Der billigste Preis geht über die eigene Gesundheit – dieser Einstellung folgen die meisten Konsumenten beim Lebensmitteleinkauf. Dagegen möchte Hannes Royer vom Verein „Land schafft Leben“ mit Wissensvermittlung vorgehen. Vergangene Woche hielt er im Kulturhaus in Reith bei Kitzbühel auf Einladung von Forum Land Kitzbühel einen Vortrag zum Thema „Wer nichts weiß, muss alles essen“.
Große Konkurrenz aus dem Ausland
Die heimische Landwirtschaft steht oft in der Kritik. Teilweise möchte Hannes Royer diese entkräften, zum Beispiel beim Thema Massentierhaltung. „Es gibt keine Massentierhaltung in Österreich. Wer das behauptet, hat nie über die Grenze ins Ausland geblickt“, beharrt Royer. Im Schnitt halte der österreichische Bauer 22 Stück Kühe, der größte Rinderbetrieb beherberge 360 Kühe, zählte er auf: „Dagegen hat ein ukrainischer Betrieb im Durchschnitt 12.000 Kühe. Österreichische Kälbermastbetriebe halten maximal 100 bis 200 Kälber. In den Niederlanden sind es 5,2 Millionen Kälber in einem Betrieb. In die Millionen geht es bei der Hühnermast in der Ukraine – circa fünf Millionen Hühner leben in einem Betrieb. Die größten Mäster hierzulande halten 40.000 Hühner.“
Keine Landwirtschaft zum Billigstpreis
„Österreich wird nie so billige Lebensmittel produzieren können wie die ausländische Konkurrenz. Doch es geht um mehr, als um den Preis. Es geht um unsere Landschaft, die von den Bäuerinnen und Bauern gepflegt wird, es geht um unsere Versorgungssicherheit, es geht um unsere eigene Gesundheit“, verdeutlicht Hannes Royer im Vortrag, „Um die Bauern mache ich mir keine Sorgen, sie werden auch woanders Arbeit finden, bei der sie gut verdienen und mehr Freizeit haben. Sorgen mache ich mir um die Konsumenten und um den Tourismus – sie sind ohne heimische Landwirtschaft die großen Verlierer.“ Umso wichtiger sei es, dass die Bauern Unterstützung vonseiten des Tourismus erhalten – zum Beispiel durch die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln in der Gastronomie.
Klares Ziel ist Aufklärung über Lebensmittel
Die Tiroler Bäuerinnenorganisation ist als Vorreiter in der Bewusstseinsbildung rund um Landwirtschaft und Lebensmittel bekannt. Die Bäuerinnen besuchen unter anderem Volksschulen, um künftige Konsumenten schon im Kindesalter zu erziehen. „Es ist erschreckend, wie viele Menschen den Bezug zur Landwirtschaft komplett verloren haben“, berichtet Helga Brunschmid, Landesbäuerin und LK-Vizepräsidentin. Manche Konsumenten würden sich eher von hochverarbeitetem Laborfleisch ernähren, als einen Schluck Rohmilch zu trinken, führt sie bei der Podiumsdiskussion vor Augen: „Daher muss es uns ein Anliegen sein, Aufklärung zu betreiben. Die Menschen müssen verstehen, wie Lebensmittel produziert werden und was gesund für sie ist.“
Herkunftskennzeichnung: Pflicht zur Wahrheit
Heiß wurde die verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie diskutiert. Alois Rainer, Spartenobmann Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer Tirol, stellt sich der Diskussion mit den Teilnehmern. „Ich sehe die Landwirtschaft und den Tourismus als Geschwister, die sich gegenseitig unterstützen müssen. Die beiden Branchen sind sich auch näher, als sie glauben – der Ursprung vieler Gastronomiebetriebe und Hotels sind Bauernhöfe.“ Die Zukunft der Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie sieht er in einer freiwilligen Kennzeichnung.
Michael Wurzrainer, Gesamtleitung Schlacht- und Nutzvieh in der Rinderzucht Tirol, kontert: „Eine rein freiwillige Kennzeichnung bringt uns in der Landwirtschaft nichts. Die verpflichtende Kennzeichnung schafft einen Lichtblick – denn wenn der Kunde weiß, woher sein Essen stammt, kann er sich bewusst entscheiden.“ Für die Verpflichtung in der Gastronomie brauche es aber mutige Entscheidungen vonseiten der Politik, fordert Wurzrainer.
Kitzbühels Bezirksbauernobmann Georg Wurzenrainer gibt ihm Recht: „Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung hätte auch positiven Einfluss auf die Wertschätzung der Gesellschaft für die regionale Landwirtschaft. Aktuell wird den Betrieben gerade beim Tierwohl viel abverlangt. Hohe Investitionskosten stehen der Frage gegenüber, wohin der Weg führt. Die Kulturlandschaft für den Tourismus erhalten und billige Lebensmittel zu hohen Qualitätsstandards produzieren? Das wird sich nicht ausgehen.“
Weitere Veranstaltungen im Bezirk geplant
In der Diskussion mit den rund 120 Teilnehmern der Veranstaltung wurde über die EU-Agrarpolitik, Kennzeichnungspflicht sowie Bewusstseinsbildung und Stellenwert der Landwirtschaft und Ernährung im öffentlichen Raum gesprochen. Andreas Brugger, Organisator des Abends und Obmann von Forum Land Kitzbühel, freut sich über die informative und gut besuchte Veranstaltung: „Eine bessere Auftaktveranstaltung als neuer Obmann von Forum Land im Bezirk hätte ich mir nicht wünschen können. Wir wollen noch viele weitere Veranstaltungen dieser Art in den Bezirk Kitzbühel bringen, ich bedanke mich herzlich bei den Sponsoren.“
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