Sofern der Ab-Hof-Verkauf nicht unter Gewerberecht fällt, müssen Bauern keine Öffnungszeiten einhalten.

Eigentlich klingt alles nach einem Erfolgsmodell. Bereits seit 2019 betreibt die „myAcker GmbH“ in Kärnten – nebst einem ausgeklügelten Selbsterntefeld – auch fünf Containershops, in denen regionale Lebensmittel feilgeboten werden. Für zwei der sogenannten „Ackerboxen“ flatterte den Unternehmern in Österreichs Süden jedoch eine Strafe der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau ins Haus.

Hoffer: „Verstöße gegen die Offenhaltebestimmungen und das Arbeitszeitrecht sind verwaltungsrechtlich strafbar.“

Der Grund: Die Container verstoßen gegen das Öffnungszeitengesetz, welches eine Gesamtoffenhaltezeit von 72 Wochenstunden vorsieht. Eine Beschwerde der „myAcker GmbH“ wurde vom Landesverwaltungsgericht abgewiesen, der Verfassungsgerichtshof in Wien war am Zug. Dieser hatte auch verfassungsrechtlich keine Bedenken, die geforderte Einhaltung des Öffnungszeitengesetzes umzusetzen. Nun liegt der Fall beim Verwaltungsgerichtshof als höchste Instanz auf. Dieser wird nun über das Schicksal der „Ackerboxen“ entscheiden.

Verwaltungsstrafen drohen

„Die jüngste Entscheidung des VfGH stimmt weitgehend mit unserer bisherigen Auslegung der Rechtslage überein“, kommentiert Wolfgang Hoffer vom Bundesgremium für Lebensmittelhandel in der Wirtschaftskammer Österreich den Fall. Demnach würden Öffnungszeiten nur bei Automaten nicht schlagend, wo der Kunde zuerst das Geld einwirft und dann die Ware erhält – nicht umgekehrt. Das bloße Fehlen von Personal heble gültiges Recht nicht aus. „Verstöße gegen die Offenhaltebestimmungen und das Arbeitszeitrecht sind verwaltungsrechtlich strafbar und können darüber hinaus zu Wettbewerbsklagen führen“, weist Hoffer auf die Konsequenzen einer Nichteinhaltung hin.

Direktvermarktung ausgenommen

Für Direktvermarkter hat der Rechtsstreit im Süden keine unmittelbaren Auswirkungen, wie Martina Ortner, Fachreferentin für Direktvermarktung in der LK Österreich, erklärt: „Landwirte sind vom Gewerberecht ausgenommen, auch bei den Öffnungszeiten ihrer Direktvermarktung.“ Tatsächlich ist jeder Land- und Forstwirt ohne besondere Bewilligung berechtigt, seine selbst erzeugten Urprodukte oder daraus hergestellte be- und verarbeitete Waren zu vermarkten und das rund um die Uhr. „Schließlich hält sich auch die Ernte nicht an Sonn- und Feiertage“, so Ortner.

Dies trifft auch für den Verkauf in Hofläden, Selbstbedienungshütten und Automaten sowie die Zulieferung an einen anderen Selbstbedienungsladenbetreiber zu. „Sobald neben den eigenen auch externe Produkte auf eigenen Namen und eigene Rechnung vermarktet werden, fällt man aber auch als Bauer unter Gewerberecht“, weiß die Direktvermarktungsexpertin. Dann werden auch für Direktvermarkter alle Auflagen für Gewerbetreibende schlagend. Darunter auch das Öffnungszeitengesetz, welches an Werktagen nur Offenhaltezeiten von 6 bis 21 Uhr und an Samstagen von 6 bis 18 Uhr erlaubt. Für Sonn- und Feiertage gelten regionale Ausnahmen.

Rahmenbedingungen festlegen

Jenen Bauern, die gemeinsam einen Selbstbedienungsladen betreiben, rät Ortner zu Kooperationen. Bei nur wenigen Beteiligten genügen oft schon Verträge, welche die gemeinsame Verkaufstätigkeit, insbesondere die Verteilung der Kosten klar regeln. „Für den Kunden muss jedenfalls ersichtlich sein, von welchem Betrieb die gekauften Produkte stammen“, hält sie fest. Solange dies gewährleistet sei, sei auch die gemeinsame Bezahlung für Erzeugnisse verschiedener Höfe kein Fall für das Gewerberecht.

Für die Ab-Hof-Expertin hat sich die Vermarktungsform Selbstbedienungsladen auf bäuerlichen Betrieben im Übrigen längst etabliert. „Sie bestehen jetzt seit mehreren Jahren und uns erreichen diesbezüglich kaum Beschwerden oder Anfragen“, berichtet Martina Ortner. Branchenkenner Hoffer kann dem Rechtsstreit auch etwas Positives abgewinnen: „Nun liegt eine klare Entscheidung vor, an der sich Direktvermarkter und Händler zukünftig orientieren können.“ Die „myAcker GmbH“ stand der BauernZeitung bedauerlicherweise trotz mehrfacher Anfrage für kein Gespräch zur Darlegung ihres Standpunktes zur Verfügung.

Broschüre zu Rechtsaspekten in der Direktvermarktung

- Bildquellen -

  • Hofladen: agrarfoto.com
- Werbung -
AUTORClemens Wieltsch
Vorheriger ArtikelGlocke für den Frieden
Nächster ArtikelGerste, Weizen, Durum – die besten Sorten zum Frühjahrsanbau ’24