„Das ist die Zukunft“, sind sich Betriebsführer Hannes Kaltenböck und sein Vater Erich einig. Die Rede ist von ihrem Tierwohlstall, den die Familie 2018 für die Mast von 300 Rindern mit viel Eigenleistung aufgebaut hat. Ein Jahr zuvor stand man im alten Stall und war sich sicher, investieren zu müssen. So wurde der bestehende Stall für die Kälberaufzucht umgebaut und ein neuer Tierwohlstall mit Strohhaltung errichtet. Die Entscheidung fiel der Familie leicht: Man wollte einen Schritt in die Zukunft machen und somit auf die Wünsche der Konsumenten eingehen, die genau das forderten.
Rückblickend betrachtet ist man mit dem Neubau zufrieden. Den Rindern, hauptsächlich Fleckvieh, geht es gut. Durch den vorhandenen Platz im Stall wird den Tieren die Möglichkeit geboten, ihre natürlichen Bewegungsabläufe auszuleben. Ihre sozialen Bedürfnisse werden dank der Gruppenhaltung sichergestellt. Dieses Wohlbefinden der Herde beugt möglichen gesundheitlichen Problemen vor, zum Beispiel an den Klauen, und erspart dem Betrieb den andernfalls möglichen Mehraufwand bei der Versorgung und Pflege kranker oder verletzter Tiere.
Der Tierwohlstall hat aber auch einen äußerst positiven Einfluss auf Familie Kaltenböck. „Wenn im Stall alles rund läuft und es den Tieren gut geht, dann macht auch die Arbeit viel mehr Spaß“, sagt Hannes Kaltenböck. Probleme mit den Rindern können allerdings immer wieder auftreten. Hier sieht der 26-Jährige eine große Herausforderung, auch einen größeren Tierbestand gesund und erfolgreich zu führen.
Mit langjähriger Erfahrung in einen vielseitigen Arbeitstag
Bei der Beobachtung der Gesundheit der Rinder kann Hannes auf die langjährige Erfahrung der Familie zurückgreifen. Seit fast 100 Jahren bewirtschaftet seine Familie den Betrieb. Heute sind das neben Hannes auch seine Eltern und Frau Sonja. Von Kindesbeinen an lernte der Jungbauer, worauf er bei der optischen Tierkontrolle zu achten hat: auf den Blick in die Augen, auf hängende Köpfe oder Ohren und Husten. Wird ein Tier auffällig, kontrolliert er auf Fieber. Bei Bedarf wird der Tierarzt herangezogen.
Neben den 300 Mastrindern produzieren die Kaltenböcks auch Mastschweine, Saat- und Stärkekartoffeln. Die Mais- und Grassilagen zur Fütterung der Rinder werden ebenfalls hauseigen hergestellt. In dieser Vielseitigkeit sieht Hannes Kaltenböck auch die Stärke seines Betriebes: „90 Prozent des Futters stammen aus eigener Produktion, der Rest, vor allem Eiweißfutter, wird zugekauft.“ Beim Einstallen der sechs bis acht Wochen alten Kälber kommt ein Milchaustauscher aus dem Tränkeautomat zum Einsatz.
Zum Verteilen des Futters hilft ein Roboter. Der wurde vor sechs Jahren im Zuge des Neubaus angeschafft. „Die Automaten und Roboter nehmen uns einen Teil der händischen Arbeit ab. Sie helfen uns, mit der Arbeitszeit flexibler zu werden“, erläutert Kaltenböck.
Sukzessive wird die Fütterung angepasst. Zur Milch kommt mit der Zeit eine Totalmischration (TMR), angepasst an die Kälber, hinzu. Abgestimmt auf die Pansenentwicklung wird die Milchmenge reduziert. Später bekommen die Rinder nur noch Grund-, Kraft- und Eiweißfutter. Für das optimale Verhältnis dieser Komponenten wird ein Fütterungsberater herangezogen. Das begünstigt die richtige Aufzucht der Tiere.
So werden aus den kleinen Kälbern binnen anderthalb Jahren jene Mastrinder, die schließlich geschlachtet und vermarktet werden. In einem zehnwöchigen Zyklus werden die Rinder abgenommen und neue, heimische Kälber über die Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf auf den Betrieb gebracht. Trotz aller Technik ist das Einstallen der Kälber aufgrund der intensiven Betreuung und Beobachtung sehr zeitaufwendig.
AMA-Gütesiegel kennzeichnet Qualität und Herkunft
Die Umstellung zu einem AMA-Gütesiegel-Betrieb erfolgte im Jahr 1996. Damals wurde die Milchviehhaltung aufgegeben. Von da an wollte man die volle Deklaration und Kennzeichnung der Qualitätsfleischproduktion aus Österreich. Das AMA-Gütesiegel dient somit einerseits als Kommunikationsmittel an die Konsumenten und bietet weiters eine gewisse Absatzsicherung durch die Abnahmegarantie der Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf.
In regelmäßigen Abständen kommt es zur AMA-Gütesiegel-Kontrolle. „Sie deuten manchmal auf Kleinigkeiten hin, bevor es zu einem größeren Problem werden können“, sagt Hannes Kaltenböck. Auf diese Weise unterstützt die externe Sicht durch die Kontrolle die Familie, sollte etwa durch eine gewisse Betriebsblindheit einmal etwas übersehen werden.
Vonseiten der AMA-Marketing damit „unter Druck gesetzt „fühlt sich die Familie jedoch nicht.„Man fühlt sich mehr unter Betreuung als unter Kontrolle“, meint Vater Erich.
Durch das AMA-Gütesiegel erhofft sich die Familie eine Besserstellung am Markt. Schließlich kennzeichnet das Siegel neben der Herkunft auch Qualität. Damit habe es die AMA-Marketing geschafft, dass viele Konsumenten gezielt zu heimischem Qualitätsrindfleisch greift. Gewisse Kriterien bezüglich der Reife des Fleisches, des Alters des Stieres und der Fettabdeckung müssen erfüllt werden. Das schafft in weiterer Folge Absatzsicherheit und ermöglicht die Partnerschaft mit dem Lebensmittelhandel.
“Wir sind stolzdarauf, unser Fleisch als Qualitätsprodukt kennzeichnen zu können.”
– Hannes Kaltenböck
Die Zusammenarbeit mit der AMA-Marketing können die Kaltenböcks jedenfalls weiter empfehlen. Das Gütesiegel stehe für Qualität und Herkunft. „Anfangs sind wir noch belächelt worden. Heute wollen viele ebenfalls die Kennzeichnung“, begründet Vater Erich rückblickend seine Entscheidung.
Mehr Transparenz der Lebensmittelherkunft gefordert
Die Kennzeichnung von Lebensmitteln ist für sie als Landwirte ein wichtiges Thema. Besonders im Hinblick auf das Freihandelsabkommen Mercosur fordern sie, dass die Konsumenten besser auf die Herkunft der Lebensmittel hingewiesen werden. Mit den Ländern in Südamerika könne man nicht mithalten. „Wir schrauben unsere Kriterien immer weiter in die Höhe, aber gekauft wird woanders“, kritisiert der Betriebsführer. Aber nicht nur im Supermarkt wünschen sich die Bauern mehr Transparenz, auch in der Gastronomie und Verarbeitung. „Mehr als die Hälfte des Rindfleisches wird außer Haus verzehrt. Wenn der Konsument aber nicht weiß, was er im Wirtshaus isst, kann er sich auch nicht für ein österreichisches Produkt entscheiden“, bemängelt Hannes Kaltenböck
Optimistisch in die Zukunft
Nachdenklich stimmt ihn auch der Klimawandel. Wetterkapriolen und Unwetter, welche die Ernte und somit das Viehfutter zerstören, sind auch für seinen Hof eine große Herausforderung. Den Kopf steckt man dennoch nicht in den Sand, sondern nutzt die neuen Möglichkeiten in form hitzetolerante Züchtungen.Das minimiert Gefahren im Anbau. „Der Maisanbau funktioniert jetzt besser.“
Vorerst soll der Betrieb in seiner jetzigen Form weitergeführt werden. Je nach Marktsituation werde man sich aber anpassen. „Stillstand ist Rückschritt. Es geht sicher“, gibt sich Hannes Kaltenböck betont optimistisch. In welche Richtung das sein wird, hält sich der Niederösterreicher aber bewusst offen.
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- Bildquellen -
- Einstreuroboter: BZ/Machtlinger
- Kalbfütterung: BZ/Machtlinger
- Stiere: BZ/Machtlinger
- Hannes und Sonja Kaltenböck: BZ/Machtlinger