Während über Europa eine Welle des bäuerlichen Protests hinweg rollt, präsentierte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig die ersten Ergebnisse seines hauseigenen Strategieprozesses Vision 2028+. Diesen hatte er im Herbst 2023 angestoßen, um der bäuerlichen Bevölkerung mehr Stabilität, Planungssicherheit und Orientierung zu bieten. Denn genau daran mangele es laut Totschnig derzeit in der EU-Agrarpolitik. „Die Bauernproteste in der EU zeigen, dass es an einer EU-weiten Strategie fehlt, wohin die Reise in der Landwirtschaft geht. Wir brauchen Antworten auf die zentralen Fragen! In Österreich sind wir hier einen Schritt voraus“, so der Minister in Anspielung auf den Strategieprozess.
Repräsentative Umfrage zum Ist-Zustand
In der ersten Phase von Vision 2028+ wurden, nebst umfassender Literaturrecherche, die Ausgangsbedingungen der heimischen Bauernschaft erhoben. Dazu beauftragte das Agrarressort eine repräsentative Befragung von 1.500 Bäuerinnen und Bauern, in denen sie ihre Herausforderungen, Chancen und Zukunftsperspektiven darlegten. Ergänzt wurde dies durch eine ebenso repräsentative Erhebung unter 1.000 Personen aus der Bevölkerung sowie Gesprächen mit gut 250 Personen aus der Lebensmittelwirtschaft. Auch die Politik kam im Strategieprozess am Wiener Stubenring zu Wort. Zwölf Interviews mit den Agrarsprechern aller politischen Parteien wurden geführt. Als krönender Abschluss wurden noch acht Gruppendiskussionen mit jeweils gut 90 Teilnehmern (von Bauern über Hofnachfolger bis zu Industrie und Verwaltung) organisiert.
Als größte Herausforderung benannten die heimischen Landwirte demnach die steigenden gesetzlichen Auflagen und die ausufernde Bürokratie. Insbesondere bereite ihnen laut den Befragungsergebnissen der Green Deal Kopfzerbrechen. Aber auch die zunehmende Volatilität der Agrarmärkte und die steigenden Anforderungen der Konsumenten bei zugleich mangelnder Zahlungsbereitschaft sind Sorgenkinder der Bauern. Nicht zuletzt wurden auch die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels, ständige Arbeitsüberlastung und fehlende Planungssicherheit als Herausforderungen genannt.
Regionalität als Chance
Nichtsdestotrotz erkennen Österreichs Bauern auch Chancen für sich und ihre Höfe. So blicken 75 Prozent der Jungbauern positiv bis neutral in die Zukunft. Insbesondere der Trend zu Regionalität und Qualität und das zunehmende Interesse einer breiten Bevölkerungsschicht an der Landwirtschaft stimmt optimistisch. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, werden Weiterbildung, Kooperationen und die Nutzung von Qualitätsprogrammen als mögliche Strategien genannt. Mit den vorliegenden Ergebnissen will man im Landwirtschaftsministerium nun in einer zweiten Phase konkrete Zukunftsbilder und Entwicklungspfade erarbeiten. „Am Ende dieses Strategieprozesses wollen wir klare Leitlinien ableiten, um die besten Rahmenbedingungen und Perspektiven für unsere bäuerlichen Familienbetriebe zu schaffen. Die Ergebnisse sollen auch in die EU-Verhandlungen über die künftige Gemeinsame Agrarpolitik und den Green Deal einfließen“, so Norbert Totschnig, der sich in Brüssel für eine „Kurskorrektur der EU-Politik“ einsetzen will. Die finalen Ergebnisse sollen im Mai vorliegen.
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- Blick in die Zukunft: agrarfoto.com