Berliner Wolfsgipfel: So wird Haltung von Weidetieren ein Auslaufmodell

Kaniber und Bernhuber diskutieren beim Wolfsgipfel.

Anlässlich eines Wolfsgipfels in Berlin fordert der Deutsche Bauernverband die Politik auf, die bisherige Strategie im Umgang mit dem Wolf „grundsätzlich zu ändern“. Die Bundesregierung solle ihr Scheitern bei der Wolfspolitik in Deutschland zugeben.

„Verharmlosung, Realitätsverweigerung, romantische Verklärung und organisierte Schönfärberei haben den Konflikt mit der Weidetierhaltung eskalieren lassen“, eröffnete der Umweltbeauftragte des Deutschen Bauernverbandes, Eberhard Hartelt, die Veranstaltung. Ergebnis der Wolfspolitik in Deutschland sei ein ungebremst wachsender Wolfsbestand, der mittlerweile „ein Mehrfaches des günstigen Erhaltungszustandes“ erreicht habe und im internationalen Vergleich herausragend hoch sei, klärt der Deutsche Bauernverband unisono mit den anwesenden Wolfsexperten auf. Problematisch sei auch, dass Weidetierhalter in der Fläche das Handtuch werfen würden, da sie sich mit ihren Problemen alleingelassen fühlen.

Im Gegensatz zu Österreich sei man in Deutschland noch lange nicht so weit, dass die Entnahme von Problemwölfen erfolgen dürfe. Eine entsprechende Verordnung sei beispielsweise in Bayern gerade erst in Ausarbeitung, während in Österreich bereits Entnahmen von Problemwölfen erfolgten.

Ohne Regulierung folgt Illegalität

„Der Konflikt mit dem Raubtier ist nicht allein mit Herdenschutzmaßnahmen zu lösen. Ohne Regulierung des Wolfsbestandes ist zudem keine Akzeptanz im ländlichen Raum möglich und die Haltung von Schafen, Ziegen, Rindern, Pferden und landwirtschaftlichen Wildtieren auf der Weide in Deutschland wird zum Auslaufmodell“, so Hartelt. Der Wolf sei in Deutschland mit mehr als 2.000 Tieren als Teil der baltisch-osteuropäischen Population nicht gefährdet, der günstige Erhaltungszustand und die Grundlage für ein Bestandsmanagement seien erreicht. Im Jahr 2021 wurden offiziell 3.374 Weidetiere durch den Wolf gerissen, verletzt oder vermisst, berichtet der Deutsche Bauernverband.

Biologe Hans-Dieter Pfannenstiel ging auch auf den Herdenschutz und dessen Wirksamkeit ein und kam zum Schluss, dass Herdenschutz nicht ausreichend sei, um Weidetiere zu schützen, da der Wolf dazulerne und Zäune umgehen könne. Risszahlen würden zeigen, dass selbst dort, wo bereits Herdenschutz angewandt werde, die Risszahlen sich nur geringfügig verändern. Darüber hinaus seien Herdenschutzhunde schwierig in der Handhabe und würden eine Gefahr für Wanderer und Touristen darstellen. Ohne eine Möglichkeit zur Entnahme von Wölfen treibe man die Landwirte in die Illegalität, wie es in Teilen Italiens bereits der Fall sei, sagte Pfannenstiel.

Quelle: DBV
Bernhuber erklärt, dass der Wolfs-Protest der europäischen Bauernvertreter Wirkung zeigt.

Mit Alexander Bernhuber referierte auch ein österreichischer EU-Abgeordneter beim Wolfsgipfel in Berlin über den Umgang mit dem Raubtier in den Alpenregionen und speziell in den jeweiligen Bundesländern. Bernhuber hob hervor, dass es in den vergangenen Monaten gelungen sei, die EU-Kommission für das Wolfsproblem zumindest zu sensibilisieren. Davor wurde diesem Thema in Brüssel kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Die Initiative Österreichs zur Überprüfung des Schutzstatus von Wölfen in Europa habe jedoch Wirkung gezeigt. Die EU-Kommission arbeite aktuell an einer Erhebung der Wolfs-bestände in den Mitgliedstaaten und deren Problemen.

Gemeinsam mit Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber fordert Bernhuber die EU-Kommission auf, praxistaugliche Lösungen auf den Tisch zu legen: „Der Wolf stellt ein ernsthaftes Problem für die Land- und Forstwirtschaft und den heimischen Kulturraum dar. Die unzähligen Schäden aufgrund des starken Wachstums der Population werden immer gravierender und praxisorientierte Lösungen sind dringend erforderlich. Wir brauchen ein vernünftiges europäisches Wolfsmanagement, das sich am Maßstab der Wissenschaftlichkeit orientiert. Ich fordere die EU-Kommission auf, nicht mehr wegzuschauen und den Schutzstatus des Wolfs endlich wissenschaftlich neu zu bewerten. Das ist ein wichtiger und längst überfälliger Schritt für die heimischen Bauernfamilien und den gesamten ländlichen Raum. Die länderübergreifende Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bauernverband ist wesentlich, um dieser Forderung in Brüssel Nachdruck zu verleihen.”

 

 

- Bildquellen -

  • Bernhuber: DBV
  • Kaniber und Bernhuber (re.): DBV
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AUTORMartina Rieberer
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