Der Stadtlandwirt Philipp Loidolt-Shen beim Füttern seiner Buntbarsche.

Rund 4.000 Tilapien, eine Gattung afrikanischer Buntbarsche, schwimmen in den Becken der sogenannten „Aquaponik“-Anlage von Gründer Philipp Loidolt-Shen. Unter Aquaponik versteht man einen geschlossenen Kreislauf zwischen Fisch- und Pflanzenkulturen. Das damit verfolgte Ziel: So wenig Ressourcen zu verwenden (und damit zu verschwenden) wie möglich. Der Zyklus würde auch ohne Pflanzen funktionieren, doch diese helfen, das Wasser zu stabilisieren und dessen Werte zu verbessern. Die doppelte Produktion ermöglicht es aber auch, regionale Lebensmittel in einer nachhaltigen Weise anzubauen.

Quelle: Katharina Berger
Die Anlage befindet sich im Hinterhofkeller.

Der Kreislauf

Luftpumpen, Becken, Wasser, Biofiltermaterial, Heizung, Substrate, Fische und Saatgut sind die Grundbestandteile für eine Aquaponik-Anlage. Eine solche besteht grundsätzlich aus zwei Etagen. Die Fische schwimmen in den am Boden stehenden Becken, die randvoll mit Süßwasser gefüllt sind. Auf der Wasseroberfläche treiben die Gemüsebeete, die über ihre Wurzeln Nährstoffe aus den Ausscheidungen der Tiere erhalten, allem voran Stickstoff aus Ammonium, der in einem chemischen Prozess zu Nitrit und später zu Nitrat oxidiert. Die Gemüsepflanzen ernähren sich aber nicht nur von diesem, sondern fördern auch die Klärung des Wassers. Dieses wird aber, bevor es zurück zu den Fischen gepumpt wird, zusätzlich gefiltert. Binnen einer Stunde hat das Wasser den gesamten Kreislauf durchflossen.

Quelle: Katharina Berger
Frisch geerntete Cocktailparadeiser gibt es das ganze Jahr über.

Die Fischzucht

Philipp Loidolt-Shen züchtet seine Tilapien größtenteils selbst. Wichtig sei dabei die richtige Raum- und Wassertemperatur, erzählt der Fischproduzent inmitten der Großstadt. Diese soll „idealerweise zwischen 20 und 30 °C liegen“. Die Fische sind eine maulbrütende Art und können innerhalb von drei Wochen bis zu 500 Junge ausbrüten.

Quelle: Katharina Berger
Erwachsener Tilapia

Bevor die kleinen Buntbarsche in größere Becken umgesiedelt werden, bleiben sie noch für eine kurze Zeit beim Mutterfisch. Je nach Wachstumsgröße schwimmen die Fische in den jeweiligen Kesseln, bis sie in das Gemüsebecken kommen. In einem Zeitraum von sechs Monaten erreichen die Tilapien ein Gewicht von bis zu 500 Gramm. Gefüttert werden die Fische mit biologischem Futter, das als einziger Zusatzstoff in den Kreislauf gelangt.

Einmal pro Woche holt Loidolt-Shen rund 30 Fische aus den Becken und verkauft sie am Markt, um 42 Euro je Kilogramm. Sein erklärtes Ziel ist es, auch Restaurants als regelmäßige Abnehmer zu finden, um mittel- bis langfristig die Anlage vergrößern zu können. „Der große Vorteil dieser Form der Fischzucht samt Gemüseproduktion ist vor allem der kurze Transportweg. Ich will möglichst nahe dort produzieren, wo meine Produkte auch verspeist werden“, erklärt der Stadtlandwirt.

Der Gemüseanbau

Über dem Becken in den Flößen der Anlage gedeihen aktuell Salat, Cocktailparadeiser, Rote Rüben, Grünkohl und verschiedene Kräuter. Anstatt in Erde wächst das Grünzeug in
einem Substrat, dessen Wurzeln direkt im Wasser hängen. „Grundsätzlich ernähren sich die Pflanzen ausschließlich von den sekretierten Nährstoffen der Fische. Nur Eisen wird mit dem Fischfutter hinzugefügt, denn das kommt durch die Ausscheidungen nicht ins Wasser“, erklärt Philipp Loidolt-Shen. Derzeit baut er noch viele unterschiedliche Sorten an, um zu sehen, welches Gemüse am besten wächst. In Zukunft möchte er wie erwähnt auch das Gemüse in Kombination mit den Fischen verkaufen.

Quelle: Katharina Berger
Das Gemüse gedeiht auf schwimmenden Flößen.

Kaum Schädlinge

Wie in jeder vegetabilen Kultur gibt es auch hier (wenn auch nur in geringem Ausmaß) Ungeziefer. „Da sich die Anlage in geschlossenen Innenräumen befindet, hält sich der Befall etwa mit schädlichen Insekten aber sehr in Grenzen. Wenn ich trotzdem irgendwelche Tierchen finde, dann sortiere ich die Pflanzen sofort aus oder verwende biologische Hausmittel, wie zum Beispiel Kaffeesatz“, erzählt Loidolt-Shen. Bis jetzt hatte er nach eigenen Angaben Glück und musste nur wenige Gewächse entfernen.

Effizientes System

Die Kompaktheit der gesamten Anlage sei ein großer Vorteil, denn es braucht dafür nur wenig Platz. „In Wien gibt es sehr viele leer stehende Gebäude, die für solche Farmen verwendet werden könnten. Effizient aufgebaut, kann man pro Anlage rund drei Tonnen Fische im Jahr herausholen. Bei mir sind es aber aktuell noch viel weniger“, sagt der Unternehmer.

Loidolt-Shen: „Ich will nahe dort produzieren, wo meine Produkte auch verspeist werden.“

Aquaponik-Anlagen werden als äußerst nachhaltig eingestuft, denn ihr Wasserverbrauch ist gering. In einem nur wenige Quadratmeter großen Becken haben bis zu 30 Kubikmeter Wasser Platz. Trotzdem sei auch bei der Aquaponik der Weg bis zu einem finanziellen Profit wie bei vielen anderen landwirtschaftlichen Kulturen oft weit und mit viel Fleiß verbunden. Dank öffentlicher Förderungen kann sich der Aquaponiker sprichwörtlich über Wasser halten. „Mit dem Erlös aus der Fischzucht in der derzeitigen Größe der Anlage ist dies gegenwärtig noch nicht möglich.“

Fishfarm Zwischenbrücken

Der Gründer Philipp Loidolt-Shen arbeitet seit fünf Jahren an seiner Aquaponik-Anlage. Am Anfang stand die Idee, alsbald folgten die Umsetzungspläne. Mittlerweile stehen drei Becken in seiner Stadtfarm. Zu seinem Team gehören zwei Mitarbeiter und immer wieder Verwandte und Freunde als zusätzliche Stütze. Seine Fische verkauft er jeden Samstag am Karmelitermarkt im Nachbarbezirk Wien-Leopoldstadt und ist zudem auf der Suche nach Restaurants als Abnehmer seiner Fische und Kräuter.

 

 

- Bildquellen -

  • Hinterhof: Katharina Berger
  • Cocktailparadeiser: Katharina Berger
  • Fisch: Katharina Berger
  • Gemüse: Katharina Berger
  • Philipp Loidolt-Shen: Katharina Berger
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AUTORKatharina Berger
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