Am Ende des Spertentals in Aschau, am Fuße des Großen Rettensteins, liegt ein besonderes Platzl. Es ist die Hintenbachalm auf 1140 Meter und deren Hochalm, die Schöntalalm, die auf 1650 Meter liegt. Auf der Nieder-alm betreibt die Familie Walch aus Kirchberg seit 2009 eine Schaukäserei. Damals war die Land- und Almwirtschaft in einer großen Krise, der Milchpreis war unter 30 Cent gefallen und viele Bauern gaben die Milchwirtschaft auf. Hans Walch hatte damals bereits zwei Jahre die Führung des elterlichen Milchviehbetriebes übernommen. Gemeinsam mit der ganzen Familie und auf Basis einer Idee des Vaters wurde der Bau des Kasplatzls umgesetzt. Die Idee war damals wie heute, aus der frisch erzeugten Almmilch direkt vor Ort köstlichen Almkäse und Milchprodukte zu erzeugen und diese auch gleich auf der Alm zur Verkostung und zum Verkauf anzubieten.
Obwohl sehr arbeitsintensiv, schien die Direktvermarktung von hochwertigen Produkten schon damals eine der vielversprechendsten Möglichkeiten zu sein, das Milchvieh auf der Alm behalten zu können. Von Beginn an war sich die Familie Walch bewusst, dass die Vermarktung der Produkte möglichst rasch auf eine professionelle Schiene gebracht werden musste. So wird heute der gesamte Käse direkt in der Region vermarktet, unter anderem auch im elterlichen Hotel Elisabeth in Kirchberg und seit einigen Jahren im hofeigenen Kasplatzl Laden, der sich neben dem Hotel befindet und den Hans’ Lebensgefährtin Claudia betreibt.
65 Prozent Almanteile
Es war für das Konzept sehr förderlich, dass zum Hof, dem Scherrhof in Kirchberg, auch 65 Prozent Almanteile der Hintenbachalm gehören. Hans Walch: „Zwei andere Bauern besitzen noch Almanteile, aber einer davon treibt schon seit langer Zeit kein Vieh mehr auf und der zweite hat die Viehwirtschaft auf Masttiere umgestellt. Da wir weiterhin unser Milchvieh aufgrund vieler Vorteile für Vieh und Mensch auf die Alm treiben wollten, entschied ich mich mit meiner Familie dafür, zu investieren und qualitativ hochwertigen Almkäse zu produzieren, denn der beste Käse wird aus Almmilch gemacht. Wir haben hier ein wunderbares Ausflugsgebiet und es kam uns zugute, dass vor zehn Jahren das Wandern einen ziemlichen Aufschwung bekam. Wir wollten aber nicht nur den vorbeikommenden Wanderern etwas bieten, sondern auch Anreize setzen, von sich aus unsere Alm als Ausflugsziel zu besuchen. Deshalb bauten wir im Jahr 2009 unsere Schaukäserei Kasplatzl. Hier können die Ausflugsgäste schon frühmorgens beim Melken zuschauen und die Herstellung und Pflege des Käses verfolgen.“ Den Sommer über gibt es jeden Donnerstag eine Führung und einen Brotbackkurs, am Mittwoch findet immer die beliebte Ponywanderung statt, auf Anfrage auch an anderen Tagen.
Energiewirtschaftlich ist man auf der Alm ebenfalls bestens aufgestellt: Durch den Bau des Wasserkraftwerkes Schöntal 2 wurden das Kasplatzl und die dazugehörige Landwirtschaft komplett energieautark. Vom Licht über Melkmaschinen, Kühlungen, Käsekessel bis hin zur Kasplatzl-Verkostungsstube wird alles mit sauberem Wasserstrom betrieben. Das sei doch etwas, was man den Kunden ebenfalls zeigen könne, weil es das Umweltbewusstsein des Betriebes bezeugt, dachte Familie Walch und so kann man durch große Glasfronten und Infoterminals im Schaukraftwerk auch bei der Produktion von Wasserstrom zusehen.
Das Konzept zeigt Erfolg. 120 Rinder dürfen sich nun weiterhin über das Almleben freuen, ebenso 25 Almschweine, 60 Milchkühe sind für die Grundzutat des Almkäses zuständig. Bis er vor kurzem in Pension ging, sorgte Senner Silvester Horngacher dafür, dass der Beliebtheitsgrad des Käses ständig wuchs. Mittlerweile wurde für ihn als Nachfolger ein ebenso talentierter und sorgfältiger Senner aus dem Lungau gefunden. Auf der Produktpalette stehen: Schöntaler (Frischkäse), Gerstinger (Weichkäse), Hintenbacher (Schnittkäse), Rettensteiner (Bergkäse), Spertentaler (Weißschimmelkäse). Neben den Käsesorten produzieren die Walchs Speck und Kaminwurz’n in der eigenen Almselche. Auch Almbutter, Milch, Joghurt, Buttermilch, eine Auswahl an hausgemachten Marmeladen und Pestos sind im Sommer erhältlich. Im Alm-Ausschank und im Kasplatzl-Laden im Dorf kommt zusätzlich das heißbegehrte selbstgemachte Bauernbrot täglich ofenfrisch auf den Tisch oder in die Einkaufstasche und geht weg wie die warmen Semmeln.
„Wir haben ein hervorragendes Team, auf das wir uns verlassen können – von den Hirten über den Senner bis zu den Küchen- und Servicekräften und zur eigenen Familie. Ohne den Einsatz aller Beteiligten würde der Betrieb nicht so gut funktionieren“, sagt Hans Walch. Und so ist es auch möglich, dass die Alm nicht nur als Arbeitsort gesehen werden muss, sondern dass Claudia und Hans mit ihrer dreijährigen Tochter Theresa die Hintenbachalm auch selber ab und zu wie ein Ausflugsziel genießen können.
- Bildquellen -
- PHOTO 2020 07 13 08 01 00: Familie Walch
- Rettensteiner Bergkäse Stück (2): Familie Walch
- PHOTO 2020 07: Familie Walch
- Kasplatzl 27 08 16 300dpi 105: Familie Walch