BauernZeitung: In gut einem Monat geht die nächste Wintertagung über die Bühne. Dazu angesagt hat sich auch der neue EU-Agrarkommissar. Worüber werden Sie mit ihm diskutieren?
Pernkopf: Dass Christophe Hansen eine seiner ersten Auslandsreisen nach Österreich zur größten agrarpolitischen Tagung im Land führen wird, freut mich sehr. Ich hoffe, er wird im Gegensatz zu seinem Vorgänger ein sehr aktiver Kommissar sein. Er hat bereits drei Schwerpunkte seiner Arbeit genannt: den dringend nötigen Bürokratieabbau mit praxisnahen Entscheidungen, ganz auf unserer Linie die Förderung einer nachhaltigen produktiven Landwirtschaft und auch die Unterstützung junger Landwirte. Das sind endlich klare Ansagen aus Brüssel.
Der Krieg in der Ukraine, massive Konflikte im Nahen Osten: Die weltpolitische Lage hat sich dramatisch verändert. In den USA droht Donald Trump mit einem Handelskrieg gegen US-Nachbarstaaten, gegen China, womöglich auch gegen die EU. Das hat auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Gerät die Welt gerade aus den Fugen?
Leider wird die Verunsicherung immer größer. Wir brauchen weder Kriege noch Handelskriege, sondern Stabilität und Wachstum. Dabei bin ich zuversichtlich, dass das Wirtschaftswachstum schon 2025 zurückkommen wird. Prognostiziert wird ein Plus von knapp 0,8 Prozent, immerhin. Denn nur Wachstum bedeutet auch Wohlstand.
In Uruguay hat die EU-Kommissionspräsidentin mit ihrer Unterschrift das EU/Mercosur-Freihandelsabkommen auf Schiene gesetzt. Ist dieser Zug noch zu stoppen?
Die endgültige Entscheidung wird im Laufe des nächsten Jahres fallen, wie es aussieht nach dem Sommer. Für mich ist es nicht akzeptabel, dass in dieser Frage immer mit zweierlei Maß gemessen wird. Bei uns predigt man hohe Standards, das Klumpert kommt dann aber von irgendwo aus dem Ausland. Das darf nicht sein. Die EU läuft Gefahr, durch linke Ideologien kaputtgemacht zu werden. Jede Produktion bei uns ist sauberer und bringt bessere Qualität.
Pernkopf: “Bei uns predigt man hohe Standards, das Klumpert kommt dann von irgendwo.”
Schon bei der Wintertagung vor vier Jahren habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass der Green Deal ein großer Murks ist. Prognosen aus Amerika über einen Rückgang der Produktion haben sich bewahrheitet. Wir müssen daher mehr produzieren, mit allen notwendigen Mitteln.
Der Landwirtschaft wird vorgeworfen, „wegen ein paar Steaks“ alles zu boykottieren. Was halten Sie dem entgegen?
Wertvolle Lebensmittel sollten regional produziert, vermarktet und auch konsumiert werden. Oder ganz einfach gesagt: Steaks müssen nicht fliegen oder schwimmen.
In Wien verhandeln ÖVP, SPÖ und NEOS derzeit über eine neue Regierung. Gibt es aus Sicht der Landwirtschaft rote Linien?
Definitiv. Ich sage nur: Keine neuen Belastungen und Vorschriften für Eigentum, Grund und Boden. Sonst wird es vom Bauernbund keine Zustimmung geben. Der Bundeskanzler hat mehrfach zugesichert, dass diese roten Linien sicher nicht überschritten werden.
Wie lang dürfen die Verhandlungen noch dauern?
Ich hoffe, dass sie rasch zu einem Ende kommen.
Und wenn es doch keine Einigung gibt?
Ich bin kein Hellseher. Fest steht: Wir brauchen dringend eine handlungsfähige Regierung.
Sie haben wiederholt die überbordende Agrarbürokratie kritisiert. Was konkret gehört so rasch wie möglich abgeschafft?
Österreichs Bauern sind Musterschüler auf der ganzen Welt. Man kann mit gutem Grund davon ausgehen, dass sie generell alles richtig machen. Ich habe mit vielen bei Hofgesprächen und auf Bauernkonferenzen gesprochen. Sie fühlen sich bedroht, über ihnen schwebe stets ein Damoklesschwert – wegen möglicher Verfehlungen, die aber gar nie eintreten. Das gehört abgestellt. Jede Bäuerin, jeder Bauer wirtschaftet mit Hausverstand und Know-how. Das muss auch für die Verwaltung gelten. Als oberste Prinzipien braucht es daher die Kriterien Einfachheit, Klarheit und auch Treue und Glauben. Dass alles richtiggemacht wird, zeigen die Daten. Es gibt kaum Beanstandungen. Der neue Agrarkommissar gibt mir Hoffnung, dass er einiges umsetzen wird.
Von welchen politischen Entscheidungen der bisherigen Regierung haben die Bauern (besonders) profitiert?
Zwei Punkte von vielen, weil ganz neu: die erstmalige Inflationsanpassung der ÖPUL- und AZ-Prämien um 8 Prozent sowie die Aufstockung Invest. Das hilft wirklich vielen. Und das ebenfalls heuer beschlossene Agrardiesel-Paket. Es ist gerecht und zielt auf die Wettbewerbsfähigkeit ab.
Dennoch wächst allgemein die Unzufriedenheit, auch im Bauernstand. Was passiert da gerade?
Das Ganze läuft für mich unter „Vormarsch der schlechten Laune“ insgesamt. Schauen wir uns doch um: In Griechenland kann man das Wasser nicht aus der Leitung trinken; in Italien funktioniert keine Müllabfuhr und in England hat mir eine Frau erzählt, dass ihre dort lebende Tochter samt Familie wieder zurückkommen möchte, weil das britische Gesundheitssystem den Bach runtergeht. Ich habe selbst drei Kinder und ich möchte nirgendwo sonst auf der Welt leben. Österreich ist stark, friedlich und sicher. Gerade zu Weihnachten sollten wir uns auch darauf besinnen und das Gute sehen. Wir brauchen aber weiter Mut und mehr Zuversicht. Das wünsche ich uns allen für das Jahr 2025.
Pernkopf: “Ich habe selbst drei Kinder und ich möchte nirgendwo sonst auf der Welt leben.”
Zurück zur Wintertagung: Das Programm wurde gestrafft, es gibt weniger Fachtage als früher. Bleiben damit Information, aber auch Diskussion und Austausch auf der Strecke?
Wir setzen ganz bewusst neue Schwerpunkte. Nicht weiter wie bisher gilt auch hier. Durch die Straffung wird es wieder mehr Zeit für Diskussion und Austausch geben. Ich bin mir sicher, dass diese Tagung wieder für viel Gesprächsstoff sorgen wird.
- Bildquellen -
- Pernkopf: NLK Filtzwieser