Unter dem Vorsitz von Landeshauptmann Günther Platter und auf Initiative von LHStv. Josef Geisler verstärkt die Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer (Arge Alp) ihre Aktivitäten zum Schutz der Almwirtschaft. Am Donnerstag, dem 10. März, tagen die Agrarreferenten der Arge Alp in Innsbruck. Mit konkreten Maßnahmen zielen die Agrarreferenten auf ein länderübergreifendes Wolfsmanagement ab.
„Wenn wir der Entwicklung der großen Beutegreifer nichts entgegensetzen, haben wir im alpinen Raum ein Problem. Aber das Wolfsthema ist keines, das eine Region oder ein Land alleine lösen kann. Wir müssen hier gemeinsam vorgehen. Denn von der EU kommt keine Schützenhilfe“, begründet Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler seinen Vorstoß in der Arge Alp. Zentrale Punkte des Aktionsplans der Agrarreferenten sind die länderübergreifende Betrachtung des Erhaltungszustandes und ein abgestimmtes Monitoring. Damit will man zu einem gemeinsamen Wolfsmanagement im Alpenraum kommen. Das Wissen um die Population ist die Basis für die Regulierung Wolfbestände.
Grenzüberschreitende
Betrachtung der Population
Geradezu gebetsmühlenartig wiederholt Brüssel, dass eine Entnahme von Wölfen zur Verhütung ernster Schäden ja möglich sei, wenn es erstens keine anderweitige zufriedenstellende Lösung, sprich Herdenschutz, gibt und zweitens der günstige Erhaltungszustand nicht beeinträchtigt wird. Und dieser „günstige Erhaltungszustand“ muss jeweils auf nationaler Ebene gegeben sein.
„Die EU zieht hier Grenzen, wo für die Großraubtiere und insbesondere für den Wolf keine sind. Wir wollen eine grenzüberschreitende Betrachtung des Erhaltungszustandes unter Berücksichtigung des Nicht-EU-Mitglieds Schweiz und eine vernünftige Regulierung der Großraubtiere in der Arge Alp. Denn Fakt ist: Der Wolf ist in Europa und auch im Alpenraum nicht von Aussterben bedroht“, verdeutlicht Geisler.
Dass Herdenschutz als ‚gelinderes Mittel‘ – wenn überhaupt – nur sehr eingeschränkt infrage kommt, um Schaden abzuwenden, zeigt das Land Tirol unter anderem mit den laufenden Herdenschutz-Pilotprojekten.
Agrarreferenten nehmen
Heft in die Hand
Wiederholt haben die Regierungschefs der Alpenländer Resolutionen etwa zur „Regulierung der Wolfspopulation im Alpenraum“ oder zur „Gefährdung der traditionellen Almwirtschaft durch die Rückkehr des Wolfes“ verabschiedet. Auch der Ausschuss der Regionen hat bereits mehrfach Stellungnahmen zum Thema große Beutegreifer abgegeben. „Die Agrarreferenten nehmen das Heft in die Hand und geben nun die Initialzündung für die Umsetzung dieser Beschlüsse“, so Geisler.
Konkret sollen bereits im heurigen Jahr die DNA-Proben von Wölfen, die in einem Land bereits individuelle bestimmt wurden, unter den Ländern ausgetauscht werden.
„Wenn wir wissen, der Wolf XY hat jenseits der Grenze bereits Schaden gestiftet oder ist gar Menschen zu nahegekommen, können wir schneller reagieren und besser argumentieren. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ein Abschussbescheid rechtskräftig wird“, erklärt LHStv. Geisler.
Einheitliche genetische
Untersuchungsmethoden
Derzeit werden die genetischen Untersuchungen in den zehn Mitgliedsländern der Arge Alp von vier verschiedenen Laboren mit unterschiedlichen Methoden durchgeführt. Zwischen Bayern, Tirol, Salzburg und Vorarlberg ist ein Datenabgleich bereits jetzt möglich und wird auch gemacht.
„Mit dem Südtiroler Amtskollegen Arnold Schuler haben wir einen wechselseitigen Austausch der DNA-Proben für das heurige Jahr bereits vorab vereinbart. Ich gehe davon aus, dass sich weitere Mitgliedsländer an diesem Projekt beteiligen“, sieht LHStv. Geisler einen kurzfristigen Nutzen. Mittel- bis langfristig sollen die genetischen Untersuchungsmethoden vereinheitlicht werden. Ein Konzept dazu wird im Auftrag von Tirol, Salzburg und Vorarlberg von der Veterinärmedizinischen Universität Wien ausgearbeitet.
Um eine gemeinsame Datengrundlage nicht nur zur Entwicklung der Populationen großer Beutegreifer, sondern auch zu den mit der Präsenz von Großraubtieren verbundenen Auswirkungen auf die Berglandwirtschaft und die Almwirtschaft zu erhalten, wollen die Agrarreferenten der Alpenländer die diesbezüglichen Daten jährlich austauschen und abgleichen. In Vorbereitung auf die Tagung der Agrarreferenten der Arge Alp unter Tiroler Vorsitz wurden diese Daten zum ersten Mal erhoben (siehe Infobox unten).
Allianz für die Almwirtschaft,
jeder kann Beitrag leisten
„Wir schmieden Allianzen im Alpenraum. Mit der Fachtagung der Agrarreferenten kommen wir auf der Ebene der Arge Alp ins Tun. Wir haben auch schon lange den EU-Umweltkommissar eingeladen, damit er sich einmal ein realistisches Bild von einer Tiroler Hochalm machen kann“, zeigt Bauernbundobmann Josef Geisler die Aktivitäten Tirols auf den verschiedenen Ebenen auf. „Schlussendlich muss es uns gemeinsam gelingen, die Erhaltung der Almwirtschaft und die Regulierung der Großraubtiere zu einem gesamtgesellschaftlichen Anliegen machen. Dazu kann jede und jeder einen Beitrag leisten.“
Die Almwirtschaft und der Wolf in den Arge-Alp-Ländern
Um einen ersten Überblick über die Almwirtschaft und die Wolfspopulation in den Mitgliedsländern der Arge Alp zu bekommen, wurde im Vorfeld der Tagung der Arge-Alp-Agrarreferenten von Tirol eine Erhebung durchgeführt. Alle Länder mit Ausnahme der Lombardei haben sich daran beteiligt. Der Datenaustausch soll in Zukunft jährlich nach einheitlichen Kriterien stattfinden, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Hier die ersten Ergebnisse (ohne Lombardei) für das Jahr 2021:
- Gealpte Schafe und Ziegen: 300.000 (davon ein Viertel in Tirol)
- Wolfspopulation: 38 Rudel und 298 Individuen; keine Rudel in Tirol, Salzburg, Vorarlberg
- Ausgaben für Herdenschutz: 6 Millionen Euro (davon 750.000 Euro in Tirol)
- Entschädigte Nutztiere: 1.900 Tiere mit 650.000 Euro
In allen Ländern der Arge Alp gibt es eine kontinuierliche Präsenz von Wölfen. Die Anzahl der Rudel und Individuen ist stark steigend. Auch die Schäden nehmen zu.
Die Anzahl der aufgetriebenen Schafe und Ziegen war in den vergangenen drei Jahren mit regionalen Unterschieden gleichbleibend bis leicht rückläufig. Die Ausgaben für Herdenschutz (Angaben nur sehr bedingt vergleichbar) steigen stark.
Über die Arge Alp
Die Arge Alp wurde vor 50 Jahren in Mösern auf Initiative von Landeshauptmann Eduard Wallnöfer gegründet. Der Arbeitsgemeinschaft gehören die Länder Tirol, Vorarlberg und Salzburg, der Freistaat Bayern, die Autonomen Provinzen Bozen und Trient, die Lombardei sowie die Schweizer Kantone Graubünden, St. Gallen und Tessin an.
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