Das Beste und Gesündeste für Mensch und Vieh ist es, den Hund daheim zu lassen“, sagt Johann Feßl, Obmann des Oberösterreichischen Almvereins.
Einen Rat, den eine 66-jährige Wanderin und ihre zwei Freundinnen besser beherzigt hätten. Das Trio war zu Christi Himmelfahrt in Reichraming in der Nähe der Hohen Dirn mit einem Dackel unterwegs. Als die Wandersleute einen Forstweg passierten, der durch eine eingezäunte und mit Warnschildern versehene Weide mit 13 grasenden Milchkühen führte,
ereignete sich das Unglück. Aufgeschreckt durch den Hund dürften die Kühe einen Satz zurückgemacht haben, wodurch eine der drei vorbeigehenden Wanderinnen aus Dietach zu Fall kam. Unglücklicherweise trat eine der Kühe auf die am Boden liegende Frau und fügte ihr dadurch schwere Verletzungen im Bereich des Oberschenkels und Knies zu, sodass sie mit dem Rettungshubschrauber in das Krankenhaus nach Steyr gebracht werden musste.
Nach den Ereignissen und richterlichen Entscheidungen des vergangenen Jahres, ein gefundenes Fressen für die Medien. Aus einer Verkettung unglücklicher Umstände entstand so schnell eine „Kuh-Attacke“.
OGH bestätigt „Kuh-Urteil“
Erst vor kurzem, Ende April, ging ein fast sechs Jahre andauernder Rechtsstreit zwischen einem Pinnistaler Landwirt und den Hinterbliebenen einer infolge eines Kuhangriffs verstorbenen Hundehalterin zu Ende. In dritter und letzter Instanz stellte der Oberste Gerichtshof (OGH) eine Teilschuld des Bauern, als auch der Wanderin fest. Bis dahin hatte das vieldiskutierte „Kuh-Urteil“ jedoch für Unsicherheit und Aufregung in Politik und Landwirtschaft gesorgt. Gesetzesänderungen (Tierhalterhaftung) und Verhaltensregeln wurden auf Betreiben der Bauernvertretung erlassen. Ebenso eine umfassende Haftpflichtversicherung, finanziert durch das Land Oberösterreich. Viele Landwirte trafen zudem entsprechende Sicherheitsmaßnahmen – tausende Warnschilder und Zäune wurden angebracht.
So auch in Reichraming. Im aktuellen Fall war die Wiese durch Weide- und Stacheldraht sichtbar begrenzt. Auch auf die Gefahr von Weidevieh wurde ausreichend hingewiesen. „Sieben Schilder sind rund um die Weide angebracht“, erklärt Christoph Riegler, Bauernbund-Obmann von Reichraming. „Dort hinein zu gelangen, ohne an einem dieser Warnschilder vorbeizukommen, ist nahezu unmöglich.“
Der betroffene Bauer müsste damit der gebotenen Sorgfalt – unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage – Genüge geleistet haben. Im Falle des Wandertrios und ihrem Dackel hingegen könnte man von eigenverantwortlicher, wenn nicht blauäugiger Selbstgefährdung sprechen. Vor allem wenn man bedenkt, dass Hunde in 99 Prozent der Fälle die Ursache von Zwischenfällen mit Kühen sind.
Respekt vor den Tieren wahren
„Egal ob Mutterkuh oder Milchkuh, der Hund wird immer als Bedrohung gesehen. Das kann zur Panik und aggressivem Verhalten führen“, betont auch Landtagsabgeordnete und Bezirksbäuerin von Steyr, Regina Aspalter. Sie ist der Meinung: „Die Öffentlichkeit muss darauf hingewiesen werden, dass unsere Weiden keine Streichelzoos sind. Ein gebührender Abstand zu den Tieren muss eingehalten werden.“ Zudem brauche es mehr Eigenverantwortung.
Dem pflichtet auch Alm-Obmann Feßl bei – insbesondere im Hinblick auf die kommende Urlaubssaison, in der viele Österreicher Urlaub in den heimischen Bergen machen werden: „Die Sehnsucht nach Wanderungen in den Bergen ist relativ groß. Wir Bauern werden unseren Part erfüllen. Dafür muss aber auch die andere Seite den Respekt vor den Tieren wahren.“
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