Der Status der Wolfes in der Europäischen Union

Eine länderübergreifende Studie im Auftrag der Europäischen Kommission unterzieht die Rückkehr des Großraubtieres Wolf einer gesamteuropäischen Betrachtung.

Die Konflikte, die sich im Zusammenhang mit Wölfen ergeben, müssen ganzheitlich betrachtet werden.

Im 18. und 19. Jahrhundert waren Wölfe in Europa nahezu ausgerottet. Während der 1970er-Jahre konnte sich der Bestand wieder erholen, und das Großraubtier ist heute in den meisten Mitgliedsstaaten der EU präsent. Mit der Rückkehr des Wolfes gehen erhebliche Konflikte bei der Haltung von Nutzvieh einher. Eine Studie im Auftrag der Europäischen Kommission nahm eine gründliche Analyse der verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten über Wölfe in der Europäischen Union vor. 

Wolfsmonitoring und Erhaltungszustand

2023 wurden in den 24 kontinentalen Ländern der EU, das heißt in allen außer Irland, Zypern und Malta, Wölfe gefunden. In all diesen Ländern, mit Ausnahme von Luxemburg, wurden im Jahr 2023 reproduzierende Rudel nachgewiesen. Anhand der vorliegenden Informationen wurden in der gesamten EU etwa 20.300 Wölfe geschätzt. 

Ein hochwertiges Wolfsmonitoring sorgt für offene und effiziente Verbreitung der Ergebnisse. Erhebliche wirtschaftliche und wissenschaftliche Ressourcen werden dafür etwa von Schweden, Frankreich und Deutschland aufgewendet. Die Länder mit den meisten Wölfen in der EU sind Italien (3.307), Rumänien (2.500-3.000), Spanien (>2.100), Polen (1.886), Deutschland (1.400) und Griechenland (1.020). Das Land, in dem Wölfe am stärksten zugenommen haben, ist Deutschland, wo von 2000 (ein Rudel) bis 2015 (47 Rudel) ein jährlicher Zuwachs von etwa 36 Prozent zu verzeichnen war. Allerdings hat sich das Wachstum stetig auf 14 Prozent für den Zeitraum 2018 bis 2020 verlangsamt. Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 184 Rudel nachgewiesen. Grundsätzlich ist das Großraubtier also in allen Regionen der EU verbreitet, allerdings ist ein günstiger Erhaltungszustand nur in der Alpenregion gegeben.

Angriffe auf Nutzvieh

EU-weit betrachtet, sind die Auswirkungen von Wölfen auf den Viehbestand gering. Wenn man bedenkt, dass es in der EU 60 Millionen Schafe gibt (Stand 2022), entspricht die Anzahl der von Wölfen gerissenen Schafe einer jährlichen Tötungsrate von 0,065 Prozent. Aber auf lokaler Ebene kann der Druck auf die ländlichen Gemeinden in bestimmten Gebieten sehr groß sein. 

Schäden an Nutztieren mag man zwar auf nationaler Ebene tolerieren, ihre Konzentration auf lokaler Ebene führt jedoch zu starkem Druck auf bestimmte Gebiete. Wolfsangriffe auf Nutztiere können auch indirekte wirtschaftliche Verluste verursachen, die schwer zu beziffern sind, und haben beträchtliche emotionale Folgen für die Tierhalter. In einigen Gebieten wirken sich wiederkehrende Schäden am Viehbestand negativ auf die Weidewirtschaft, das kulturelle Erbe und die Lebensweise der ländlichen Gemeinschaften aus. 

Maßnahmen zur Prävention

Die Konflikte im Zusammenhang mit Wölfen und Landwirtschaft müssen ganzheitlich in ihrem sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Kontext betrachtet werden. Der beste Weg, Nutzviehverluste durch Wolfsangriffe zu reduzieren, ist die Anwendung effektiver und angepasster Präventionsmaßnahmen. 

Einige EU-Staaten, wie z. B. Frankreich und Deutschland, geben erhebliche Mittel für die Schadensprävention aus. Während sich die Maßnahmen in Frankreich nicht eindeutig als wirksam erwiesen haben, scheinen sie in Deutschland das Ausmaß der Schäden in der Tierhaltung verringert zu haben. 

Grundsätzlich haben in Deutschland die Schäden an Nutztieren mit dem Anwachsen der Wolfspopulation zugenommen. In einigen deutschen Bundesländern mit den höchsten Wolfszahlen hat die Häufigkeit der Wolfsangriffe auf Nutzvieh in den letzten Jahren jedoch signifikant abgenommen, was mit der Anwendung angemessener Präventionsmaßnahmen in Verbindung gebracht wurde. Eine große Herausforderung bleibt der Schutz freilaufender Tiere. Der Einsatz von Hirten ist eine sehr effiziente Maßnahme, aber die Kosten für die Einstellung von Fachpersonal können für viele Erzeuger eine Herausforderung darstellen. Als erfolgreichste Präventionsmaßnahme gelten Elektrozäune. In den meisten Fällen gibt es keine Alternative zu Präventionsmaßnahmen als die Zahlung hoher Entschädigungssummen oder die Tötung aller oder der meisten Wölfe in einem Gebiet, was gegen die FFH-Richtlinie verstößt und für einen großen Teil der Gesellschaft empörend ist.

Entnahme von Wölfen

In den meisten Mitgliedstaaten ist der Wolf sowohl in Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführt, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, Schutzgebiete für die Art im Rahmen von Natura 2000 auszuweisen, als auch in Anhang IV, der seinen strengen Schutz in seinem gesamten natürlichen Verbreitungsgebiet sowohl innerhalb als auch außerhalb von Schutzgebieten vorschreibt. Darüber hinaus ist der Wolf über die Berner Konvention geschützt. 

Ausnahmen sind möglich, um schwerwiegende Schäden (insbesondere an Ackerkulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereien und Gewässern sowie anderen Gütern) zu verhindern und im Interesse der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit. Ausnahmen sind auch aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses möglich, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art.

Einige Mitgliedsstaaten machen von Ausnahmeregelungen fast nie Gebrauch, Länder wie Frankreich oder Schweden nutzen sie systematisch. Die gezielte Entnahme löst Konflikte im besten Fall nur vorübergehend und es ist sehr schwierig, problematische Individuen gezielt zu entnehmen. Nur Teile eines Rudels zu entnehmen ist darüber hinaus relativ unwirksam. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die in Europa durchgeführten Untersuchungen zur gezielten Wolfstötung nicht schlüssig sind und dass die nicht gezielte Tötung (also die Jagd) die Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere nicht zu reduzieren scheint, es sei denn, sie wird mit einer solchen Intensität durchgeführt, dass sie die Wolfsdichte in großen Gebieten effektiv reduziert.

Finanzierung

Alle 27 GAP-Strategiepläne für den Zeitraum 2023 bis 2027 wurden auf Maßnahmen in Bezug auf Großraubtiere und insbesondere Wölfe untersucht. Von den 24 Mitgliedstaaten mit Wolfspopulationen verfügten neun Mitgliedstaaten über keinerlei Maßnahmen für Großraubtiere (Bulgarien, Dänemark, Estland, Ungarn, Lettland, Niederlande, Polen, Rumänien, Schweden). Darunter sind mit Rumänien und Polen einige Länder mit bedeutenden Wolfspopulationen. 

Der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor erlaubt es den EU-Mitgliedstaaten, Landwirten einen vollständigen Ausgleich für Schäden zu gewähren, die durch geschützte Tiere wie Wölfe verursacht werden. Dies ermöglicht die vollständige Erstattung der Kosten für Investitionen, die zur Vermeidung solcher Schäden getätigt wurden, wie z. B. die Installation von Elektrozäunen, die Anschaffung von Herdenschutzhunden und die Einstellung von
Hirten.

- Bildquellen -

  • Male Eurasian Wolf (Canis Lupus Lupus) Walking Through The Woods: michal – stock.adobe.com
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AUTORRed. JS
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