Qualität muss auch fair bezahlt werden, das betonte Niederösterreichs Agrar- und Umweltlandesrat Stephan Pernkopf im Rahmen seiner Festansprache bei der Agrana BetaExpo 2016, die am 1. Juni 2016 auf Österreichs größtem Schaufeld nahe der Zuckerfabrik Tulln abgehalten wurde. Pernkopf wörtlich: “Dem Endkonsumenten, der Lebensmittel aus fairer und nachhaltiger Produktion beziehen will, muss klar gemacht werden, dass diese Qualität auch fair bezahlt werden muss.” Um herausfordernde Zeiten im Agrarmarkt gemeinsam zu bewältigen, hielt Pernkopf außerdem dazu an, auf Augenhöhe miteinander zu kommunizieren und die überbetriebliche Zusammenarbeit zu verstärken.
Im Rübenbau sind die sicheren Zeiten vorbei
Helmut Friedl, Vorsitzender des Verbands Bayerischer Zuckerrübenanbauer, stellte gegenüber den auf der BetaExpo anwesenden Rübenbauern mit Bezug auf das Auslaufen der EU-Zuckermarktordnung fest: “Die sicheren Zeiten sind vorbei.” Er selbst sei seit einem Jahr im Amt als Vertreter der Rübenbauern und habe bereits “alle Prügel dieser Welt” zu spüren bekommen. Friedl erinnerte, dass das Auslaufen der Zuckerquoten bereits im Jahr 2006 beschlossen wurde. Derzeit wisse niemand, wohin sich die Preise entwickeln. Die Rübe werde in Zukunft “eher nicht mehr” über Preistäler tragen. Wichtig seien Bereiche wie etwa Maschinenkosten, wo man als Unternehmer noch ansetzen könne. Gegenüber der Politik fand Friedl deutliche Worte. Es gehe nicht an, dass beim Handel der Wirtschaftsminister selbst den Schutzmantel ausbreite (Anmerkung: Gemeint war die Übernahme von Kaiser‘s Tengelmann durch Edeka im heurigen Frühjahr, die mit einer Sondererlaubnis des deutschen Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel ermöglicht wurde) während man die Kartellbehörde auf die dem Handel vorgelagerten Verarbeiter und Erzeuger schon bei kleinsten Verdachtsmomenten loslasse. Friedl: “Die gesamte Wertschöpfungskette in dem Handel vorgelagerten Bereichen wird durch diese Entwicklung finanziell ausgehungert. Finanziell kranke Unternehmen erzeugen kranke Produkte.”
Eine weitere provokante Frage hatte Friedl zum Thema Nachhaltigkeit parat. Die heute bestehenden bäuerlichen Betriebe haben oft über Jahrhunderte die Substanz erhalten und an die jeweils nächste Generation übergeben. Auf der anderen Seite kenne er heute kaum eine Gesellschaft in Europa, deren Lebensform man als nachhaltig bezeichnen könne. Friedls Schlussfolgerung: “Wie kommt man heute also dazu, Landwirten Nachhaltigkeit vorzuschreiben?”
Zu den Rahmenbedingungen für den internationalen Handel meinte der Bauernvertreter, dass dieser Bereich eine “Uraufgabe der Politik” sei. Bei den Verhandlungen zu TTIP und anderen Abkommen erwarte er sich “mehr Rückgrat”. Als Beispiel für landwirtschaftliche Importe ohne Umwelt- und Sozialstandards nannte er Zucker aus Südamerika, der mit “blutigen Händen der Arbeiter” erzeugt werde.
Strukturbereinigung steht noch bevor
Agrana Vorstand Fritz Gattermayer sieht im EU-Zuckersektor noch eine Strukturbereinigung bevorstehen. Diese habe bisher aufgrund der Quoten nicht stattfinden können. Es werde etwa drei bis vier Jahre dauern, bis die Aggressivität am Markt abnehme. Für die Agrana stellte Gattermayer mit Zuversicht fest: “Wir werden bei denen dabei sein, die Bestand haben.”
Seitens der heimischen Rübenbauernvertretung wies Rübenbauernbund-Obmann Ernst Karpfinger darauf hin, dass der Rübenpreis für die Anbauentscheidung bestimmend sei. Zuversichtlich zeigte sich Alfred Sturm als Obmann der Stärkekartoffelbauern. Hier seien die Quoten im Jahr 2012 abgeschafft worden. Sturm: “Wir sind durch das Tal gegangen. Derzeit wächst der Stärkekartoffelmarkt. Ich glaube, wir haben es geschafft.”
Termin
Der BetaExpo-Herbsttermin ist heuer für Sonntag, 18. September, geplant. Reservieren Sie sich schon jetzt diesen Tag für einen Besuch des Schaufelds.
Nachhaltigkeits-Award: Agrana zeichnete Partner aus
Nachhaltigkeit hat bei Agrana einen hohen Stellenwert. Das betrifft den sorgsamen Umgang mit Rohstoffen und Energie genauso wie das partnerschaftliche Verhältnis zu Lieferanten, Kunden und Mitarbeitern. Treiber des Themas sind zudem die Großkunden in Lebensmittelverarbeitung und Handel. Internationale Branchengrößen wie Nestle, Unilever oder Danone haben bereits im Jahr 2002 die “Sustainable Agriculture Initiative” (SAI) gegründet, deren Regelwerk auch für Hersteller wie Agrana gültig ist. Im Rahmen dieses Nachhaltigkeitsprogramms haben sich Agrana und die landwirtschaftlichen Kontraktpartner des Konzerns auf die Zertifizierung nach den Standards von “Farm Sustainability Assessment” (FSA) verständigt, die in das Agrana Rohstoffinformationssystem integriert wurden. Dazu mussten die Betriebe sämtliche Abläufe aus den Bereichen Betriebsführung, Pflanzenschutz, Düngung und Arbeitssicherheit mittels eines SAI-Fragebogens erfassen. Mit dem Nachhaltigkeitspreis hat Agrana heuer an Betriebe und Partner ausgezeichnet, die im Rahmen von SAI besonders genau gearbeitet haben und die sich mit Sonderprojekten um das Thema Nachhaltigkeit besonders verdient gemacht haben.
Familie Erwin Pfeffer, Sprögnitz (NÖ)
Erwin Pfeffer bewirtschaftet in Sprögnitz im Waldviertel einen Ackerbaubetrieb. Den Nachhaltigkeitspreis bekam Familie Pfeffer zuerkannt, weil bei der Teilnahme am Nachhaltigkeits-Assessment der SAI Fragebogen den Gold-Level erreicht hat. Erwin Pfeffer wurde als junger, engagierter Landwirt gewürdigt, der bei hoher Liefertreue sehr gute Stärkekartoffelerträge erreicht. Der Betrieb ist durch nachhaltige Investitionen zukunftsorientiert aufgestellt.
Betrieb Lorenz Mayr, Steinabrunn (NÖ)
Lorenz Mayr erhielt den Agrana Nachhaltigkeits Award für sein Projekt “Erosionsschutz durch Zwischenfrucht und Direktsaat”. Als Rübenbauer im Hügelgebiet der Station Großmugl war Lorenz Mayr mit seinen bäuerlichen Berufskollegen im Jahr 2014/15 innerhalb von 14 Monaten viermal von Starkregenereignissen betroffen. Jedes Mal gab es gravierende Abschwemmungen bis in den Ort hinein. Lorenz Mayr nahm dies zum Anlass, die Berufskollegen vom Zwischenfruchtanbau mit Überwinterung und nachfolgender Direktsaat zu überzeugen und mit den Bauern gemeinsam die Hackfruchtfelder 2016 nach Erosionskriterien auszusuchen. In seinem Heimatort Steinabrunn wurden aufgrund seiner Initiative alle Zuckerrübenfelder 100%ig mittels Direktsaat angebaut, im Stationsgebiet Großmugl waren es immerhin noch mehr als 25 Prozent.
Rodegemeinschaft Waldviertel Nord
Obmann Gerhard Bayer konnte namens der Rodegemeinschaft Waldviertel Nor den Agrana Nachhaltigkeitspreis entgegennehmen. Die seit dem Jahr 2000 bestehende Gemeinschaft ermöglicht auch kleineren Betrieben in der Region eine schlagkräftige und kostengünstige Kartoffelernte. Der Gemeinschaft gehören derzeit 31 Mitglieder an. Die Rodefläche wuchs von anfangs 120 ha auf mittlerweile an die 400 ha. Obmann Bayer über das Erfolgsrezept: “Bei uns hat bei der Einteilung der Rodetage jeder Betrieb den gleichen Stellenwert.”
Rail Cargo Group
Mit dem Nachhaltigkeitspreis für die Rail Cargo Group unter Vorstandsdirektor Ferdinand Schmidt will Agrana die gute Zusammenarbeit mit der Bahn beim umweltfreundlichen Transport großer Tonnagen würdigen.