Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.
Laufend lässt die EU mittels „Eurobarometer“ erheben, was Europas Bürger über sie denken. So zuletzt im März und April. Diesmal wurde auch gezielt erhoben, welche wirtschaftlichen Folgen die Pandemie auf die Menschen hatte und wie sie die EU-Maßnahmen zur Bekämpfung der Gesundheitskrise beurteilen. Dass sich die EU-27 bei der gemeinsamen Beschaffung und späteren Verteilung der Impfstoffe keine Lorbeeren verdient haben, ist bekannt. So zeigen sich nur 48 % der Europäer (Österreich 53 %) mit dem Pandemiemanagement aus Brüssel zufrieden. Immerhin 74 % würden der EU dafür mehr Kompetenzen einräumen (Österreich nur 61 %). Interessantes Detail: Nicht einmal jeder dritte Europäer (31 %) gibt an, die Pandemie bisher negativ in seiner Brieftasche gespürt zu haben. Unsicherheit, Frust und (kaum) Hoffnung waren trotzdem dominante Schlagworte bei der Befragung nach teils monatelangen Lockdowns quer durch die Union. Laut einer Mehrheit von 58 % (Österreich: 56 %) waren die positiven Auswirkungen der gesetzten Maßnahmen aber größer als der wirtschaftliche Schaden.
In Österreich sollte die Umfrage dennoch aufrütteln. Denn generell sehen hierzulande nur 34 % die EU positiv, 27 % lehnen sie ab. Wir sind EU-Schlusslicht, anders als das derzeitige Ratsvorsitzland Portugal: Dort haben 84 % einen guten Eindruck von der EU und bloß 2 % einen schlechten. An der anhaltenden EU-Vertrauenskrise tragen alle Parteien im Land mit Schuld. Brüssel dient ihnen gerne als Reibebaum, auch der „Europapartei ÖVP“. Manchmal zu Recht – aber bei Weitem nicht immer.