Routinemäßiges Kupieren von Schwänzen bei Schweinen ist EU-weit verboten. Wer den Eingriff dennoch durchführen will bzw. kupierte Tiere halten will, muss überprüfen, ob eine Unerlässlichkeit vorliegt. Die Feststellung der Unerlässlichkeit obliegt dem Tierhalter, wobei hier unter dem Titel „Aktionsplan Schwanzkupieren“ eine gesetzlich festgelegte Vorgangsweise einzuhalten ist.

Verletzungen erheben und Risiko analysieren

Demnach hat jeder Schweinehalter jährlich folgende Maßnahmen zu setzen:
• Erhebung der Häufigkeit von Schwanz- und Ohrenverletzungen je Tierkategorie
• Durchführung einer Risikoanalyse
• Abgabe einer Tierhaltererklärung

Die Erhebung von Schwanz- und Ohrenverletzungen kann auf zwei Arten erfolgen – entweder über eine laufende Erfassung oder an zwei Stichtagen während eines Kalenderjahres.
Bei der laufenden Erfassung wird die Anzahl der verletzten Tiere in Relation zur Grundgesamtheit einer Tierkategorie gesetzt (abgesetzte Ferkel, verkaufte Ferkel, verkaufte Mastschweine, verkaufte Jungsauen, jeweils in den letzten zwölf Monaten).
Bei der Stichtagserhebung werden an jährlich zwei frei wählbaren Stichtagen die verletzten Tiere je Tierkategorie in einer geschlossenen Einheit (Abferkelkammer, Ferkelaufzuchtkammer, Mastabteil) erhoben und in Relation zu den insgesamt vorhandenen Tieren in dieser geschlossenen Einheit gesetzt. Als Tierkategorien gelten: Saugferkel, Absetzferkel, Mastschweine sowie Jung­sauen/Jungeber.
Bei beiden Erhebungsmethoden (laufend oder nach Stichtagen) muss am Ende des Jahres die Häufigkeit von Verletzungen je Tierkategorie in Prozent vorliegen.

Risikoanalyse für jede Tierkategorie

Die Risikoanalyse ist für jede Tierkategorie (Saugferkel, Absetzferkel, Mastschweine, Jungsauen/Jungeber) einmal im Jahr als Eigen­evaluierung durchzuführen. Dazu stehen standardisierte Erhebungsbögen zur Verfügung.
Der Tierhalter hat konkret anhand der betrieblichen Situation in sieben Kapiteln die Einflussfaktoren für das Auftreten von Ohren- und Schwanzverletzungen zu evaluieren. Bei den meisten gestellten Fragen gibt es ein Angebot von Antworten. Die zutreffende Antwort ist jeweils anzukreuzen. In den Antwortfeldern sind häufig die Buchstaben „A“ und „E“ zu finden. Das bedeutet, dass sich die Fragestellung auf die jüngeren (A) bzw. älteren (E) Tiere dieser Kategorie bezieht.
Am Ende jedes der sieben Einflusskapitel werden Maßnahmen zur Optimierung des betreffenden Bereiches abgefragt. Gerade bei diesem Punkt sollte man sich genügend Zeit nehmen, um die eigene Evaluierung kritisch zu hinterfragen. Wertvolle Ratschläge zu Optimierungsmaßnahmen gibt auch eine als Beratungsunterlage erstellte
Leitlinie Risikoanalyse“, die online erhältlich ist. Die gewählten Optimierungsmaßnahmen sind in der Tierhaltererklärung zu vermerken. Bitte beachten: Der Einflussfaktor Stallklima ist im Sommer und Winter zu evaluieren.

Anmerkung: Auch wer ausschließlich unkupierte Tiere hält, hat jährlich die Häufigkeit von Schwanz- und Ohrverletzungen zu erheben und eine Tierhaltererklärung abzugeben. Die Risikoanalyse entfällt in diesem Fall.

Tierhaltererklärung bis 31. März 2024

Die Ergebnisse der Erhebung und der Risikoanalyse sind mittels Tierhaltererklärung zu dokumentieren. Die geforderten Inhalte sind neben den betrieblichen Stammdaten die Ergebnisse der Verletzungserhebung (in Prozent je Tierkategorie), die gewählte Optimierungsmaßnahme und die Bestätigung der Unerlässlichkeit (siehe Kasten „Unerlässlichkeit“).
Die Tierhaltererklärung ist je LFBIS-Nummer jährlich zu erstellen und bis spätestens 31. März des Folgejahres abzugeben – für das laufende Jahr 2023 endet die Abgabefrist somit am 31. März 2024.
Die Abgabe der notwendigen Daten erfolgt elektronisch im Verbrauchergesundheits-Informations-System (VIS) über ein Online-Dokument. Ob es darüber hinaus andere Meldewege (Fax, Post) geben wird, steht derzeit noch nicht fest. Die Tierhaltererklärung muss bei Behördenkontrollen am Betrieb als „bestätigt abgegeben“ aufliegen. Zur Vorgangsweise und Durchführung der einzelnen Schritte im Rahmen des Aktionsplans Schwanzkupieren stellen Beratung und Erzeugergemeinschaften umfangreiche Informationen zur Verfügung.

Unerlässlichkeit ab zwei Prozent Verletzungen

Die Unerlässlichkeit des Schwanzkupierens liegt vor, wenn die Häufigkeit von Verletzungen in zumindest einer Tierkategorie des eigenen Betriebes bei mindestens 2,00 Prozent liegt. Sie liegt weiters auch vor, wenn die Unerlässlichkeit von involvierten Fremdbetrieben über dementsprechende Tierhaltererklärungen dargelegt wird. Diese Darlegung der Unerlässlichkeit von Fremdbetrieben wird zukünftig von den Ferkel-Erzeugergemeinschaften als Service für die Ferkelerzeuger und Schweinemäster angeboten. Die notwendige Dokumentation erfolgt dabei über Rechnungen, Gutschriften und Lieferscheine.

www.tierschutzkonform.at

- Bildquellen -

  • 2347 W01 Schwanz Kupieren: agrarfoto.com
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AUTORDI Johann Stinglmayr, Leiter des Kompetenzzentrums Schweineproduktion OÖ, Wels
QuelleH.M.
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