Der Milchpreis deckt die Kosten noch nicht

Ein gut bestücktes Milchregal soll laut Handelsketten die Einkaufsfrequenz erhöhen. Foto: Franz Gebhart

Vertreter von Milchbauern und Milchverarbeitern sind mit der Preispolitik von Handel und Gastronomie nicht zufrieden. Die Wertschöpfung für die Bauern müsse deutlich steigen.

Für den Lebensmittelhandel stellen Milch und Milchprodukte ein wichtiges Segment dar. Ein gut bestücktes Milchregal trägt stark zu einer Steigerung der Einkaufsfrequenz bei. Schließlich sollen die Kunden ja möglichst oft ins Geschäft kommen. Auch der immer wieder beschworene Trend der Konsumenten zur „Regionalität“ lässt sich damit gut darstellen. Daran ließen Vertreter mehrerer Handelsunternehmen (Rewe, Spar, Unimarkt) in einer Diskussion beim Fachforum Molkereiprodukte vorige Woche in Salzburg keinen Zweifel. Zur „Preisfrage“, die bei dieser Veranstaltung des Handelsmagazins Regal vonseiten der Landwirtschaft und der Molkereiwirtschaft davor angeschnitten worden war, hielten sie sich eher bedeckt.

Wertschöpfung für die Bauern…

Nach Ansicht von Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Vorarlberg und Vorsitzender des Milchausschusses in der LK Österreich, ist es nicht möglich, eine in ganz Österreich gültige Zahl für die Produktionskosten zu nennen. Dazu seien die Unterschiede in den Produktionsbedingungen von Region zu Region zu groß. „Faktum ist aber“, konstatierte Moosbrugger unmissverständlich, „dass der jetzige Milchpreis in Österreich die Gestehungskosten der Bauern nicht deckt, auch nicht bei denen, die gut wirtschaften“. Die Landwirte als Erste oder – je nach Sichtweise – Letzte in der Wertschöpfungskette hätten zunehmend den Eindruck, dass bei ihnen „nur das ankommt, was grad übrig bleibt“. Es müsse gelingen, die Wertschöpfung für Bauern zu verbessern, um auch in benachteiligten Gebieten die Milchwirtschaft aufrechterhalten zu können. Daran müsse auch die Tourismuswirtschaft sehr interessiert sein, betonte Moosbrugger vor rund 150 Tagungsteilnehmern aus Handel und Molkereiwirtschaft. Der Präsident der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM), Helmut Petschar, brachte – Stichwort Tourismus – mit der Gastronomie einen weiteren Wirtschaftszweig ins Spiel: „Ich erwarte mir von Handel und Gastronomie, dass das Bekenntnis zur Regionalität nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt, sondern sich auch im Milchregal bzw. auf dem Frühstückstisch niederschlägt.“ Dies sei eine wesentliche Voraussetzung zur Erhaltung einer flächendeckenden Landwirtschaft – eine Leistung, welche die Milchbauern, inzwischen nur mehr 29.000 Betriebe, nur erbringen können, wenn sie von Handel und Gastronomie auf dem Weg über die Milchverarbeiter auch faire Preise bekommen. Schließlich komme die gepflegte Landschaft, letztlich ein „Nebenprodukt der Milchwirtschaft“ (Petschar), auch der Tourismuswirtschaft zugute.

… und die Molkereien verbessern

Vom Handel als „wichtiges Bindeglied zu den Konsumenten“ wünscht sich der VÖM-Präsident eine „partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe“. Marktbedingte Preisanhebungen müssten ähnlich schnell vorgenommen werden wie Preissenkungen und nicht erst mit fünf, sechs Monaten Verzögerung. Mehrwert dürfe sich nicht auf eine Stufe beschränken: „Auch Verarbeitungsbetriebe brauchen Wertschöpfung.“ Gar nichts hält Petschar von Schleuderaktionen bei Milchprodukten, denn: „Selbst wenn wir die Milch verschenken, wird der Konsum dadurch nicht steigen.“

Alfred Propst, Leiter des „Zentraleinkaufs Frische“ bei Rewe International, hält es für „zu einfach“, dem Handel die Schuld daran zuzuschieben, dass die Landwirte zu wenig Geld bekommen: „Wir sollten uns nicht gegenseitig das Bummerl zuschieben, sondern gemeinsam nach Lösungen suchen.“ Wie diese aussehen können, blieb offen. Fritz Poppmeier, Vorstandsdirektor bei Spar Österreich, empfiehlt der Landwirtschaft, mit ihren Wünschen im Hinblick auf Landschaftspflege, Tourismus etc. gemeinsam mit den Molkereien bei der Politik vorstellig zu werden.

Trend zu Regionalität und Natürlichkeit

Die Frage nach Erwartungen der Konsumenten im Hinblick auf die Herkunft von Milchprodukten beantwortete Propst mit „erstens Österreich, weiters Regionalität und Lokalität“. Bezüglich veränderter Konsumtrends orten sowohl Josef Braunshofer, Geschäftsführer von Berglandmilch, wie auch NÖM-Vorstand Alfred Berger einen deutlichen Hang der Verbraucher zu „mehr Natürlichkeit“ bei den Produkten, nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland, „was uns sehr viel Freude bereitet“ (Braunshofer). Dieser Trend kommt österreichischen Herstellern insbesondere im Export zugute. Lebensmittel aus Österreich gelten ja aufgrund von Gentechnikfreiheit, Landschaft, hofeigenem Futter oder kleiner Erzeugerstrukturen – laut AMA-Marketingchef Michael Blass „lauter spezifische Wettbewerbsvorteile auf internationalen Märkten“ – doch als besonders natürlich. Dass neben Convenience (mehr Komfort) den österreichischen Konsumenten „Regionalität“ sehr wichtig ist, bestätigt auch NÖM-Vorstand Berger: „Dem versuchen wir Rechnung zu tragen. Da zieht der Lebensmittelhandel sehr gut mit – zum Vorteil aller.“

Diskutierten am Podium (v. l.): Alfred Propst (Rewe), Andreas Haider (Unimarkt), Alfred Berger (NÖM), Moderatorin Christina Holweg, Michael Blass (AMA-Marketing), Fritz Poppmeier (Spar), Josef Braunshofer (Berglandmilch) Foto: Franz Gebhart

Absatzrückgang gestoppt

Laut Marktforscherin Sonja Holzschuh (GfK Austria) konnte der seit einigen Jahren erkennbare Rückgang beim Absatz von Milchprodukten in Österreich gestoppt werden. 2016 war wieder eine leichte Zunahme festzustellen. Dies betrifft allerdings nur die Menge, nicht den Umsatz. Bio- und Heumilch haben Marktanteile gewonnen. Die Bereitschaft, für Bioprodukte mehr zu bezahlen, ist seit 2014 von 40 auf 43 % gestiegen.

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