Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.
Seit zwei Jahren hat Österreich ein Fairness-Büro im Landwirtschaftsministerium, bei dem Bauern und Lebensmittelproduzenten anonym Meldung erstatten können, wenn sie sich mit unfairen Handelspraktiken konfrontiert sehen. Im vergangenen Jahr gingen 235 unmittelbare Beschwerden ein. Zwei Fälle wurden an die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) gemeldet.
Eine ähnliche Ombudsstelle für Agrarier gibt es auch in Deutschland in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Bei dieser sind im vorigen Jahr insgesamt elf Beschwerden eingegangen.
In fünf Fällen hat das BLE Verfahren eingeleitet (zwei aufgrund der Beschwerden, drei von Amts wegen). Insgesamt führte man 2023 sieben Verfahren wegen unlauterer Handelspraktiken durch. Vier Fälle konnte man abschließen. Zwar wurde bei keinem dieser Fälle ein Rechtsverstoß festgestellt. In zwei Verfahren wurde die bemängelte Vorgehensweise behoben und ohne Gerichtsverfahren auf die Abstellung der bemängelten Praxis (betreffend Retouren von nicht verkauftem Obst und Gemüse mit einhergehenden Rechnungskürzungen) hingewirkt. Man möge meinen, es müssten allein aufgrund der Größe Deutschlands mehr Fälle sein. Aber auch die BLE gibt zu bedenken, dass die Beschwerdemöglichkeit für viele Betroffene die „Ultima Ratio“ ist, also das letzte geeignete Mittel. Und machen nur dann davon Gebrauch, wenn sie eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung als wenig wahrscheinlich einschätzen. Die Angst vor negativen Folgen auf ihre Lieferbeziehungen überwiegt. Dennoch braucht es solche Fairness-Büros und Ombudsstellen als Warnung für manche, sich nicht alles erlauben zu können.