Unter Federführung der RWA-Innovationsplattform Agro Innovation Lab schreibt Österreichs führender Großhändler für Agrargüter, Baustoffe und Energie regelmäßig Innovationspreise, sogenannte „Challenges“, aus. Diesmal drehte sich in der Konzernzentrale in Korneuburg bei Wien alles um Saatgut. Für RWA-Vorstandsdirektor Christoph Metzker lagen die Gründe, sich mit neuen Entwicklungen im Saatgutbereich zu befassen, auf der Hand: „Saatgut ist die Basis für Landwirtschaft und damit eine funktionierende Lebensmittelversorgung.“ Florian Mayer, Bereichsleiter für Saatgut, ergänzte „die Herausforderungen durch den Klimawandel sind enorm. Die Saatgut-Industrie muss innovativ bleiben, um langfristig hohe Qualitäten und Erträge zu sichern.“ Grund genug, die „Seed Innovation Challenge“ ins Leben zu rufen, war man bei der RWA überzeugt und behielt recht.
Bewerber aus allen Erdteilen
65 Unternehmen aus den Bereichen Züchtung, Saatgutvermehrung, Saatgutaufbereitung, Logistik sowie Qualitätsmanagement bewarben sich um den mit 10.000 Euro dotierten, ersten Platz des Wettbewerbs.
Zwölf davon wurden zur Finalrunde geladen, um sich den Fragen des Publikums und der aus Wirtschaft und Wissenschaft prominent besetzten Jury zu stellen. „Es war nicht leicht, eine Auswahl zu treffen“ beteuerte Mayer. Tatsächlich präsentierten die Unternehmer – vorwiegend Start-ups mit wenigen Mitarbeitern – vielfältigste Ansätze um die Saatgutproduktion zu optimieren. Von der Messung von Pollenzellen und Sensortechnik für die Dokumentation am Feld über diverse Anwendungen von Künstlicher Intelligenz für die Planung und Bearbeitung von Saatgut bis zu hochtechnisierten Aussaat- und Messverfahren sowie dem Einsatz von Nanopartikeln und Plasma-Technologie reichte das Spektrum.
Vermessung am laufenden Band
Als Sieger gingen letztlich Antje und Johannes Wolff aus Norddeutschland vom Platz. Ihr unter dem klingenden Namen „phenoLytics“ patentiertes Verfahren zur automatisierten Analyse und Vermessung von inneren und äußeren Organen von Samen und Keimlingen (Phänotypisierung) über die gesamte Keimung hinweg überzeugte die Juroren.
Das Besondere: Ihre speziell auf Pflanzenzüchter zugeschnittene Lösung erlaubt es, Pflanzen sowohl in Erde als auch auf Filterpapier über ihre gesamte Keimung zu begleiten und in 3D-Modellen zu dokumentieren. Die Pflanze selbst wird dabei nicht geschädigt, ein bisher aufwendiger manueller Prozess wird durch die Apparate von „phenoLytics“ erheblich beschleunigt und die Daten stehen den Züchtern für Rückschlüsse in Echtzeit zur Verfügung.
Nebst dem Preisgeld winkten den Siegern auch Kooperationsgespräche mit den ebenfalls anwesenden Saatgutgrößen wie KWS und Corteva. In der Vernetzung der Branche mit jungen, aufstrebenden Unternehmen machte auch Saatgut-Chef Mayer ein wesentliches Plus der Veranstaltung aus. „Unser Schwerpunkt bleibt klar in Zentraleuropa, aber ein internationales Netzwerk ist wichtig“, so Mayer.
Offene Kommunikation gefordert
Auch Jurymitglied und Vortragender Garlich von Essen, Generalsekretär von Europas Dachverband der Saatguthersteller Euroseeds, zeigte sich angesichts der vorgestellten Fülle an Innovationen begeistert: „Züchter schauen ja sonst gern ‚nur‘ auf Züchtung. Hier ging es aber um viele Verfahren, die diese schneller, einfacher und präziser machen können.“ Dies sei durch die Fülle an Herausforderungen für die Branche – Stichwort Green Deal – auch dringend notwendig, so von Essen. Diesen versteht er, ob der angekündigten Extensivierung, nämlich als Aufforderung der Politik, zu längst vergangenen Wirtschaftsformen zurückzukehren, wie er in seinem Vortrag monierte. Die Anwesenden forderte er deshalb auf, offener zu kommunizieren. Nicht nur den Kunden, sondern auch landwirtschaftsfernen gesellschaftlichen Gruppen, müsse man die vielfältigen Leistungen der Agrarwirtschaft näherbringen, so der Euroseeds-Chef. „Wenn wir das tun werden, wird es uns gelingen, die Zukunft zu gestalten“, schloss von Essen.
- Bildquellen -
- Gruppenbild der Sieger: RWA/Balber
- Phänotypisierung: phenolytics.eu
- Mais entfahnen: agrarfoto.com