Büchste statt Flinte, so kann man den Unterschied zwischen bestandsspezifischen Impfstoffen und Breitbandmedikamenten auf den Punkt bringen. Um gezielt die in einem Tierbestand vorkommenden Krankheitserreger auszuschalten, bietet die Österreichische Agentur für Gesundheits- und Ernährungssicherheit (Ages) nun Impfstoffe an, die unter Verwendung eines aus einem bestimmten Bestand oder von einem Tier isolierten Krankheitserregers (Viren, Bakterien wie Mycoplasma spp., Pilze) hergestellt wurden. Der jeweilige Impfstoff kann dann nur nur in diesem Bestand oder an diesem Tier angewendet werden. Vorgestellt wurde die neue Dienstleistung im Rahmen einer Pressekonferenz am 10. September anlässlich der Rieder Messe.
Resistenzen vermeiden
Ages Geschäftsführer Dr. Anton Reinl sieht in dieser Form einer zielgerichteten Impfprophylaxe den großen Vorteil, dass man den Einsatz von Antibiotika weiter reduzieren bzw. auch Antibiotika-Resistenzen besser vorbeugen könne. Reinl: „Wir wollen den Antibiotika-Einsatz im Veterinärbereich weiter reduzieren und die Resistenzsituation in Österreich verbessern.“
Bei allen Tierarten einsetzbar
Produziert werden die bestandsspezifischen Impfstoffe und Autovakzine am Ages Standort Mödling. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Schmoll, Geschäftsfeldleiter Tiergesundheit der Ages Mödling, erläuterte dazu, dass die Impfstoffe für den jeweiligen Betrieb bzw. die jeweiligen Tiere maßgeschneidert seien. Es sei damit möglich, das aktuelle Keimspektrum des jeweiligen Betriebes abzudecken. Die Impfstoffe können in der Folge zur gezielten Prophylaxe bei Rind, Schwein, Geflügel, Ziegen, Schafen, Fischen und anderen Tierarten eingesetzt werden. Auch bei Heimtieren sei der Einsatz möglich. Bestandsspezifische Vakzine seien inaktivierte Impfstoffe, keine Lebendimpfstoffe, so Schmoll.
EU-Grüne wollen Antibiotikaverbot
In Österreich werden in der Humanmedizin jährlich rund 70 Tonnen, in der Veterinärmedizin rund 44 Tonnen Antibiotika eingesetzt. Die bei Mensch und Tier verwendeten Wirkstoffe sind dabei zum Teil identisch bzw. strukturell verwandt. Dies kann zu einer unerwünschten Selektion von resistenten Bakterien führen. Derzeit wird in diesem Zusammenhang auf EU-Ebene ein Verbot bestimmter Reserveantibiotika in der Tierhaltung bzw. der Reservierung dieser Antibiotika für humane Anwendungen diskutiert. Der Entschließungsantrag des Grünen EU-Abgeordneten Martin Häusling sieht das Verbot von fünf Wirkstoffen in der Tierhaltung vor. Derzeit stehen in Summe noch 35 antibiotische Reservewirkstoffe zur Verfügung. Der Antrag soll Mitte September im EU-Parlament zur Abstimmung kommen. Die Tierärzteschaft in der EU, einschließlich der österreichischen Tierärztekammer, spricht sich jedoch strikt gegen die geplanten Regeln aus.
Österreich ist Reduktions-Vorreiter
In Österreich ist eine strikte Reduktion des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung bereits Tatsache. Im Geflügelbereich wurden die Verbrauchsmengen seit 2011 um die Hälfte auf jährlich 2,4 Tonnen reduziert. „Eine Erfolgsgeschichte“, so Dr. Burkhard Springer, Leiter des Ages-Referenzlabors Antibiotikaresistenzen. Im Schweinebereich, so Springer, sei die Situation allerdings seit Jahren weitgehend unverändert. Rund drei Viertel des Antibiotikaverbrauchs im Veterinärsektor fielen im Mehrjahresschnitt auf die Schweineproduktion. Durch den zielgerichteten Einsatz bestandsspezifischer Impfstoffe und Autovakzinen könne der Medikamenten- und Antibiotikaverbrauch reduziert bzw. ganz weggelassen werden. Eine Resistenz- und Rückstandsproblematik sowie Wartezeiten seien nicht gegeben.
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