Das Agrarkapitel im Arbeitsprogramm der neuen Bundesregierung trage klar die Handschrift der bäuerlichen Interessenvertretung. „Nach sehr intensiven Verhandlungen mit den Grünen sieht es in wesentlichen Punkten die Entlastung der bäuerlichen Familienbetriebe vor. Vor Agrarjournalisten betonten Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, Bauernbund-Präsident Georg Strasser und LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger: „Wir sichern die GAP-Mittel, gleichen mögliche Kürzungen national aus, dämmen überbordende Bürokratie im Agrarbereich ein, geben heimischen Produkten den Vorrang und führen auch eine transparente sowie einfache Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel ein. Wir setzen außerdem auf aktive Forstwirtschaft als Standortfaktor und forcieren Holz als klimafreundlichen Baustoff.”
Die Verhandlungen mit den Grünen seien herausfordernd gewesen. „Ziel war es allerdings nicht, Minimalkompromisse in agrarischen Fragen zu erzielen, sondern den größten gemeinsamen Nenner zu suchen, in dem jeder Partner seine Themenfelder wiederfindet”, berichtete Köstinger.
Im steuerlichen Bereich soll das bereits in der ÖVP-FPÖ-Koalition geschnürte Maßnahmenpaket im Umfang von 120 Mio. Euro von der neuen Regierung konsequent umgesetzt werden. Ein erster Entlastungschritt der bäuerlichen Familienbetriebe im Wert von etwa 50 Mio. Euro wurde schon im September 2019 im Nationalrat beschlossen.
Weitere Schritte zur steuerlichen Entlastung sollen laut Köstinger unter anderem durch die Anhebung der Umsatzgrenze für landwirtschaftliche Nebentätigkeit auf 40.000 Euro, die Streichung der Einheitswertgrenze und die Anhebung der Umsatzgrenze für die buchführungspflichtigen Betriebe sowie durch die Einführung einer steuerlichen Risikoausgleichsmaßnahme zur besseren Absicherung der Landwirte gegen Preis- und Ertragsschwankungen erfolgen. Vorgesehen ist weiters die Absenkung des Anrechnungsprozentsatzes beim fiktiven Ausgedinge von 13 auf 10%. Geplant ist außerdem die Streichung der Schaumweinsteuer.
Das Regierungsprogramm sieht auch eine Harmonisierung im Bereich der bäuerlichen Krankenversicherung im Hinblick auf die Fusion mit der SVA zur SVS vor. Geplant ist zudem die Erhöhung der Pensionsversicherungs-Beitragsgrundlage für hauptberuflich am Hof beschäftigte Kinder bis zum 27. Lebensjahr.
Auch wurde mit den Grünen vereinbart, dass die GAP-Mittel für Österreich im mehrjährigen Finanzrahmen der EU von 2021 bis 2027 mindestens auf dem bisherigen Niveau bleiben sollen, insbesondere für die Ländliche Entwicklung. Im Falle einer Kürzung von EU-Mitteln soll es einen nationalen Ausgleich geben”, erklärte Köstinger.
“Die Absicherung der Existenzen unserer Familienbetriebe war aus Sicht des Bauernbundes das wichtigste Ziel bei den Regierungsverhandlungen”, berichtete Strasser. Dies habe man im Arbeitsprogramm verankern können.
Der Klimaschutz solle in der Landwirtschaft künftig stärker verankert werden. Das Thema müsse allerdings umfassend gesehen werden und betreffe zum Beispiel auch internationale Handelsabkommen wie etwa jenes mit den Mercosur-Ländern. “Wir sagen Ja zum Freihandel, wenn es faire Regeln gibt. Wir lehnen aber Billigimporte, die unter klimafeindlichen Bedingungen erzeugt wurden und unsere österreichischen Produzenten gefährden, klar ab. Daher war es uns wichtig, dass auch die Verteidigung unserer hohen Tierschutz- und Umweltstandards im Regierungsprogramm festgehalten ist”, so Strasser. Begrüßenswert sei auch, dass es zusätzliche finanzielle Anreize für die Umstellung auf besonders tierfreundliche Tierhaltungssysteme geben werde.
Zu den besonders sensiblen Fragen wie Ferkelkastration und Spaltenböden habe man praktikable Lösungsansätze gefunden. Besonders hervorzuheben sei im Arbeitsprogramm das klare Bekenntnis zum konventionellen Pflanzenschutz und zur heimischen Eiweißstrategie im Zusammenhang mit der GVO-Freiheit.
In den Regierungsverhandlungen sei den Bauernvertretern viel gelungen, so Josef Moosbrugger: „Unser Grundsatz dabei lautete: Nur Praktikables ist Diskutables. Wir haben klargestellt, dass die Landwirtschaft auch in Zukunft ihrem Produktionsauftrag nachkommen will und die Ernährungssicherheit in Bezug auf Qualität und Menge ein staatspolitisches Ziel sein muss.“
Das Regierungsprogramm enthalte weiters wichtige Maßnahmen im Bereich der Forstwirtschaft. Vorgesehen sei in der Koalitionsvereinbarung unter anderem die Stärkung der aktiven, nachhaltigen Waldbewirtschaftung, die vollständige Umsetzung des “Aktionsprogramms Schutzwald” bis 2024, die Unterstützung der standortgemäßen Wiederaufforstung und die Pflege nach wetter- und klimabedingten Kalamitäten. Außerdem solle der klimafreundliche Rohstoff Holz im Rahmen einer Holzbauoffensive forciert werden, insbesondere in Bundesgebäuden.
AIZ
- Bildquellen -
- Strasser, Köstinger Und Moosbrugger: BMNT/Paul Gruber