Der Pollenflug startete heuer rund einen Monat früher als im langjährigen Schnitt. Die dahinter liegenden Dynamiken und neue Entwicklungen bei der Pollen-Ap standen  bei der Pressekonferenz des Österreichischen Pollenwarndienstes der MedUni Wien und der Informationsplattform IGAV (Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung) im Mittelpunkt. 

Die Klimaerwärmung macht Pollenallergikern zunehmend zu schaffen. „Der letzte Winter reiht sich in die deutlich zu milden der letzten Jahrzehnte ein“, sagt Harald Seidl von GeoSphere Austria (ehem. ZAMG). „Im Tiefland wurde dieser Winter als der sechstwärmste der 256-jährigen Messgeschichte verzeichnet.“ Und das hatte Einfluss auf die Blüte von Pflanzen. Das warme Wetter war ideal für Pflanzen, besonders früh ihre Pollen an den Wind abzugeben. „Bereits im Jänner, also rund ein Monat eher als im langjährigen Mittel, begannen heuer im Osten Hasel und Erle mit ihrer Blüte“, so Uwe E. Berger, Leiter des Österreichischen Pollenwarndienstes der MedUni Wien. Das hatte viele Allergiker unvorbereitet getroffen. „Aber nicht nur das frühe Auftreten der ersten Symptome war bemerkenswert, auch deren Intensität. Allergiker reagierten überdurchschnittlich stark auf geringe Mengen Pollen in der Luft“, weiß Berger.

Birke und Esche haben sich hingegen heuer mehr Zeit gelassen. Das kühle und wechselhafte Wetter der letzten Wochen soll die Pflanzen verwirrt und den Start der Saison verzögert haben. Die Birke braucht konstant über 10 Grad, um zu blühen. Berger: „Diese Bedingung ist nun erreicht, damit ist der beliebte Alleebaum – wie auch die Esche – österreichweit blühbereit. Ob trotz der geringeren Pollenbelastung auch die Symptomstärke geringer ausfällt, kann aber zum heutigen Zeitpunkt noch nicht vorausgesagt werden.“

Stress für Natur und Mensch

Fest steht hingegen, dass zahlreiche Allergene „vermehrt produziert werden, wenn die Pflanzen unter Stress stehen“, betonte Barbara Bohle, Leiterin des Instituts für Pathophysiologie und Allergieforschung der Medizinischen Universität Wien. „Das ist etwa bei Hitze, Trockenheit, Nahrungskonkurrenz sowie bei erhöhter Belastung durch Umweltschadstoffe wie Ozon, Schwefel- und Stickoxide der Fall.“ So haben mehrere Studien gezeigt, dass gestresste Birken höhere Mengen ihres Hauptallergens Bet v 1 produzieren und dass Birkenpollen von Bäumen, die höheren Stickoxid- und Ozonkonzentrationen ausgesetzt waren, stärkere allergische Symptome bei Allergikern auslösen. „Ein zusätzlicher Faktor ist, dass Luftschadstoffe auch einen direkten schädlichen Einfluss auf die Atemwege von Allergikern haben und somit zur Verstärkung der allergischen Symptome beitragen“, ergänzt Barbara Bohle.

Gewitter kann Asthma-Anfall auslösen

Bei Menschen mit Pollenallergie und Asthma ist der Einfluss des Wetters in vielerlei Hinsicht ein Thema. Vor allem sehr hohe Temperaturen können für sie zum Problem werden. In Zeiten anhaltender Hitze ist – vor allem in Großstädten – die Atemluft durch Ozon und Feinstaub belastet, was Asthma-Anfälle auslösen kann. Fehlt dazu die Nachtabkühlung, verschlechtert sich die Schlafqualität, der Organismus kann sich nicht ausreichend erholen und wird vulnerabler gegenüber Pollen. Geht schließlich ein – vermeintlich erlösendes – Sommergewitter nieder, quellen Pollen auf und platzen, wobei eine große Menge Allergene freigesetzt werden, die wiederum ein hohes Risiko für Asthma-Attacken bedeuten. „Das Wissen um und die Vermeidung von Risikofaktoren sowie die Einhaltung der Allergie- und Asthmabehandlung ist für die Prävention von gewitterbedingtem Asthma daher entscheidend“, appellierte Lungenfacharzt Felix Wantke, Leiter des Floridsdorfer Allergiezentrums in Wien (FAZ).

Bei einem Gewitter kommt laut Experten also alles zusammen, was einem Pollenallergiker, der mitunter auch schon an Asthma leidet, nicht guttue: plötzlicher Temperaturabfall, hohe Luftfeuchtigkeit, ein sprunghafter Anstieg der Pollenkonzentration und der Ozonbelastung. Noch sei das sogenannte „Gewitter-Asthma“ (Thunderstorm-Asthma) selten. Aufgrund des Klimawandels sollen zukünftige Ereignisse wahrscheinlich häufiger und unvorhersehbarer werden. Der Grund: „Je wärmer die Luft, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen und in große Höhen transportier werden. Im Zusammenspiel der Wolkentröpfchen mit unterschiedlichen Aggregatszuständen wie Graupel bzw. Hagel entsteht Luftelektrizität, die sich in Form von Blitzen entlädt. Die einfache Formel: Je mehr Wärme, umso heftiger können die Gewitter werden“, erklärte Wetterexperte Seidl.

Neu in der Pollen-App: „Asthmawetter“ & „Gewitterwarnung“

Basierend auf dem Wissen, dass Gewitter asthmatische Beschwerden auslösen und drastisch verschlimmern können, wurde die Pollen-App des Österreichischen Pollenwarndienstes anlässlich des 10-jährigen Jubiläums weiterentwickelt und um neue Services ergänzt. „Beim ‚Asthmawetter‘, das in Kooperation mit www.menschenswetter.at entwickelt wurde, bekommen die Nutzer in fünf Abstufungen Auskunft, ob die Wetterlage des Tages zu vermehrten oder verminderten Asthmasymptomen führen kann“, so Markus Berger, ärztlicher Mitarbeiter des Österreichischen Pollenwarndienstes. „Die ‚Gewitterwarnung‘ zeigt an, wann im Umkreis Unwetter zu erwarten sind und ob die Ozonwerte steigen werden. Dazu gibt es die Empfehlung im Innenraum zu bleiben und rechtzeitig Medikamente zu besorgen.“

Die App steht für iOS und Android zum kostenlosen Download auf www.pollenwarndienst.at sowie den App-Stores zur Verfügung und soll auch über die österreichischen Landesgrenzen hinaus funktionieren.

Linktipps:
www.pollenwarndienst.at – Individuelle Pollenbelastung, Download Pollen-App, Online-Selbsttest etc.
www.pollenallergie.at –Service für Ärzte
www.allergenvermeidung.org

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AUTORRed. MS
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