Seit einigen Wochen herrscht Flaute am Mineraldüngermarkt. Trotz verhältnismäßig niedriger Preise sieht der Handel von Einlagerung ab.

Mit Oktober sind die globalen Preise für Mineraldünger gegenüber 2022 um ein Viertel gefallen. Zugleich haben sich die Preise für die für Produktion von Stickstoffdünger essenziellen fossilen Energieträger Erdöl und Erdgas um gut ein Fünftel verbilligt, teilt die Weltbank mit. In Österreich sind die Großhandelspreise für Erdgas laut Angaben der Österreichischen Energieagentur mittlerweile sogar um 80 Prozent niedriger als im Vorjahr.
Auch die Bauern als Abnehmer des Düngers bekamen das zuletzt zu spüren. Kostete eine Tonne Volldünger (15:15:15) im Herbst 2022 hierzulande noch 872,50 Euro (exkl. Steuer), waren im August des heurigen Jahres nur noch 493,20 Euro je Tonne fällig, teilte die Agrarmarkt Austria (AMA) im aktuellen Marktbericht mit. Noch extremer fiel der Rückgang bei Harnstoff (46 % N) aus. Wurde die Tonne zu Spitzenzeiten für 936,80 Euro gehandelt, so schlug sie im heurigen Sommer nur noch mit 529,60 Euro zu Buche.

LAT Nitrogen: „Unsere Düngeranlagen laufen auf Volllast und es ist unsere Ambition, das beizubehalten.“

Reduzierte Kapazitäten

Doch seitens der Landwirtschaft scheint trotz verhältnismäßig geringer Preise derzeit keine Nachfrage nach Düngemitteln zu herrschen. So berichtet etwa der norwegische Düngererzeuger Yara von einem massiven Ergebniseinbruch im dritten Quartal. Statt einem Überschuss von rund 382 Mio. Euro im Vorjahr blieben dem weltweit operierenden Unternehmen laut Agra-Europe nur 1,9 Mio. Euro übrig. Geschuldet sei das den sinkenden Düngerpreisen und stetig schrumpfenden Margen. Als Konsequenz legte Yara nun erste Produktionsstandorte vorübergehend still.

 

Anders bei Österreichs einzigem Stickstoffdüngerhersteller LAT Nitrogen, vormals Borealis: „Unsere Düngeranlagen laufen auf Volllast und es ist unsere Ambition, das beizubehalten.“ Da am Markt „bereits beträchtliche Mengen fehlen“, sehe man sich in dessen Zentrale in Linz „im Sinne der Versorgungssicherheit“ sogar dazu verpflichtet. Eine Drosselung der Produktion ganz ausschließen möchte eine Unternehmenssprecherin für die Zukunft aber dennoch nicht.

Börsenkurs am Weg nach unten

Besonders beim Harnstoff scheint es derzeit jedenfalls keine Nachfrage zu geben. Von den Terminmärkten werden für Dezember weiter fallende Preise von 340 bis 300 US-Dollar (umgerechnet 309 bis 273 Euro) je Tonne gemeldet. Agrarheute.com zufolge gehen Analysten jedenfalls von einem weiteren Sinkflug aus.

Absatz rückläufig

Unterdessen entwickelt sich auch in Österreich der Düngermarkt konform dem EU-Trend. Hierzulande ist der Reinnährstoffabsatz der AMA zufolge bereits seit 2020 rückläufig. Wurden vor gut neun Jahren noch rund 573.000 Tonnen Düngemittel abgesetzt (davon allein 291.000 Tonnen Kalkammonsalpeter, KAS), waren es im Wirtschaftsjahr 2022/23 lediglich 366.800 Tonnen. Schon im Jahr zuvor war die verkaufte Menge um rund 94.000 Tonnen eingebrochen. Gefragt nach jüngsten Entwicklungen am Markt berichtet auch Andreas Hochgerner, Abteilungsleiter für Düngemittel in der Raiffeisen Ware Austria (RWA), von „nachlassender Kaufbereitschaft“ in der Landwirtschaft. Und das, „obwohl bei den Phosphor-, Kaliund NPK-Düngemitteln die Preise deutlich reduziert wurden“. Einzig Kalkammonsalpeter sei im Sommer verstärkt nachgefragt worden, aber auch dieser Trend sei nach kurzfristig steigenden Preisen wieder abgeflaut, so der Marktexperte.

Preise wie vor 2 Jahren

Was das heimische Preisniveau dieser Tage betrifft, so wird in der RWA ein Niveau wie im Herbst 2021 genannt. Hochgerner liefert zugleich auch eine mögliche Begründung für die verhaltene Kaufbereitschaft. Denn auch „damals waren die Gaspreise bereits deutlich gestiegen, obgleich die Preiseskalation, die durch den Krieg in der Ukraine ausgelöst wurde, noch in weiter Ferne lag“. Für den heimischen Markt seien die Düngerpreise für alle Sorten jedenfalls „fest“, einzig der Harnstoff „schwächelt“ aus den zuvor genannten Gründen.

50 Prozent des Bedarfs lagernd

Bleibt die Frage, ob sich die Spirale aus sinkendem Gaspreis, schwächelnder Nachfrage und damit fallenden Preisen nun bis ins Unendliche weiterdreht? „Nein“, meint Andreas Hochgerner. Der Gaspreis habe sich auf einem Niveau um die 50 Euro je Tonne eingependelt und sorge demnach für stabile Preise im Stickstoffsegment. Dem tue auch ein zuletzt geringfügig gestiegener Gaspreisindex keinen Abbruch. „Die KAS-Preise werden in den nächsten Wochen keine großen Sprünge machen, weder nach oben noch nach unten“, ist Hochgerner überzeugt. Lediglich fallende Harnstoffpreise könnten diese „etwas unter Druck bringen“.

Hochgerner: „Die KAS-Preise werden keine großen Sprünge machen, weder nach oben noch nach unten.“

Anderer Meinung ist man hier bei LAT Nitrogen: „Das Potenzial für steigende Preise ist im Winter höher als für fallende. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass auch die Düngerpreise wieder steigen sollten“, mutmaßt man in der Linzer Konzernzentrale. Trotz der europaweit gesenkten Produktionskapazitäten bestehe hierzulande im Wesentlichen auch keine Gefahr für die Versorgungssicherheit 2024. „Bei Stickstoff haben wir in Österreich einen geschätzten Deckungsgrad von rund 50 Prozent des erwarteten Bedarfs“, beruhigt Hochgerner, „die erste Gabe ist mehr oder weniger bereits auf Lager“. Bei anderen Nährstoffen seien die Bauern allerdings dazu aufgerufen, ihren Bedarf rechtzeitig anzumelden „Der Handel ist nicht bereit, große Mengen auf Lager zu nehmen“, heißt es aus der RWA-Zentrale. Den Landwirten legen die Marktexperten daher auch heuer nahe, ihren Düngereinkauf zu splitten.

- Bildquellen -

  • Mineraldüngerlager: S. LEITENBERGER - STOCK.ADOBE.COM
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AUTORClemens Wieltsch
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