Kommenden Montag, 8. Februar, startet die Wintertagung des Ökosozialen Forums, Österreichs wichtigste Agrarveranstaltung. Die BauernZeitung sprach vorab mit dem Präsidenten des Ökosozialen Forums, NÖ Agrarlandesrat Stephan Pernkopf, über das Veranstaltungsmotto und aktuelle agrarpolitische Vorhaben.
‚Billig gibt’s nicht, irgendwer zahlt immer drauf‘ lautet das Motto der diesjährigen Wintertagung. Warum wurde dieses Motto gewählt?
PERNKOPF: Dieses Motto wurde gewählt, weil die Landwirte derzeit ziemlich draufzahlen. Das sehen wir an den Erzeugerpreisen. Doch auch der Konsument zahlt drauf. Und vor allem sollten die Gegner der Landwirtschaft erkennen, dass jeder Prozentpunkt, der an Selbstversorgungsgrad verschwindet, bedeutet, dass schlechtere Qualität, schlechtere Sozialstandards, Tierleid und schlechtere Tierschutzstandards importiert werden. Es darf nicht so weit kommen wie beim Putenfleisch. 1995 betrug der Selbstversorgungsgrad beim Putenfleisch in Österreich noch 60 Prozent. Heute liegt dieser nur noch bei 35 Prozent.
Die österreichische Landwirtschaft ist zudem im europäischen und im weltweiten Vergleich extrem kleinstrukturiert. Der Prozentsatz an groöen Betrieben ist bei uns sehr niedrig. Ich möchte ein Beispiel nennen, das der Bauernverband Schleswig-Holstein geliefert hat: Ein motivierter, 38 Jahre alter Aktivist einer NGO, der gegen die Landwirtschaft arbeitet und Verletzungen der Tierschutzstandards anprangert, verdient 36.000 Euro im Jahr. Er müsste 3600 Schweine mästen, um auf dieses Gehalt pro Jahr zu kommen. Zum Vergleich: Ein Durchschnittsmastbetrieb in Österreich hält 86 Schweine. Das möchte ich den Landwirtschaftsgegnern ins Stammbuch schreiben. Probleme bereiten aber auch die Schleuderpreise im Handel. Diese müssen abgestellt werden, denn aus meiner Sicht ist das eine verantwortungslose Politik, auch den Konsumenten gegenüber.
Die hohe Konzentration im Lebensmittelhandel wird von der Agrarpolitik immer wieder beklagt. Hat nicht die Politik diese Konzentration erst ermöglicht?
PERNKOPF: Die Konsumenten entscheiden über das Angebot und wofür sie bereit sind, Geld zu bezahlen. Hier gibt es durchaus positive Beispiele wie etwa die Heumlich. Bei dieser ist der Konsument bereit, einen höheren Preis zu bezahlen, der auch beim Erzeuger ankommt. Wir müssen allgemein die Qualität im Preis sichtbar machen. Auöerdem müssen wir die Konsumenten direkt ansprechen, denn so ist es auch möglich, mit der richtigen Kommunikation höhere Preise zu erzielen. Das ist Aufgabe der Politik, der Bauern, aber auch der Interessenvertretung.
Sie haben den WTO-Vizegeneraldirektor zur Wintertagung eingeladen. Die WTO-Verhandlungen für ein Welthandelsabkommen stehen praktisch still, stattdessen liegt der Fokus auf bilateralen Handelsabkommen. Ist das eine Entwicklung, die der Landwirtschaft schadet oder nützt?
PERNKOPF: Ich halte bilaterale Abkommen für einen schweren Fehler, weil in diesen nie dasselbe beschlossen werden kann wie in einem Welthandelsabkommen. Es geht um gleiche Sozial-, Umwelt- und Tierwohlstandards für alle. Und daher wäre ein Welthandelsabkommen die bessere Alternative.
Die Vorbehalte der Landwirtschaft gegen bilaterale Handelsabkommen sind ziemlich groö – Dauerbrenner TTIP. Auf der anderen Seite ist Österreichs Land- und Lebensmittelwirtschaft auf Exporte angewiesen. Wie lässt sich dieser Widerspruch auflösen?
PERNKOPF: Man muss in aller Deutlichkeit sagen, dass Österreich ein sehr erfolgreiches Exportland ist. Im Lebensmittelbereich zeigt sich zudem, dass unsere Konsumenten sehr patriotisch kaufen. Ich glaube, man muss Chancen von Handelsabkommen nützen, aber gleichzeitig auch klarmachen, wo die Grenzen sind. Wir haben in gewissen Bereichen ein Alleinstellungsmerkmal – Stichwort Gentechnikfreiheit oder Regionalität. Das muss glaubhaft gelebt werden, und das geht nicht zum Billigstpreis.
Der WTO-Vertreter wird bei der Wintertagung internationale Agrarstrategien vergleichen. Welchen Nutzen können die heimischen Bauern aus solchen Vergleichen ziehen?
PERNKOPF: Ganz kurz gesagt: Hier geht es um strategische Ansätze. Wir müssen überlegen, wo wir uns spezialisieren und wo wir einen Mehrwert verkaufen können. Was bei der Heumilch gelungen ist, muss auch in anderen Bereichen gelingen.
Sie haben im Vorfeld der Wintertagung Nachhaltigkeit auf jedem Hektar als Alleinstellungsmerkmal der österreichischen Landwirtschaft genannt. Reicht das aus, um national und international erfolgreich zu sein?
PERNKOPF: Das ist die Grundlage, um erfolgreich zu sein. Wir brauchen dazu noch die notwendige Kommunikation, um den Konsumenten auch wirklich den Mehrwert unserer Produkte schmackhaft zu machen – nicht nur kulinarisch. Allerdings müssen wir diesen Kommunikationsweg noch finden. Deshalb haben wir den Kommunikationstag im Rahmen der Wintertagung ins Leben gerufen, wo wir uns von Profis erklären lassen, wie wir das erreichen können.
Welche Neuerungen gibt es heuer bei der Wintertagung?
PERNKOPF: Wir haben heuer erstmals den Weinwirtschaftstag im Programm. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Kampagne des Landwirtschaftsministers ‚Best of Austria‘ sein, die ich für einen sehr guten Zugang halte.