Für die mitgliederstärkste politische Bauerngruppierung im Land sind die bäuerlichen Familienbetriebe „das Rückgrat des ländlichen Raumes“, betonen Präsident Georg Strasser und Direktor David Süß gegenüber der BauernZeitung. Damit die Landwirte weiter die Erzeugung von Getreide, Milch, Fleisch, Obst und Wein und damit die Eigenversorgung Österreichs mit Lebensmitteln und auch erneuerbaren Rohstoffen wie Holz nebst dem Erhalt der Kulturlandschaft sicherstellen können, sei das „oberste Ziel, die Produktion zu stärken und unabhängiger von Importen zu werden“.

Beim agrarpolitischen Herbstauftakt in Wels, drei Wochen vor der Wahl, wurde das Agrarprogramm der Bauernbündler innerhalb der Österreichischen Volkspartei offiziell vorgestellt. Aufgelistet auf 14 Seiten umfassen die Vorhaben und dringenden Forderungen des Bauernbundes primär folgende Punkte:

Bürokratieabbau

Gesetzgebung und Verwaltung brauchen einen Effizienz-Check unter Rücksichtnahme auf ökonomische Aspekte, auch um etwa Doppelkontrollen zu vermeiden. Strasser: „Wir fordern ein Ablaufdatum für EU-Gesetze und sind gegen eine ‚Übererfüllung‘ von EU-Vorgaben. Für jede neue EU-Regelung müssen zwei alte gestrichen werden.“ Ebenso brauche es eine Vereinfachung bei Förderanträgen und die Anwendung des Prinzips „Beraten statt strafen“.

Faire Regeln für Freihandel

Exporte fördern und gleichzeitig strenge Standards für Importe schaffen, sollen Österreichs Landwirtschaft wettbewerbsfähig halten. Süß: „Die Einhaltung von EU-Standards bei neuen Handelsabkommen ist eine Grundbedingung zur Öffnung der Agrarmärkte. Und es braucht Schutzmechanismen gegen Agrarimporte aus der Ukraine.“

Beständige EU-Agrarpolitik

Die GAP der EU ab 2028 soll für die Landwirte langfristig Planungssicherheit schaffen und budgetär an die Inflation angepasst werden. Strasser: „Keine zusätzlichen Gesetze, aber eine adäquate finanzielle Dotierung des Agrarbudgets.“ Ein fundamentaler Bruch nach 2028 müsse vermieden werden.

Wälder schützen durch nützen

 Um Österreichs Wald auch mittels Waldfonds klimafit zu machen, ist die Subsidiarität im Bereich der Forstwirtschaft gegenüber EU-Regelungen sicherzustellen. Süß: „Auch darf die Freizeitfunktion des Waldes nicht zulasten der Waldbauern oder der Biodiversität gehen, sondern nur auf Basis bewährter privatrechtlicher Vertrags- und Versicherungslösungen.“ Für eine florierende Forst- und Holzwirtschaft ist der Fokus auf den Einsatz von Holz insbesondere am Bau und bei erneuerbarer Energie zu legen.

Strasser: „Keine zusätzlichen Gesetze, aber adäquat dotiertes Agrarbudget.“

Pflanzenschutz ermöglichen

Angesicht vieler Wirkstoffverbote fordert der Bauernbund einen finanziellen Ausgleich für die den Landwirten daraus erwachsenen wirtschaftlichen Nachteile und „keine nationalen Alleingänge bei Einschränkungen für einen fairen Wettbewerb im Binnenmarkt“, so Strasser.

Tierwohl gemäß Marktlage

„In der Tierproduktion braucht es einheitliche EU-Standards und deren Angleichung an unsere eigenen hohen Standards“, sagt David Süß. Das gehe nicht ohne eine klare Kennzeichnung bei den Lebensmitteln. Betreffend Vollspaltenböden in Schweineställen will man ein Stufenmodell mit einem Investitionsschutz von 23 Jahren ab Inbetriebnahme und ab 2025 zusätzlich100 Millionen Euro für erforderliche Stallumbauten. „Auch die Strafbestimmung für Hausfriedensbruch zur Abwehr fremder Eindringlinge in Ställe sind dringend nötig, verbunden mit angemessenen Strafen für widerrechtliche Film- oder Fotoaufnahmen.“

Digitalisierung, Beratung, Bildung

Weitere Bereiche, die es voranzutreiben gilt, betreffen die Digitalisierung in der Landwirtschaft in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz („durch Finanzierung praxisorientierter Forschung und Beratung“); eine einfache digitale Kommunikation und Datenlieferung an Behörden (wobei weiterhin etwa auch eine analoge Antragstellung möglich sein muss); die Intensivierung der Jungbauernförderung sowie mehr finanzielle Ressourcen für Landwirtschaftsschulen.

Strasser:  „Unser Motto lautet: Nächste statt Letzte Generation.“

Weil die Land- und Forstwirte einen enormen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten, fordert der Bauernbund eine nachhaltige Klima-, Energie- und Umweltpolitik, die zugleich Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum sowie soziale Absicherung ermöglicht. 

Strasser: „Unser Motto lautet: ‚Nächste Generation‘ statt ‚Letzte Generation‘. Das heißt für uns auch raus aus fossilen Energieträgern in der Land- und Forstwirtschaft bis 2040.“ Dazu erforderlich: die Beschlussfassung des Erneuerbares-Gas-Gesetzes, die deutliche Erhöhung der Fördervolumina von Biogas, der ambitionierte Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung oder die noch intensivere Forschung zu fortschrittlichen Biokraftstoffen. 

Wasserfrage essenziell

Weil die Landwirtschaft ausreichend Wasserressourcen benötigt, fordert der Bauernbund den Ausbau (über-)regionaler Wasserinfrastruktur in Trockengebieten. Zum Erhalt der Biodiversität will man die faire Bezahlung von Ökosystemdienstleistungen für den Naturschutz.

Kein Essen ohne Bauern

„Ein Bauer versorgt mehr als 100 Menschen mit Lebensmitteln. Nur noch drei Prozent der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft. Das Wissen, wo unser Essen herkommt und wie es erzeugt wird, schwindet. Für den Erhalt unserer regionalen Angebotsvielfalt brauchen wir die Konsumenten als Partner“, sind Strasser und Süß überzeugt. Die Herkunftskennzeichnung auch in der Gastronomie sowie noch mehr heimische Lebensmittel in öffentlichen Einrichtungen und Kantinen auch durch die Dezentralisierung der Lebensmittelbeschaffung in Bundes- und Landeseinrichtungen sind ebenfalls Forderungen aus dem Bauernbund-Wahlprogramm.

Von Steuern bis Soziales 

Bekannte Forderungen, für die der Bauernbund seit Langem eintritt, sind: die Absicherung des Einheitswertes als Grundlage für Steuern und Abgaben; die Beibehaltung der bewährten pauschalierten Gewinnermittlung; keine Belastung der Landwirtschaft durch Erbschafts- oder Vermögenssteuern; die Verdoppelung der Zuverdienstgrenze auf 1.500 Euro. Der heuer vom Bauernbund erkämpfte „Agrardiesel“ muss langfristig erhalten bleiben. 

Und um die sozialen Bedingungen der Bäuerinnen und Bauern zu verbessern, werden gefordert: die Beitragssenkung in der Unfallversicherung von 1,9 auf 1,4 Prozent der Bemessungsgrundlage; die kostenlose Einbeziehung von Lebensgefährten in die betriebliche Unfallversicherung; Erleichterungen für Junglandwirte in der Krankenversicherung und der Ausbau der sozialen Betriebshilfe.

Zuletzt, wenn auch von massiver Bedeutung: Um den Bodenverbrauch einzudämmen, fordert der Bauernbund neben der Ausweisung landwirtschaftlicher Vorrangzonen die Förderung der Wiedernutzbarmachung leer stehender Gebäude.

- Bildquellen -

  • Bauernfamilie: agrarfoto.com
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AUTORRed. BW
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