Nur einen Steinwurf von der Enns entfernt, betreibt Österreichs Marktführer in Sachen Speiseöl, die VFI Oils for Life, schon seit 2016 eine Bio-Ölmühle. 2021 wurde vom seit den 1970er-Jahren bestehenden Familienunternehmen, welches wohl jedem Konsumenten über altbekannte Marken wie Bona oder Kronenöl ein Begriff ist, der Entschluss gefasst, sich auch im Bio- Segment als Marktführer zu positionieren. Gesagt, getan. Stolze 30 Mio. Euro nahm das Traditionsunternehmen, das auch in Tschechien einen Produktionsstandort betreibt, in Ennsdorf in die Hand. Nach gut drei Jahren Bauzeit ragt nun eine Ölmühle über dem örtlichen Gewerbegebiet, die mit einer jährlichen Verarbeitungskapazität von 100.000 Tonnen Ölsaaten in der gesamten Europäischen Union ihresgleichen sucht.
Ausschließlich EU-Ölsaaten
VFI wird am Standort Sonnenblumen, Sojabohnen, Raps und Maiskeime verarbeiten. „Ohne Saaten keine Ölmühle“ stellte Dirk Vollertsen, einer von vier Geschäftsführern der VFI, gleich zu Beginn der Eröffnungsfeierlichkeiten klar. Um der gesellschaftlichen Anforderung nach Rückverfolgbarkeit zu entsprechen, habe man sich deshalb dazu bekannt, in Ennsdorf ausschließlich europäische Ware von Vertragsbauern zu verarbeiten. Aus österreichischen Bio-Ölsaaten sei der Bedarf allerdings (noch) nicht zu decken, heißt es, weshalb aktuell etwa auch rumänische Ware über Donau und Enns zur Verarbeitung in die Ölmühle gelangt. „VFI wird für die österreichische Bio-Landwirtschaft ein notwendiger und willkommener Abnehmer“, verspricht Geschäftsführer und Teilinhaber Florian Rauch dennoch. Derzeit seien etwa 65 Prozent der Erzeugnisse Bio, das Unternehmen strebt eigenen Angaben zufolge einen Anteil von 80 Prozent an.
Zwei Verarbeitungslinien, vier Pressen, eine Schälanlage
Konkret flossen in Ennsdorf 7.000 Kubikmeter Beton in die Erweiterung der bestehenden Mühle. Nun stehen der VFI zwei unabhängige Verarbeitungslinien, vier Schneckenpressen zur Ölgewinnung sowie 20.000 Tonnen Lagerkapazität für Bio-Ölsaaten zur Verfügung. „Damit können wir den Anforderungen der Bio-Verbände nach getrennter Verarbeitung bestens entsprechen“, so Vollertsen. Besonders stolz präsentierte die Unternehmensspitze auch den sogenannten Sonnenblumenschälturm, eine sich über fünf Stockwerke erstreckende Schälanlage.
Rauch:„VFI wird für die österreichische Bio-Landwirtschaft ein notwendiger und willkommener Abnehmer.“
Die so verarbeiteten Sonnenblumenkerne sollen nicht nur im Lebensmittelhandel – etwa auf Gebäck oder im Müsli – landen, sondern werden auch für die Ölgewinnung genutzt.
Presskuchen mit stabilem Eiweißgehalt
Genau das dürfte die heimischen Bio- Futtermittelhersteller erfreuen. Denn somit fällt neben Bio-Öl ein Presskuchen an, den die VFI unter dem Namen „High Protein Sonnenblumenpresskuchen“ auf den Markt bringt. „Das, was der Bio-Tierproduktion fehlt, ist das regionale Eiweiß“, wird in Ennsdorf erklärt. Importen aus China, Indien oder Südamerika will man mit dem neuen Sonnenblumenpresskuchen etwas entgegensetzen. Denn dieser zeichne sich durch einen stabilen Eiweißgehalt von 34 Prozent aus, was auf die abgeschiedenen Schalen zurückzuführen sei. „Das verbessert die Eiweißqualität und damit die Verdaulichkeit“, schildert Dirk Vollertsen. Außerdem wird am Standort auch Sojapresskuchen erzeugt. Beide Produkte seien schon jetzt gefragt bei den Futtermühlen der Nation, lässt man durchklingen.
Vollertsen: „Das, was der Bio-Tierproduktion fehlt, ist das regionale Eiweiß.“
Das gewonnene Öl wird übrigens per E-Lkw zur Weiterverarbeitung in das Stammwerk nach Wels verbracht und dort für die verschiedensten Abpacklinien in über 200 Tanks zwischengelagert.
Reststoffe für die Biogasanlage
Um auch die Reststoffe aus der Schälung sinnvoll zu verwerten, wurde in Ennsdorf außerdem eine Biogasanlage errichtet. In sechs Trockenfermentern werden die Schalen (vermengt mit einem Gärsubstrat) vier Wochen in zwei Phasen fermentiert und erzeugen dabei künftig pro Stunde 350 Kubikmeter Biogas, bei einem Wirkungsgrad von 90 Prozent. Dieses wird im angeschlossenen Blockheizkraftwerk verstromt. „Daraus decken wir 80 bis 90 Prozent unseres Strombedarfs“, erklärt Wolfgang Ahammer aus dem Geschäftsführer-Quartett. Gegenüber einem Betrieb mit fossilem Erdgas spare VFI so pro Jahr bis zu 3.000 Tonnen CO2 ein. Die anfallende Biogasgülle will man an Bio-Landwirte in der Umgebung als organischen Dünger absetzen.
- Bildquellen -
- Schneckenpressen: VFI
- Sonnenblumenpresskuchen: BZ/Wieltsch
- Sojapresskuchen: BZ/Wieltsch
- Außenansicht Ennsdorf: BZ/Wieltsch