Zahlenspiele um Bodenverbrauch: Wie viel wird tatsächlich verbaut?

Den veröffentlichten Zahlen des WWF zufolge ist Oberösterreich mit täglich 4,25 Hektar Bodenverbrauch bundesweit trauriger Spitzenreiter. Laut Wirtschaftslandesrat Achleitner betrage der tägliche Baulandzuwachs aber lediglich 0,8 Hektar pro Tag.

In den vergangenen 20 Jahren wurden laut Hagelversicherung in Österreich 130.000 Hektar beste land- und forstwirtschaftliche Flächen verbaut. In Ohlsdorf wurden 18 Hektar Wald gerodet das angekündigte Betriebsbaugebiet wurde noch nicht umgesetzt.

Der Boden ist ein begrenztes, wertvolles und nicht vermehrbares Gut, das viele lebenswichtige Funktionen wie Nahrungsmittelproduktion oder Schutz vor Naturkatastrophen bietet. Dennoch wird er täglich durch Verbauung weniger. Um wieviel weniger, darüber scheiden sich die Geister. Geht es nach den Zahlen, welche die Umweltorganisation WWF auf Basis der Daten des Umweltbundesamtes kürzlich veröffentlicht hat, ist Oberösterreich mit einem täglichen Bodenverbrauch von 4,25 Hektar (von ingesamt zwölf Hektar bundesweit) negativer Spitzenreiter. Daraufhin gab es heftige Reaktionen am hohen Bodenverbrauch im Land ob der Enns. „Das im Regierungsprogramm festgelegte 2,5 Hektar-Ziel muss unbedingt eingehalten werden. Es braucht quantitative und messbare Zielwerte für die tägliche Flächeninanspruchnahme, die von Ländern und Gemeinden eingehalten werden. Alles andere wäre vergleichbar mit einer gesetzlichen Regelung, mit der die Anzahl der Verkehrstoten durch Raserei reduziert werden sollte, dabei aber auf das Tempolimit vergessen und nur an die eigene Vernunft appelliert wird“, betonte etwa Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung in einer Aussendung.

Achleitner: 0,8 statt 4,25 Hektar pro Tag

Wirtschaftslandesrat Markus Achleinter reagierte jetzt auf die Kritik: „In der aktuellen Debatte über Bodenverbrauch, Versiegelung und Bodenschutz kursieren eine Vielzahl von Zahlen, die oft auf ungeeigneten bzw. veralteten Datengrundlagen oder überhaupt auf Hochrechnungen und Schätzungen beruhen“, so Achleitner, der daher vergangene Woche das „Raumbild Oberösterreich“ mit neuen Zahlen und Daten zur Flächenwidmung im Bundesland (siehe Grafik) präsentierte. Demnach sind 92,4 Prozent (%) der Landesfläche als Grünland (Landwirtschaft, Wald und Gewässer) gewidmet, 2,4 % als Verkehrsflächen und 5,2 % als Bauland. Wobei beim gewidmeten Bauland nach Schätzungen von Experten mit 2,6 % nur die Hälfte tatsächlich versiegelt sei.

Quelle: Land OÖ

Die Berechnungen des WWF basieren laut Achleitner auf einer alten Methodik, die sich nicht zum Flächenmonitoring eignen würden. So sei eine große Anzahl an Flächen als „neu in Anspruch genommen“ gewertet, obwohl sich deren Nutzung in keiner Weise geändert habe. Ein Großteil der angeblichen „neuen“ Flächeninanspruchnahme sei nämlich nicht auf tatsächliche Nutzungsänderungen zurückzuführen, sondern lediglich auf Änderungen in der Kategorisierung der Nutzungsflächen. Als Beispiel hierfür nannte Achleitner Streuobstwiesen im Innviertel sowie weitere Bereiche rund um landwirtschaftliche Höfe, die großflächig entweder als „Gärten“ oder „Betriebsflächen“ neu eingestuft und damit als „neue“ Flächeninanspruchnahme gewertet worden seien, und das obwohl sie nicht anders genutzt werden als zuvor. Oberösterreich verbrauche dem nach nicht wie vom WWF behauptet 4,25 Hektar Boden, sondern habe einen täglichen Baulandzuwachs von lediglich 0,8 Hektar pro Tag.

Nun soll zur Berechnung vom Umweltbundesamt österreichweit ein einheitliches Monitoring angewendet werden. Die Ergebnisse daraus sollen rund um den „Weltbodentag“ am 5. Dezember 2023 veröffentlicht werden.

Langer-Weninger: „Dürfen nicht zu Verhinderern werden“

„Wenn Widmungen anstehen, geht es meist um landwirtschaftliche Flächen. Wir wollen den Boden natürlich schützen und müssen daher in Summe mit dem Verbrauch herunterkommen. Es gilt daher nachzudenken, wie wir klüger, sprich in die Höhe, bauen können“, betont Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weniger. Oberösterreich stehe zum festgelegten 2,5 Hektar-Ziel, was umgerechnet einen Verbrauch von 3000 Quadratmeter pro Jahr und Gemeinde bedeute, aber: „Wir dürfen hier auch nicht zu Verhinderern werden. Denn Infrastruktur braucht es auch im ländlichen Raum, wenn man die Bevölkerung dort halten will. Zudem wird es auch in Zukunft Baumaßnahmen bei landwirtschaftlichen Betrieben brauchen“, so Langer-Weninger.

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AUTORThomas Mursch-Edlmayr
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