In den vergangenen Jahren reichten die Pressobstpreise nicht einmal für die Deckung der Erntekosten der Bauern.

Apfelsaft ist nach Orangensaft das beliebteste Fruchtgetränk der Österreicherinnen und Österreicher. Im Schnitt konsumieren sie 7 Liter pro Kopf und Jahr. Woher der Rohstoff der im Lebensmittelhandel angebotenen Säfte stammt, hat der Branchenverband für Obst und Gemüse (ÖBOG) mittels „Store-Checks“ im Oktober untersucht. In sieben namhaften Handelsketten wurden ingesamt 37 direktgepresste Säfte und jene auf Konzentratbasis überprüft.

Irreführende Herstellungsangabe

Das Ergebnis: Nur bei 42 Prozent der erhältlichen Getränke stammen die verarbeiteten Äpfel nachweislich aus Österreich. Bei 8 Prozent war zumindest die Herkunft des Obstes aus EU- oder Nicht-EU-Staaten ausgewiesen. Bei der Hälfte der vom ÖBOG ausgewerteten Säfte – vorwiegend jenen auf Konzentratbasis – sucht man eine Herkunftsangabe für das verwendete Obst vergeblich. Besonders sauer stößt den Apfelbauern dabei die Bewerbung „Hergestellt in Österreich“ auf. „Diese Säfte werden zwar hierzulande abgefüllt, die Äpfel stammen aber in der Regel aus dem Ausland“, kritisiert Manfred Kohlfürst, Obmann der ÖBOG.

„Konzentrate sind billiger“

Auf Nachfrage bei den Lebensmittelketten wird unisono erklärt, dass die Nachfrage nach Säften auf Konzentratbasis tendenziell höher sei als jene nach direktgepressten Produkten. Wiewohl etwa Paul Pöttschacher, Sprecher der Rewe Österreich, wegen des „lokal und regional stark differenzierten Angebotes keine valide Auswertung“ bieten könne. Indes ist für Nicole Berkmann, Sprecherin von Spar, der Grund für den Vorzug von Konzentratsaft sonnenklar: „Sie sind günstiger“, kommentiert sie knapp.

Quelle: ÖBOG/LKNichtsdestotrotz wollen alle Marktteilnehmer unter ihren Kunden einen Trend zum regionalen Saft erkennen. Diese würden „gerne gekauft“, so Berkmann. Bei seinem Eigenmarkensortiment setzt der Handel unterdessen verstärkt auf rotweißrote Herkunft. Pöttschacher: „Hier beziehen wir die Äpfel aus Österreich und lassen auch hier abfüllen.“ Selbiges betont man beim Diskonter Hofer – zumindest für dessen „Bio- und Nachhaltigkeitseigenmarke“ und „soweit saisonal, mengenmäßig sowie preislich möglich“.

Austria Juice fände heimisches Obst “wünschenswert”

Ein Verarbeiter, der bereit war, zu den aktuellen Zahlen Stellung zu beziehen, ist die Firma Austria Juice, ein Joint Venture von Agrana und Raiffeisen Ware Austria. Die Austria Juice zählt weltweit zu den Marktführern in Sachen Fruchtkonzentrate und stellt diese an 13 Standorten in Europa und Asien her, unter anderem in Kröllendorf nahe Amstetten (NÖ). Dort werden jedes Jahr etwa 54.000 Tonnen Früchte, davon allein 40.000 Tonnen Äpfel zu Konzentrat, Direktsäften, Getränkegrundstoffen und Aromen verarbeitet. Abnehmer von Austria Juice sind nicht nur Kunden in Österreich, sondern bis zu 750 Unternehmen in 65 Ländern der Erde.

Kapazität der Streuobstbestände unbekannt

Wenig verwunderlich, dass sich all das nicht mit Äpfeln aus Österreich bewerkstelligen lässt. „Wir beziehen unseren Rohstoff aus Österreich, aus Tschechien, Italien und Ungarn sowie aus Kroatien und Serbien“, erläutert Markus Simak, Pressesprecher der Agrana. Alles Obst stamme aus einem Umkreis von 500 Kilometern, auch Direktbezug aus der Region sei nach wie vor Standard. „Wir versuchen, einen Großteil der benötigten Rohstoffmenge aus der Region der jeweiligen Produktionsstätte zu beschaffen. Dies garantiert die Frische der zu verarbeitenden Früchte“, so Simak. Was den Österreich-Anteil betrifft, würde man sich „größere Mengen an Rohware zur Verarbeitung wünschen“, beteuert Simak. Anders als beim Tafelobst sei der Anteil der für die industrielle Verarbeitung produzierten Äpfel jedoch verschwindend gering. Tatsächlich kann sich Österreich mit seinen 7.700 Hektar Intensivobstanlagen und einer Jahresproduktion von zuletzt 140.000 Tonnen Tafeläpfeln zu 90 Prozent selbst versorgen. Konkrete Aufzeichnungen zu der für die Saftproduktion prädestinierten Streuobstflächen und vor allem deren Produktivität sucht man jedoch trotz intensiver Recherche vergeblich.

Von Kostendeckung “Welten entfernt”

Der Grund, warum diese kaum Beachtung finden, liege laut Branchenobmann Kohlfürst auf der Hand: „Wir hatten in den vergangenen Jahren Pressobstpreise von 2 bis 3 Cent. Das reicht nicht einmal für die Deckung unserer Erntekosten.“ Zwar sei heuer der Preis mit 20 Cent und mehr „etwas zufriedenstellender“. Für mehr Produktion bräuchte es jedoch mehr Sicherheit für die Erzeuger, so Kohlfürst. Dann wäre die Branche auch bereit, auch in Intensivobstanlagen Verarbeitungsobst zu produzieren, ist er überzeugt.

Kohlfürst: „Pressobstpreise von 2 bis 3 Cent reichen nicht einmal für die Deckung unserer Erntekosten.“

Derzeit sei man davon „Welten entfernt“, klagt der Obmann. Deshalb fordert er – mit Unterstützung der LK Östereich – zumindest mehr Transparenz für Verbraucher ein. „Die Konsumenten wollen Wahlfreiheit, um entscheiden zu können, was sie essen und trinken. Ein rotweißrotes Konsumbekenntnis muss auch in diesem Bereich möglich werden“, meinte LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger in einer gemeinsamen Aussendung mit dem ÖBOG.

- Bildquellen -

  • Grafik Storecheck: ÖBOG/LK
  • Fallobst: agrarfoto.com
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AUTORClemens Wieltsch
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