnäbelstutzen wird ab 2020 in der Regel keine Genehmigungen mehr erteilt, ebenso für das Kupieren von Schwänzen bei anderen Schafen als weiblichen Lämmern und bei anderen Tierarten.

Im Falle eines Tierzukaufs kann der zukaufende Bio-Betrieb aufgrund des Bio-Zertifikats davon ausgehen, dass der Eingriff beim betreffenden Tier gemäß der Ausnahmegenehmigung laut Bio-Verordnung durchgeführt wurde.

Was ist bei der Ausgestaltung und Ausmaß von Auslaufflächen zu beachten?

Eine 100 %-Überdachung der Mindestauslauffläche für Kälberauslauf ist ab 2020 nicht mehr möglich. Indes ist künftig auch allen Geflügelkategorien ein entsprechender Auslauf zu gewähren. Elterntiere müssen in der Geflügelhaltung mindestens Zugang zu teilweise überdachtem Freigelände haben. Ein überdachter Scharrraum ist nicht ausreichend. Die Runderlässe zur Geflügel- und Enten-Elterntierhaltung werden ersatzlos aufgehoben.

- Werbung -
Vorheriger ArtikelBio-Verordnung: Pernkopf fordert von Zarfl Unterstützung
Nächster ArtikelSchweinemarkt KW 51-52/2019: Feiertagsbedingte Absatzflaute drückt auf Preise