Angesichts der dramatischen Borkenkäfersituation in Österreich ist die rasche Aufarbeitung von befallenen Bäumen ein Gebot der Stunde. Durch die Corona-Krise ist jedoch der Holzmarkt enorm unter Druck geraten, heimisches Holz findet so gut wie keinen Absatz mehr. Um diese Situation zu entschärfen hat Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger gemeinsam mit den Ländern eine Vereinbarung mit der Sägeindustrie geschlossen. Demnach werden 200.000 Festmeter österreichisches Schadholz zusätzlich bis Ende Mai von der Sägeindustrie abgenommen, damit können die Lager entlastet werden. Weiters sieht die Vereinbarung eine kontinuierliche Schadholzabnahme und die Reduktion der Importe während der Zeit mit Anfall von Borkenkäferholz vor. Das Datenmanagement zwischen Forstwirtschaft und Sägeindustrie soll verbessert werden, außerdem sollen höhere Kapazitäten bei Nasslagern geschaffen werden, um Schadholz für längere Zeit lagern zu können.
“Die Situation in unseren Wäldern ist alarmierend. Die aktuelle Trockenheit und der Borkenkäfer sind eine tödliche Mischung. Dieser Schädling entwaldet derzeit ganze Regionen in Niederösterreich und Oberösterreich. Befallene Bäume sollten rasch aus dem Wald transportiert und verarbeitet werden, aber die Lager sind voll und wir haben die schlimmste Zeit noch nicht überstanden. Wir müssen nun alle zusammenhalten, um die weiteren katastrophalen Auswirkungen auf unsere Wälder zu verhindern. Die Zusagen der Industrie sind eine wichtige Sofortmaßnahme und ein bedeutender gemeinsamer Verhandlungserfolg. Wir werden seitens der Bundesregierung unseren Waldbauern weiterhin zur Seite stehen”, betonte Köstinger bei einem Lokalaugenschein in der Nähe von Grein (OÖ).
Pernkopf: Tausende Hektar Wald brechen zusammen
“Die Zusage der Industrie, dass mehr Holz als bisher aus den Wäldern abgeholt werden soll, ist sehr wichtig. Zusätzlich braucht es noch weitere Schritte, denn der Klimawandel und seine Folgen sorgen dafür, dass tausende Hektar Wald zusammenbrechen. Der Schaden ist enorm, er trifft aber nicht nur die Waldbesitzer, sondern die gesamte Gesellschaft, denn der Wald ist ein bedeutender Wasserspeicher, er sorgt für saubere Luft und kühlt das Klima”, erklärte Niederösterreichs LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf. Jeder Einzelne könne die betroffenen Waldbauern unterstützen, indem er auf heimisches Holz als Baustoff oder Energielieferant setze.
Hiegelsberger: Waldbauern doppelt belastet
“Die hohen Temperaturen und die Niederschlagsdefizite im Sommer 2019 förderten die Entwicklung des Borkenkäfers. 2020 fand er im trockenen März und April ideale Bedingungen vor. Wenn die befallenen Stämme jetzt nicht aus dem Wald geräumt werden, dann steigert sich die Schadmenge bis in den Sommer enorm”, unterstrich OÖ Agrarlandesrat Max Hiegelsberger. “Unsere Waldbauern trifft die Belastung durch die Corona-Krise und klimatische Veränderungen doppelt hart, daher braucht es hier eine umfassende Unterstützung. Der Wald kann seine vielfältigen Funktionen für die Gesellschaft nur erfüllen, wenn Kahlflächen wieder aufgeforstet und gepflegt werden”, so Hiegelsberger. Bund, Länder, Gemeinden, Industrie und Forstwirte müssten nun an einem Strang ziehen, um weitere katastrophale Auswirkung des Borkenkäfers in den österreichischen Wäldern zu verhindern.
Enorme Trockenheit gefährdet heimische Wälder
Durch die enorme Trockenheit und wochenlang fehlenden Niederschläge sind die österreichischen Wälder in ernste Gefahr geraten. Bereits seit 2017 zeigt sich ein Defizit in der Jahresniederschlags-Summe in Oberösterreich, Niederösterreich, im Burgenland und in weiten Teilen der Südsteiermark. In diesen Regionen fehlen im Schnitt seit ungefähr drei Jahren zwischen 15 und 30% an Niederschlägen.
Der Klimawandel verschärft somit die Situation zusehends, denn durch Trockenheit geschwächte Bäume sind anfälliger für den Borkenkäfer. Das führt zu einem massiven Anstieg der Schadholzzahlen: 2019 sind österreichweit aufgrund des Borkenkäfers rund 4,3 Mio. Festmeter Schadholz angefallen, davon allein 2,2 Mio. Festmeter in Niederösterreich. Rund 62% der gesamten österreichischen Holzernte sind 2019 auf Schadholz zurückzuführen. In den vergangenen Jahren hat der Borkenkäfer allein in Niederösterreich auf einer Fläche von rund 20.000 ha gewütet.
Die rasche Aufarbeitung von befallenen Bäumen und ein schneller Abtransport sind nun entscheidend, um die weitere Ausbreitung des Borkenkäfers einzudämmen. Dazu soll die nunmehr erzielte Vereinbarung mit der Sägeindustrie einen wichtigen Beitrag leisten.
AIZ