„Nimmt der Handel Klimaschutz ernst, muss er österreichischen Lebensmitteln mehr Wertschätzung beimessen. Es ist nicht zu erklären, dass Handelsketten Erdäpfeln aus Ägypten, Fleisch aus Südamerika oder Gemüse aus Fernost Vorrang geben und mit unfairen und unmoralischen Preisschlachten dann noch den Strukturwandel in der heimischen Landwirtschaft befeuern. Diese „Geiz ist geil“-Mentalität in der Preisgestaltung muss endlich durch den neuen ökosozialen Grundkonsens des 21. Jahrhunderts ersetzt werden. Alles andere entspricht nicht mehr den Wünschen der Gesellschaft. Einzelne Handelsketten haben den Ernst der Lage bereits erkannt und eingelenkt, andere bleiben bei ihrer Strategie: Egal woher, Hauptsache billig“, so der Österreichische Bauernbund unisono mit den neun Länderorganisationen.
Preisschlachten schädigen Klima, Bauern und Verarbeiter
Der Internationale Lebensmittel-Nachhaltigkeits-Index reiht insgesamt 67 Länder aus der ganzen Welt gemäß ihrer Nachhaltigkeit des Lebensmittelsystems. Österreichs Landwirtschaft belegt demnach den sensationellen ersten Platz. Doch wie lange bleibt das noch so? „Wir produzieren die hochwertigsten, sichersten und nachhaltigsten Lebensmittel der Welt und trotzdem wird unser Essen verramscht. Das passt nicht zusammen. Das entspricht weder unserer Zeit, noch den aktuellen politischen Zielen. Diese Preisschlachten schädigen Klima, Bauern und Verarbeiter“, kritisiert Bauernbund-Präsident Abg. z. NR Georg Strasser.
In kaum einem anderen Land gibt es so viele Rabatt-Aktionen bei Lebensmitteln wie in Österreich. Die Folge dieser unfairen und unmoralischen Angebote sind unterdurchschnittlich niedrige Haushaltsausgaben für Lebensmittel pro Kopf. Laut Eurostat weist Österreich mit nur 9,7 Prozent EU-weit die viertniedrigsten Ausgaben für Lebensmittel auf. „Sicherheit und Qualität sind selbstverständlich geworden. Das ist ein beschämender vierter Platz für ein so wohlhabendes Land wie Österreich. Diese Geringschätzung ist vom Lebensmitteleinzelhandel hausgemacht. Es ist unfair und unmoralisch, wenn Wasser teurer ist als Milch, das Kilo Hühnerbrust um drei Euro verkauft und Brot um wenige Cent verramscht wird“, sagt der Bauernbund-Präsident.
Nachhaltigkeitskampagnen müssen jetzt Taten folgen
Nach zwei Dürrejahren sind viele landwirtschaftliche Betriebe auf eine rasche Verbesserung ihrer Einkommenssituation angewiesen. Auch Produktions- und Verarbeitungskosten steigen ständig. Das alles befeuert den Strukturwandel in der Landwirtschaft massiv. Viele Bauern müssen ihre Höfe für immer zusperren. Nur wenn Bauern, Verarbeiter und Handel gemeinsam dem Struktur- und Klimawandel entgegentreten, kann sich was ändern. Alleine werden österreichische Bauernfamilien diese Mammutaufgaben nicht stemmen können. „Wir lassen die Bauernfamilien mit den Herausforderungen sicher nicht alleine. Ich verlasse mich hier auch auf unsere Handelspartner und fordere ein Entgegenkommen. Eine angemessene monetäre Abgeltung für österreichische Qualitätsprodukte ist höchst an der Zeit“, betont Strasser und fordert die Lebensmitteleinzelhändler auf, bei der Preisgestaltung rasch umzudenken.
Bauernbund fordert „Green Deal“ mit Handel
Die EU-Kommission will mit dem „Europäischen Green Deal“ Europa in den kommenden Jahren sauberer, nachhaltiger und grüner machen. Das bedeutet auch für die Landwirtschaft, dass neue Maßnahmen zum Schutz des Klimas eingeführt werden, wie etwa die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und insgesamt weniger CO2-Ausstoß. Investitionen und höhere Auflagen sind die Konsequenz. Diese Politik muss auch der Handel mittragen. Diese Zielsetzungen kosten den Bauern viel Geld. „Wir werden sicher nicht zuschauen, wenn der Handel sich weiterhin ein Nachhaltigkeits-Mascherl umhängt und gleichzeitig in seiner Preispolitik die knallharte Strategie der billigsten Lebensmittel Marke ‘Egal woher, Hauptsache billig’ fortsetzt. Green Deal heißt für uns, dass in Österreich auch gekauft wird, was man verordnet. Wenn das für die Bauern gilt, so hat das auch für den Handel zu gelten. Hübschen Nachhaltigkeitskampagnen müssen jetzt Taten folgen“, fordert der Bauernbund-Präsident. Vereinzelt erkennt der Bauernbund schon positive Signale von Handelsketten, „es kristallisieren sich aber auch schwarze Schafe heraus“, erklärt Strasser.
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- Georg Strasser: Gruber