Bernhuber, Kemptner und Plank warnen vor Pommes-Knappheit

Wetterextreme, Schädlinge und Pilzkrankheiten verursachen zunehmend Ernteverluste bei Kulturen wie Kartoffeln, Zuckerrübe, Raps und Kürbis. Bei diesen Kulturen gibt es bereits deutliche Flächenrückgänge und Versorgungsengpässe. Kürzlich erlassene EU-Vorschriften wie die Verbote von Beiz- und Pflanzenschutzmitteln schränken die heimische Lebensmittelproduktion oben drauf ein, wie Europaabgeordneter Alexander Bernhuber, Josef Plank, der Obmann des Vereins Wirtschaften am Land, und Anita Kamptner, Geschäftsführerin der InteressenGemeinschaft Erdäpfelbau (IGE), monieren.

Wenn die Umstände für den Anbau von Gemüse, Getreide und Ölsaaten schwieriger würden, brauche es nicht weniger, sondern zumindest dieselben bewährten Werkzeuge für den Pflanzenschutz, fordern die drei Agrarier. Beim Verlust weiterer Mittel im Pflanzenschutz werden der gesamten Wertschöpfungskette “ernsthafte Probleme” drohen.

Verarmung der Fruchtfolge

Hilfreich sind die Vorhaben der EU-Kommission in Zeiten zunehmender Wetterextreme und volatiler Agrarmärkte laut Bernhuber nicht. “Die Europäische Kommission erschwert die Lebensmittelproduktion, anstatt Lösungen für die klimatischen Herausforderungen zu geben. Die aktuellen Entscheidungen der Europäischen Kommission bringen die heimische Landwirtschaft in Bedrängnis. Das spiegelt sich in Verarmung der Fruchtfolge, Verlust der Artenvielfalt und einer beginnenden Verlagerung der Lebensmittelproduktion ins Ausland wider“, warnt Bernhuber. 

Gewarnt wird vor der “ägyptischen Wüstenkartoffel”, denn die ägyptische Erdäpfelproduktion befindet sich mitten in der Wüste. Unnatürlich im reinen Wüstensand wachsende Knollen würden durch enormen Ressourcenaufwand an Wasser und Düngemitteln herangezogen und legen danach mehr als 4.100 km zurück, um in Österreichs Regalen zu landen. Die Agrarier weißen darauf hin, dass besonders der Wasserverbrauch bedenklich sei. Laut dem deutschen Umweltbundesamt (2022) verbraucht ein Kilo Erdäpfel, geerntet in Deutschland, etwa 119 Liter an Wasser, über 70% davon aus natürlich vorkommenden Quellen wie Regen. Dieselbe Menge an ägyptischen Wüstenerdäpfeln verbraucht über 418 Liter Wasser, welches obendrein künstlich aus tief liegendem Grundwasser entnommen werden muss und Verunreinigungen hinterlässt. Auch würden in Ägypten Pflanzenschutzmittel verwendet, die in Europa niemals eine Zulassung bekommen würden.

Quelle: Harald Klemm
Ziel sei nicht, dass die ägyptische Wüstenkartoffel heimische Erdäpfel ersetze.

Am Beispiel Erdäpfel zeige sich, wie der Verlust der Produktion in Österreich auch die Verbraucher belaste, so Bernhuber weiter: „Früher war die Versorgung mit heimischen Erdäpfeln flächendeckend möglich, da wir die Kultur gegen Schädlinge wie den Drahtwurm schützen konnten. Durch das Verbot nützlicher Wirkstoffe erleben wir einen Produktionsrückgang und laufen Gefahr, dass heimische Kartoffeln aus den Supermarktregalen verschwinden und solche aus dem Ausland importiert werden müssen”, so Bernhuber.

Die Zeche zahlt der Konsument

Die Folge von Produktionsrückgängen sind Importe. Werden weniger Erdäpfel in Österreich geerntet, muss der Konsument etwa durch höhere Preise für eine geringere Qualität der Import-Erdäpfel die Zeche zahlen. “Um das zu verhindern, brauchen wir Anpassungsmaßnahmen im Green Deal und eine durchdachte Entscheidungspolitik – sonst schlittern wir in die Importfalle, aus der wir nur schwer wieder herauskommen“, so der Europaparlamentarier.

Beim Erdäpfel wurden wichtige Pflanzenschutzmittel einfach gestrichen, ohne Alternativen bereitzustellen: „Das Risiko ist für Landwirte nicht mehr tragbar, daher ist bereits jetzt die Versorgung mit Erdäpfeln nicht mehr gegeben“, erklärte Kamptner. Aber nicht nur für die landwirtschaftlichen Produzenten ist das ein Problem, sondern auch für die nachgelagerten Bereiche, befürchtet die IGE. „Die Verarbeitungsbetriebe, meist im ländlichen Raum beheimatet, bekommen zu wenig Rohstoffe von den Bauern geliefert. Als Folge müssen sie die Verarbeitungskapazität verringern, was wiederum Arbeitsplätze gefährdet.“

Arbeitsplätze in Pommeswerk in Gefahr

Im Pommeswerk Hollabrunn etwa seien 170 Mitarbeiter beschäftigt, die 120.000 Tonnen Erdäpfel von 160 Landwirten beziehen und verarbeiten. Eine Verringerung des Erdäpfel-Anbaus bedeute dann auch für diese Mitarbeiter Konsequenzen. „Das bedeutet einen Verlust von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung im ländlichen Raum“, so die Erdäpfel-Expertin. 

Der Wegfall wichtiger Pflanzenschutzmittel sorge zudem für mehr Lebensmittelverschwendung: „Aufgrund eines Drahtwurmbefalls wurden 2018 rund 112.500 Tonnen Erdäpfel ungenießbar, was ausgereicht hätte, um die gesamte Wiener Bevölkerung ein Jahr lang zu versorgen“, so Kamptner, die außerdem die Wichtigkeit von alternativen Wirkstoffen betont. „Wir brauchen Lösungen, um den Ressourceneinsatz zu optimieren, anstelle bloßer Verbote“, betont Kamptner.

Plank hat vor Produktionsrückgang gewarnt

„Wir haben schon im letzten Jahr eindringlich vor einem Produktionsrückgang gewarnt“, verdeutlicht Plank. Und die Auswirkungen seien bereits jetzt spürbar, wie aktuelle Zahlen zeigen: Bei der Zuckerrübenverarbeitung droht ein Verlust von rund 470 Arbeitsplätzen und einer Bruttowertschöpfung im dreistelligen Millionenbereich. Bei der Herstellung von steirischem Kürbiskernöl sind insgesamt 840 Personen in Ölmühlen und Trocknungsanlagen beschäftigt. Die Branche weißt einen Marktwert von 173 Millionen Euro auf, der sich hauptsächlich auf Kürbiskerne und Kürbiskernöl zurückführen lässt.

Quelle: Verein Wirtschaften am Land
Die Folgen weiterer Einschränkungen beim Pflanzenschutz in einer Tabelle des Vereins “Wirtschaften am Land” zusammengefasst.

Die Landwirtschaft werde besser, effizienter und ökologischer, aber es brauche seiner Meinung nach Zeit für Forschung und Entwicklung effizienter Anwendungen. “Wir fordern eine Politik des Ermöglichens, um blühende Landschaften, Artenschutz, heimische Lebensmittelproduktion und regionale Wertschöpfung nicht zu gefährden“, so Plank. 

- Bildquellen -

  • Josef Plank: Harald Klemm
  • Tabelle: Verein Wirtschaften am Land
  • Pressekonferenz in Wien: Harald Klemm
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AUTORMartina Kiefer
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