Rund drei Viertel der inländischen Weinproduktion werden in Österreich selbst abgesetzt. Dabei lassen sich 58 % des heimischen Wein-Gesamtkonsums, also 137 Mio. Liter, der Gastronomie und Events zuordnen (Stand: 2019). Mit der Schließung der Gastronomie ab Mitte März brach somit für zwei Monate der wichtigste heimische Wein-Absatzmittler weg. Zum besseren Verständnis der Größenordnung: Heruntergebrochen auf den Zeitraum der Gastro-Schließung von Mitte März bis Mitte Mai fanden somit schätzungsweise über 23 Mio. Liter Wein keinen Absatz – eine gewaltige Summe, deren Verlust auch nicht mehr wettzumachen sein wird.
Per 15. Mai durfte Österreichs Gastronomie wieder öffnen. Für eine Einschätzung des Weinkonsums seither ist es noch zu früh, jedoch weisen Rückmeldungen von Gastronomen und Sommeliers darauf hin, dass die zurückkehrenden Gäste in ihrer Hinwendung zum heimischen Wein nicht nachlassen, sondern eher noch patriotischer bestellen. Die Preissensibilität variiert: Während Gäste mancher Lokale ihren Wein ökonomischer als vor der vorübergehenden Schließung auswählen, greifen jene anderer Lokale hochwertiger zu. Flexibilität bei der Weinbegleitung, eine aktive, auch glasweise Empfehlung heimischer Weine und der Hinweis auf ihr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis unterstützen die Gäste in ihrer Auswahl sowie Preisbereitschaft. Mit Sehnsucht erwartet wird jedenfalls die Ausweitung der Sperrstunden-Regelung ab 15. Juni auf 1 Uhr.
Export: Steigerung bis März, seither unklare Situation
Die Wein-Exporte, die in den letzten Jahren stetig nach oben zeigten, wiesen laut ersten Zahlen der Statistik Austria auch in den ersten drei Monaten dieses Jahres eine positive Tendenz auf: Bis Ende März stieg die Exportmenge zum Vergleichszeitraum des Vorjahres um 7,5 %, während der Umsatz um 6 % zulegte. EU-Länder und Drittstaaten trieben die Exporte gleichermaßen an.
Mit der globalen Ausbreitung der Corona-Pandemie änderten sich die Voraussetzungen für die Weinausfuhr grundlegend. Für valide Vorhersagen ist es jedenfalls noch zu früh, zu vielfältig und komplex ist die Situation in den über hundert Ländern, in die Österreichs Weine inzwischen exportiert werden. Rückmeldungen von Winzern zeichnen je nach Exportland und Absatzkanal ein sehr unterschiedliches Bild. Pau Roca, Generaldirektor der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV), ging Ende April allerdings von einem globalen Rückgang im Weinkonsum, einem Sinken der Durchschnittspreise und folglich einem Sinken der Verkaufserlöse und Profite für die Weingüter aus. Wie sich diese Einschätzungen auf Österreichs Weinexporte in ihren unterschiedlichen Absatzkanälen und Preiskategorien auswirken werden, wird sich noch zeigen.
Absatz im Handel steigt
Mit der Schließung der Gastronomie in Österreich war der Weinverkauf nur noch eingeschränkt über die Handelskanäle (Ab Hof, LEH, Fachhandel) möglich. Um einen Einblick in die Entwicklung der Handelssparten während der Lockdown-Phase im März und April zu erhalten, holte die ÖWM beim Marktforschungsinstitut GfK erste entsprechende Daten ein. Dabei zeichnen sich einige positive Tendenzen ab: Die 2.800 befragten repräsentativen Privathaushalte gaben an, im Verhältnis zum Vergleichszeitraum des Vorjahres fast 17 % mehr Wein im Handel gekauft und dafür 12 % mehr ausgegeben zu haben. Zudem stieg die Frequenz der Wein-Einkäufe ebenso wie die Menge des gekauften Weins pro Einkauf.
Ab Hof-Verkauf stabil
Erfreulicherweise blieb die Anzahl der Haushalte, die ihren Wein ab Hof einkauften, im Vergleich zum Vorjahr laut eigenen Angaben stabil. Erwartungsgemäß sorgte der Corona-Lockdown für Steigerungen beim Lebensmitteleinzelhandel, im Vergleich zu März/April des Vorjahres gaben 7 % mehr Haushalte an, dort Wein eingekauft zu haben.
Besonders profitiert zu haben scheint dabei der österreichische Wein mit einem Absatzzuwachs von über 25 %. Im Vergleich: Der Absatz ausländischer Weine sank im selben Zeitraum um knapp 2 %. Sehr bemerkenswert ist die Absatzsteigerung der Produktgruppe von heimischem Rot- und Roséwein um fast 51 %, während der Weißwein um mehr als 14 % zulegte.
Wermutstropfen: Zwar weisen auch die Umsatzzahlen laut Angaben der Haushalte nach oben, jedoch in geringerem Ausmaß als der Absatz. Im Vergleich zu den 25 % Absatzzuwachs von österreichischen Weinen lässt der Umsatzzuwachs von 12 % (vgl.: 10 % beim ausländischen Wein) vermuten, dass sich die zusätzlich abgesetzten Mengen in niedrigeren Preissegmenten befanden. Ein sinkender Durchschnittspreis war die Folge. Dabei hinkte besonders die Umsatzsteigerung des Rot- und Roséweins mit über 14 % hinter seinen Absatzzuwächsen hinterher, während der Umsatz des Weißweins mit knapp 11 % nur geringfügig schwächer wuchs als sein Absatz.
- Bildquellen -
- Oewm Griesch: ÖWM/Griesch