Entfremdung der Erst- und Jungwähler

Kommentar von Thomas Weber,
Herausgeber von Biorama und Buchautor.

Als ich 17 Jahre alt war – ja, das ist auch schon einige Zeit her – erschienen mir bereits Menschen Mitte 20 als uralt. Ob jemand 51 oder 64 Jahre alt war, machte für mich damals keinen Unterschied mehr: beides ururalt.

Als Vater von Teenagern beschäftigte mich bei der EU-Wahl auch, welcher der Spitzenkandidaten ihnen als geringstes Übel erschien. Die meisten davon zementierten allein schon ihres Alters wegen das fatale und völlig falsche Brüsselklischee von „weit weit weg von der eigenen Lebensrealität“ ein. Außer für die Neos, die mit 17 Prozent bei den Unter-29-Jährigen überdurchschnittlich viele Junge überzeugen konnten (in der Gesamtbevölkerung erreichten sie nur 10 %) und die KPÖ (10 % der U-29 votierten tiefrot, ingesamt nur 2,96 %), war das Ergebnis für alle Parteien ernüchternd. SPÖ und FPÖ (die insgesamt 23,3 bzw. 25,4 Prozent erreichten) kamen in dieser Altersgruppe je auf 20, die ÖVP auf 19 Prozent (insgesamt 24,5 %). Die Grünen, einst vorne in der Gunst der Jungwählerschaft, überzeugten gemessen an früheren Ergebnissen bescheidene 12 Prozent (gesamt 11 %). Woraus man lernen kann, dass es nicht reicht, einfach eine Spitzenkandidatin aufzustellen, die selbst noch sehr grün hinter den Ohren ist. Patentrezept gibt es also keines. 

Sich auf vermeintlich sichere ältere Stammwähler zu verlassen, ist indes nicht zukunftsweisend. Alle Parteien mit ernsthaftem Anspruch zu gestalten, sollten sich schleunigst um jene bemühen, die noch die meiste Zukunft vor sich haben. Und sich überdies der erschreckend hohen Zahl an Nichtwählern widmen. 

weber@biorama.eu

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  • Weber Thomas: Michael Mickl
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