Die Analyse und genaue Kenntnis der vorhandenen Mengen von Weininhaltsstoffen sind essenzielle Bestandteile der modernen Weinbereitung, um eine sichere und nachhaltige Produktion „ohne unliebsame Überraschungen“ garantieren zu können. Was sind nun die wichtigsten Weinparameter, wie können diese bestimmt werden, und für wen sind die einzelnen Inhaltsstoffe wichtig? Für Konsumenten können ganz andere Inhaltsstoffe wichtig sein (z. B. Allergene, Histamingehalt, …) als für Winzer. Die Weinkontrolle wiederum könnte unerlaubte Zusätze (z. B. Wasserzusatz) interessieren. Dieser Artikel beschäftigt sich mit Inhaltsstoffen, die für den Winzer wesentlich sind.
Worauf es dem Produzenten ankommt
Für den Winzer geht es um:
qualitätsbestimmende Bestandteile, wie etwa Alkohol, Gesamtsäure und Zucker, die unmittelbar wahrgenommen werden;
Inhaltsstoffe, die für die Stabilität des Weines wichtig sein können, wie z. B. Äpfelsäure und Weinsäure – Stichwort: Weinsteinausfall, biologischer Säureabbau;
Inhaltsstoffe, die allein schon aus weinrechtlichen Gründen sehr exakt zu bestimmen und zu wissen sind, wie z. B. der Gehalt an freiem und gesamtem SO2.
Weiters interessant sind Dichte, pH-Wert, Milchsäure, Zitronensäure, hefeverfügbarer Stickstoff und thermolabiles Eiweiß. In Einzelfällen interessant sind: Glycerin, Natrium, Calcium, Eisen, Silber, Kupfer, Farbstoffe, Gerbstoffe, Rückstandsanalytik (z.B. Pflanzenschutzmittel, Allergene), …
Direkte Bestimmungsmethoden
Man kann die Bestimmungsmethoden zuerst einmal grob in direkte und indirekte einteilen. Letztere werden etwas später behandelt.
Direkte Bestimmungsmethoden haben den Vorteil, dass sie den gesuchten Parameter direkt bestimmen und Störungen durch andere Inhaltsstoffe in der Regel gering sind. Dabei handelt es sich meist um Reaktionen, die den Zusatz von „Chemikalien“ und eine chemische Reaktion erfordern, oder es sind physikalische Verfahren, wie etwa Destillation, Dichtemessung, Chromatographie, Wiegung und „elektrische Messungen“, oder auch Kombinationen daraus.
Diese Methoden sind zum Teil schon sehr lange bekannt und den Winzern vielfach auch vertraut.
Sofern die Analysen überhaupt noch selbst durchgeführt werden, werden wichtige Inhaltsstoffe, wie Alkohol und Zucker, vom Winzer heute meist noch mit „klassischen“ sogenannten nass-chemischen Methoden bestimmt. Die Durchführung dieser Analysen ist zeitaufwendig, und es werden mehrere Chemikalien benötigt. Das Bereithalten dieser Chemikalien ist oft lästig. Für korrekte Ergebnisse sollten sie „halbwegs“ frisch sein. Teilweise sind die Chemikalien selbst bzw. die Analysenabfälle hochgiftig und gesundheitsschädlich, was die Anwendung und Entsorgung nicht gerade unproblematisch macht. Eine Bestimmung von wichtigen Inhaltsstoffen, wie Äpfelsäure, ist mit diesen „klassischen“ Methoden meist überhaupt nicht möglich.
Konkret sind bei den Winzern die Analysen nach „Dr. Rebelein“ bekannt und noch teilweise verbreitet. Der Vorteil dieser Analysenmethoden sind die relativ geringen Anschaffungskosten von etwa 500 bis 1500 Euro (je nachdem, wie viele verschiedene Parameter man bestimmen will). Mit etwas Übung sind damit sehr genaue Ergebnisse erzielbar. Nachteilig bei dieser Methode ist, dass für genaue Werte eine gewisse Erfahrung und Routine nötig sind. Andererseits sind die verwendeten Chemikalien bei der Verwendung und auch Entsorgung nicht unproblematisch. Bestimmt werden damit der Alkohol-, Zucker- und SO2-Gehalt.
FTIR-Technologie für fast alle Inhaltsstoffe
Aktuell geht der Trend bei der Weinanalytik in zwei andere Richtungen: Die beiden neuen Technologien sind die FTIR (Fourier-Transformations-Infrarotspektrometer)-Technologie und enzymatische Bestimmungsmethoden.
Analysen mittels FTIR-Technologie (und der nahe verwandten NIR-Technologie) wenden eine indirekte Bestimmung der Inhaltsstoffe an. Die wesentlichen Vor- und Nachteile der FTIR sind im Infokasten auf Seite II zusammengefasst.
Das Funktionsprinzip der Technologie lässt sich stark vereinfacht wie folgt beschreiben: Das Gerät schickt bei der Messung einen Lichtstrahl durch die Weinprobe. Abhängig vom Wein erzeugt das Licht nach dem Durchtritt durch den Wein ein für diesen charakteristisches „Bild“. Dieses Bild wird mit anderen Bildern verglichen, die auf einem Computer gespeichert sind. Von den gespeicherten Bildern ist die Zusammensetzung des zugehörigen Weines bekannt. Die genaue Zusammensetzung wurde zuvor mit „klassischen“ Analysenmethoden möglichst genau bestimmt. Wenn das neu aufgenommene Bild mit einem gespeicherten Bild übereinstimmt, stimmt auch die Zusammensetzung der Weine überein. Wenn kein passendes Bild gefunden wird, wird ein möglichst ähnliches Bild verwendet. Und genau hier liegt die Problematik an diesem System. Es müssen zuerst sehr viele Bilder von möglichst unterschiedlichen Weinen aufgenommen und gespeichert werden. Umso mehr Bilder vorhanden sind, umso größer ist die Chance, ein gut passendes Bild zu finden, und umso besser sind die Analysenergebnisse. Ein „extremer“ oder „ungewöhnlicher“ Wein führt daher unter Umständen zu einem mangelhaften oder auch völlig falschen Ergebnis, da von diesem Wein kein entsprechendes Bild gespeichert ist. „Ungewöhnliche“ Weine können zum Beispiel seltene oder neue Sorten darstellen. Auch „Zusatzstoffe“ zum Wein, also Stoffe, die nicht (oder nur in geringen Mengen) von Natur aus im Wein vorhanden sind, können Probleme bereiten.
Die Analyse funktioniert in der Regel auch umso besser und genauer, je mehr von der zu suchenden Substanz im Wein vorhanden ist. Grob kann man sagen, dass Mengen eines gesuchten Inhaltsstoffes von weniger als 0,5 Gramm pro Liter nur mehr sehr schwer analysierbar sind.
Prinzipiell ist die Analyse aller organischen Substanzen, die in einer gewissen Menge vorkommen, möglich. Zusätzlich können mit dieser Methode der pH-Wert sowie die Dichte bestimmt werden. Spurenelemente, aber auch SO2, sind mit dieser Technologie im Wein nicht analysierbar.
Im Wein (bzw. Most) können mit dieser Methode z. B. folgende Parameter analysiert werden: Alkohol, relative Dichte, Gesamt-Zucker, Fruktose, Glucose, Saccharose, Glycerin, Gesamt-Säure, pH-Wert, Äpfelsäure, Weinsäure, Milchsäure, Zitronensäure, flüchtige Säuren und (im Most) zusätzlich Saccharose, Ausgangsmostgewicht (°KMW) sowie hefeverfügbarer Stickstoff.
Optional bieten einige Anbieter auch sogenannte Autosampler für die vollautomatische Analyse an. Damit muss man dann die Proben nur noch in den Autosampler stellen, und das Gerät misst dann vollautomatisch eine größere Anzahl vorbereiteter Proben.
Zusätzlich zur Analyse von Flüssigkeiten gibt es (abhängig von der Bauweise des Gerätes) auch die Möglichkeit, Feststoffe zu analysieren. Somit kann beispielsweise eine Trübung, die im Wein vorhanden ist, damit untersucht werden. Die Analyse von Reinsubstanzen wie Weinstein, Bentonit, aber auch Bakterien und Hefen funktionierte im Rahmen von Untersuchungen an der HBLA u. BA Klosterneuburg sehr gut. Außerdem war es sehr einfach möglich, neue und für das Gerät unbekannte Stoffe in die Datenbank hinzuzufügen. Die Analyse von Mischtrub (z. B. im Rotwein oft vorkommender Gerbstoff plus Farbstoff plus Eiweiß-Trub) dürfte allerdings nicht so einfach möglich sein.
Enzymatische Bestimmung
Die enzymatische Bestimmung von Weininhaltsstoffen ist eine hochselektive und prinzipiell sehr genaue Analysenmethode. Hier nützt man enzymatische Reaktionen, die zu einer „Leuchterscheinung“ führen, welche dann mittels spezieller Messgeräte (Photometer) gemessen werden. Aus der Leuchtintensität kann dann auf die Menge des gesuchten Inhaltsstoffes geschlossen werden. Im Wein wird diese Methode hauptsächlich zur Bestimmung von verschiedenen Säuren sowie zur Bestimmung von Fruktose, Glukose und Saccharose eingesetzt.
Die Geräte wurden in den letzten Jahren immer weiter in Richtung einfache Anwendung und genaue Werte weiterentwickelt. Aktuelle Geräte sind ab etwa 2000 Euro zu bekommen. Für korrekte Ergebnisse ist die Qualität der verwendeten Reagenzien (Enzym-Kits) entscheidend. Diese müssen fachgerecht gelagert werden und haben nur eine begrenzte Haltbarkeit. Die Kosten einer einzelnen Analyse liegen in der Größenordnung von etwa fünf Euro.
Die erzielbaren Genauigkeiten sind sehr gut, und die Analysen sind hochspezifisch. Das bedeutet aber auch, dass mit einer Analyse oft nur „eine von mehreren Formen“ des gesuchten Inhaltsstoffes bestimmt werden kann. Beispielsweise gibt es von der Milchsäure eine L- und eine D-Form. Prinzipiell analysiert man in einem Arbeitsschritt immer nur den Gehalt einer der beiden Formen. Für den gesamten Milchsäuregehalt muss man aber beide Formen in zwei Schritten bestimmen oder (sofern verfügbar) ein Kit mit zwei Enzymen verwenden.
Auch der Zucker im Wein besteht hauptsächlich aus zwei verschiedenen Zuckern, nämlich der Glukose und der Fruktose. Oftmals ist es wichtig, den Gehalt beider Zucker zu wissen. Es gibt keine direkte Bestimmungsmöglichkeit für Fruktose. Daher bestimmt man entweder nur Glukose, oder man setzt ein zusätzliches Enzym ein, welches Fruktose in Glukose umwandelt, um dann den Gesamtgehalt beider Zucker zu ermitteln. Nach Durchführung beider Messungen kann der Gehalt des zweiten Zuckers errechnet werden.
Eigenes Analysegerät
Zahlt sich jetzt die Anschaffung eines teuren Analysegeräts für einen kleinen oder mittelgroßen Betrieb überhaupt aus?
Wenn man dazu nur die reinen Analysenkosten, die man an ein Fachlabor bezahlen muss, mit den Anschaffungskosten und eigenen Kosten vergleicht, in der Regel nicht. Außerdem ist die erzielbare Genauigkeit manchmal nicht ganz ausreichend, wodurch man einige Analysen erst wieder durch ein Fachlabor durchführen lassen muss.
Neben den unmittelbaren Kosten für eine Analyse sind aber noch andere „Kosten“ zu betrachten. Die Kosten der Qualitätseinbußen durch (zu) späte Analysenergebnisse bzw. der Gewinn durch Informationsvorsprung sind nur schwer zu beziffern. Eine permanente Überwachung der Gärung und des Säureabbaus (auch am Sonntag) stellt beispielsweise einen großen Informationsvorsprung dar. Damit kann eine Gärstockung oder ein langsamer Säureabbau rechtzeitig erkannt und verhindert werden.
Und selbst so vergleichsweise einfache Aufgaben wie die Bestimmung des Endes der Gärung führen ohne entsprechende Analysegeräte immer wieder zu massiven Problemen bzw. Folgeproblemen. Als schlechtes(tes) Analyseinstrument stellt sich bei solchen Fragestellungen immer wieder das Verkosten heraus. In säurereichen Jahren erscheinen Weine mit noch beträchtlichen Zuckermengen als trocken. Dies kann dazu führen, dass solche Weine vorschnell geschwefelt werden und danach nicht mehr fertig vergoren werden können.
Lesen Sie noch heuer in der BauernZeitung, wie wichtige Inhaltsstoffe auf einfache und günstige Art vom Winzer selbst bestimmt werden können.
Dipl. Ing. Harald Scheiblhofer, HBLA und BA klosterneuburg
FTIR-Technolgie: Was sie wirklich bringt
Die großen Vorteile dieser Technologie sind:
• Man kann damit so gut wie alle für den Winzer relevanten Inhaltsstoffe (außer SO2) mit einer einzigen Analyse bestimmen.
• Die Analyse dauert je nach System zwischen 30 Sekunden und drei Minuten.
• Die benötigten Probemengen liegen je nach Gerät bei einem bis 50 Milliliter (0,001 bis 0,05 Liter).
• Die Analyse und der Betrieb des Gerätes kommen komplett ohne Chemikalien aus.
• Die Probenvorbereitung ist sehr einfach und rasch durchzuführen, da eine relativ grobe Filtration bereits ausreicht.
• Es sind keine Chemiekenntnisse und so gut wie keine anderen Vorkenntnisse nötig.
Natürlich hat diese Technologie auch Nachteile:
• Das Hauptproblem liegt sicher bei den Anschaffungskosten. Sollen alle Weininhaltsstoffe bestimmt werden können, und dies sowohl bei Most, Most in Gärung als auch Wein, so muss man mit Kosten von mindestens 30.000 Euro rechnen.
• Das Gerät muss den Wein oder einen ähnlichen Wein „kennen“, um richtige Ergebnisse zu liefern (ausreichende Bilddatenbank nötig).
- Bildquellen -
- IMG 5205 1: Scheiblhofer
- Enzymautomat (2) 1: Scheiblhofer
- Alpha FTIR (2): Scheiblhofer