Almgeschichten Folge 8: Wenn wir unser Wissen teilen, profitieren wir alle!

Almexkursionen mit praktischem Mehrwert.

Auf den Almen sind nicht alle Gäste gern gesehen: Zum Beispiel starkwüchsige Pflanzen, die gute Futtergräser verdrängen. Dazu gehören u. a. Adlerfarn, Weißer Germer, Almampfer, der Scharfe Hahnenfuß, Heidelbeere, Disteln, Borstgras, Grünerlen, Weiden, Alpenrosen, Wacholder und weitere Zwergsträucher. Diese unliebsamen Eroberer der Weideflächen müssen maßgeblich zurückgedrängt werden, damit die guten Futtergräser ausreichend Platz und Nährboden finden.

Vielfalt an Futtergräsern

Um die Vielfalt der Almkräuter und Futtergräser zu fördern, schlossen sich 43 österreichische Almbauern und Almbäuerinnen zum Projekt „Arten- und Futtervielfalt auf den Almen“ zusammen. Gemäß ihrem Motto: „Wir sagen’s weiter!“, teilen sie das bereits bestehende umfangreiche Wissen zur Bekämpfung der Verdrängerpflanzen, beraten sich mit Fachleuten aus Ökologie und Landwirtschaft und organisieren Vernetzungstreffen, Schulungen und Almbesuche. Sie legen auf ihren Almen Versuchsflächen an und beobachten die Entwicklung der Almvegetation sowie der Insekten. Diese Erfahrungen dokumentieren sie und tauschen sie miteinander aus.

Oft sind auch erfahrene Almbäuerinnen und Almbauern von den Erkenntnissen überrascht:  So schwärmen Bewirtschafter der Lainacher Kuhalm (Mölltal): „Jetzt wissen wir, dass es da diesen genialen Kreislauf von Kuhfladen und Mistkäfern gibt. Dass ein einziger Kuhfladen ca. 300 – 500 Insektenarten Futter und Lebensraum über ein Jahr bieten kann, ist schon erstaunlich. Aber dass Dungkäfer, die den Kuhfladen zerlegen und verteilen, uns beim Düngen unserer Almböden helfen und dabei noch für Durchlüftung sorgen, ist wirklich genial.“

Quelle: Labuda, ÖKL
Abgeteilte Versuchsflächen bringen neue Erfahrungswerte.

Knöterich in Alpbach, Zwergsträucher in Thiersee

Auch zwölf Tiroler Almen nehmen am Projekt teil, darunter die Faulbaumgartenalm von Alpbach und Familie Thaler vom Trachenhof in Thiersee, die zwei Almhütten der Agrargemeinschaft Trainsalm/Obertrockenbach besitzt. Dort sind ganze Armeen von Zwergsträuchern auf eine Eroberung der Weideflächen aus, enorm verbreiten sich auch Jakobskreuzkraut und Wolfmilchgewächse. Den Almbauern bleibt nichts anderes übrig, als das Problem bei der Wurzel zu packen und die Wucherer auszureißen. Bei den Disteln ist eine Mahd vor der Blüte mit dem Freischneider sehr hilfreich. Familie Thaler würde es beim Weidemanagement zur Erholung der Weiden gern mit Koppelwirtschaft versuchen, aber auf einer Gemeinschaftsalm ist das nicht so einfach. Dem Projekt bescheinigen sie gute Ideen, Anregungen und wichtige Erfahrungswerte. „Wenn man dafür Aufmerksamkeit entwickelt, sieht man bei Almen auf den ersten Blick, wo erfolgreiches Futtergras-Management betrieben wird.“   

Die Faulbaumgartenalm liegt höchst idyllisch auf 1.490 m im hintersten Alpbachtal. Sehr angenehm findet es dort auch der Schlangenknöterich und breitet sich hartnäckig aus. Hannes Moser vom Zottenhof, dessen Familie einen Teil der Alm bewirtschaftet: „Das Knöterich-Problem kannten die anderen Projektbauern nicht, deswegen hatte für uns auch niemand Tipps parat, wie wir ihm beikommen können, aber wir haben es mit Mulchen und Kalken einigermaßen in den Griff bekommen. Vielleicht kann diese Erfahrung ja auch anderen Bewirtschaftern weiterhelfen.“ Das Beste am Projekt, so Familie Moser, sei der direkte Kontakt zu Almbäuerinnen und Almbauern aus ganz Österreich. Sie hätten oft Lösungen für Probleme, die einem selbst nie eingefallen wären. 

Quelle: Prugger

Quelle: Prugger
Nicht alle blühenden Schönheiten sind auf Almen gern gesehen.

Verschiedene Lösungsansätze

So vielfältig wie die Almen und ihre Probleme, sind auch die Lösungsansätze wie Pflegemahd, Düngung mit Naturphosphat, Mulchen, in Koppeln gehaltene Ziegen als Landschaftspfleger, Bewässerung trockener Weideflächen uvm. Der Ökologe Georg Derbuch unterstreicht die Wichtigkeit dieser Bemühungen und des Informationsaustausches: „Wer es schafft, die Artenvielfalt der Pflanzen auf seinen Almflächen zu erhöhen, fördert gleichzeitig die Artenvielfalt der Insekten. Gezieltes Weidemanagement wirkt sich positiv aus. Strukturen wie Stein- oder Asthaufen sind wertvolle Unterschlupfe. Ausreichend lange Ruhezeiten der Koppeln helfen, dass nachwachsende Pflanzen wieder zur Blüte kommen können.“

Das Projekt wird vom Österreichischen Kurator

ium für Landtechnik und Landentwicklung (ÖKL) koordiniert und von EU und Bund im Rahmen des Programms „Ländliche Entwicklung (ELER) LE 14-20“ gefördert. Ansprechpartner im ÖKL ist DI Thomas Labuda (thomas.labuda@oekl.at). Als Almexpertin ist Mag. Dr. Susanne Aigner ins Team integriert, die sich schon lange mit Problempflanzenbekämpfung und Maßnahmen gemeinsam mit Almbewirtschaftern in Österreich und Bayern auseinandersetzt. www.oekl.at

Quelle: Privat
Irene Prugger freut sich über Rückmeldungen. Bitte per Mail an:
irene.prugger@inode.at oder auf dem Postweg an die Redaktion der
Tiroler Bauernzeitung, Brixner Straße 1,
6020 Innsbruck

 

- Bildquellen -

  • 20210612 150214: Labuda, ÖKL
  • DSCN2102: Prugger
  • 033: Prugger
  • I.Prugger 2sp: Privat
  • 20220929 111335: Labuda, ÖKL
- Werbung -
AUTORIrene Prugger
Vorheriger ArtikelWer auf Regionalität setzt, schont das Klima
Nächster ArtikelWeinlese 2023: Heiße Herbsttage geben den Trauben jetzt den vollen Reifeschub