Österreichs Konsumenten halten den BioBauern die Stange, der Bio-Absatz bleibt mit knapp zwölf Prozent Wertanteil bei den Einkäufen stabil. Teilweise sind sogar Zuwächse zu verzeichnen, wie die vergangene Woche veröffentlichte rollierende Agrarmarktanalyse (RollAMA) der AMA-Marketing zeigt. Die vom Marktforschungsinstitut KeyQuest durchgeführte Erhebung veranschaulicht jedoch auch, dass die Preisdifferenzen der Bio-Produkte zu ihrem konventionellen Äquivalent schrumpfen. So kosteten etwa Bio-Kartoffeln heuer nur noch 28,5 Prozent mehr als vergleichbare konventionelle Ware, 2022 waren es noch über 45 Prozent. Barbara Mayr von KeyQuest klärt auf, man könne von einem „realen Wertverlust“ sprechen.
Ist das also die Kehrseite des Bio-Booms? Wertverlust und zunehmende Annäherung an konventionelle Preise? „Nein“, sagt Markus Leithner, Pressesprecher von Bio Austria. „Bio-Produkte wurden nicht billiger im Sinne eines Preisrückganges. Sie wurden im Vergleich zum konventionellen Produkt weniger teurer.“ Teuerungen habe es aber selbstverständlich aufgrund gestiegener Produktionskosten auch im Bio-Segment gegeben, nur in einem geringeren Ausmaß, so Leithner. Der Verband sei im Gegenteil sogar stolz darauf, dass Bio-Erzeugnisse im Handel als Inflationsbremse wirken, wie man jüngst per Aussendung mitteilte.
Kostentreiber Mineraldünger
Als Verursacher der Teuerung im konventionellen Bereich machen Bio Austria und Österreichs zweiter Bio- Verband Demeter unisono die massive Verteuerung der energieintensiven Mineraldünger und Pflanzenschutzmittel aus. Auf Nachfrage, ob diese in der Preisgestaltung am Supermarktregal wirklich ein so hohes Gewicht einnehmen, dass eine derart schwindende Preisschere gerechtfertigt sei, winkt man jedoch ab: „Welche Kosten sich wie im Regalpreis widerspiegeln, kann nur der Handel beantworten“, so der Bio Austria-Sprecher. Bekanntermaßen nehmen Verarbeitung und Logistik den Löwenanteil des Konsumentenpreises ein. So kommen, Bauernbund-Angaben zufolge, etwa beim Kauf eines Kilos Mischbrot dem Landwirt nur 25 Cent oder umgerechnet 8,5 Prozent dessen zugute, was Verbraucher letztlich zahlen.
Absatz versus Kosten
Warum die Kosten von Handel und Verarbeitung für Bio-Produkte nicht im gleichen Ausmaß gestiegen sein sollen wie jene für konventionelle, kann sich indes auch der heimische Lebensmitteleinzelhandel nur bedingt erklären. Rewe-Pressesprecher Paul Pöttschacher hält lediglich fest, dass man „auch im Bio-Bereich aufgrund gestiegener Einkaufspreise“ nachbessern musste. Spar-Sprecherin Nicole Berkmann berichtet selbst von geringeren Aufschlägen für die gestiegenen Logistikkosten und sieht – wie schon die Bio-Verbände – die geringeren Ausgaben für Betriebsmittel in der Erzeugung als Ursache. Deutlich konkreter wird man in der Lidl Österreich- Zentrale in Salzburg. „Kostensteigerungen wurden im Bio-Bereich nicht vollumfänglich weitergegeben, um die Produkte für unsere Kunden leistbar zu halten“, heißt es vom Diskonter.
Von diesem schmalen Grat des „Noch-gekauft-werdens“ weiß auch Johann Ollmann, Geschäf tsführer der Bioschwein Austria, zu berichten. Auch in seiner Sparte hat der Abstand zum konventionellen Produkt abgenommen, wenn auch von hohem Niveau. Gut 81 Prozent mehr als für konventionelle Ware werden heuer für Bio-Fleisch im Lebensmittelhandel fällig, um sieben Prozent geringer fällt der Preisunterschied im Vergleich zum Vorjahreszeitraum damit aus. „Nichtsdestotrotz haben wir auf Abnahmeseite seit 2008 keinen Preisrückgang erlebt“, erinnert sich der Chef des größten Vermarkters für Bio-Schweine im Land. So wurde auch heuer das Preisniveau, welches jährlich für Erzeuger und Abnehmer fixiert wird, nach oben korrigiert. „Wenn auch geringfügig unter dem Inflationsniveau“, so Ollmann und ergänzt: „Die Kosten müssen jedenfalls gedeckt sein.“ In Summe funktioniere die Zusammenarbeit mit dem Handel, weder bei Überschüssen noch bei Knappheit gäbe es Probleme. „Die Stabilisierung federt jedenfalls für die Erzeugerseite vieles ab und ist auf Langfristigkeit ausgelegt“, gibt er außerdem noch mit. Auch wenn ein momentaner Ausreißer konventioneller Waren nach oben den Anschein eines billigeren Bio-Produktes suggeriere.
Quelle: RollAMA/AMA-Marketing GRAFIK: BZ/MERL, ILLUSTRATIONEN: MARIIA - STOCK.ADOBE.COM, 09910190 - STOCK.ADOBE.COM,„Die Preisbildung basiert auch im Bio-Bereich nicht vorrangig auf Produktionskosten, sondern auf Angebot und Nachfrage“, klärt unterdessen Georg Lehner von Österreichs größter Molkerei, Berglandmilch, auf. Dies würde derzeit am Beispiel Bio-Milch und Erzeugnissen daraus wieder deutlich. Die Roll-AMA führt für Bio-Käse im ersten Quartal dieses Jahres eine Preisdifferenz von gut 29 Prozent an. 2022 waren es noch über 40 Prozent gewesen. Auch wenn die Verarbeitungskosten für Bio- Milch gleichermaßen gestiegen sind, sieht man sich derzeit mit einer „gefährlichen“ Marktentwicklung konfrontiert, so Lehner, der bei der Berglandmilch die Leitung der Produktionsplanung innehat. „Ein international steigendes Bio- Rohmilchangebot trifft auf eine reduzierte Nachfrage“, erklärt er. Diese sei derzeit stark durch die Teuerungsdebatte beeinflusst, entsprechend rückläufig auch die Absatzzahlen im Premiumsegment.
Rückschlüsse auf Bauern „unzulässig“
Für die Erzeuger habe der Regalpreis aber ohnehin keine Auswirkungen, sind alle Beteiligten überzeugt. Leithner dazu: „Die RollAMA-Zahlen lassen keine belastbaren Rückschlüsse auf Erzeugerpreise oder veränderte Produktionskosten zu.“ Die gesunkene Preisdifferenz mache Bio-Produkte im Gegenteil für viele Konsumenten interessanter, ist man bei den Bio-Verbänden überzeugt. „Wenn mehr Leute Bio-Lebensmittel kaufen, sollte das für die bäuerlichen Einkommen langfristig kein Nachteil sein“, so Bio Austria Sprecher Leithner. Bleibt abzuwarten, ob das auch zutrifft.
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