Nufarm ist ein rund um den Globus in mehr als hundert Ländern aktives Unternehmen. Es tritt nicht nur als Full-Liner in Sachen chemischem Pflanzenschutz auf, sondern zählt mit seiner 100-Prozent-Tochter Nuseed auch zu den „Großen“ in Sachen Pflanzenzüchtung. Trotzdem ist der Chemieriese mit seinen 3.400 Mitarbeitern und zuletzt umgerechnet 1,8 Mrd. Euro Umsatz nur wenigen Landwirten ein Begriff.
Sehr wohl bekannt dürften Praktikern aber die Formulierungen aus dem Hause Nufarm sein. So zählen etwa die bekannten Problemunkräuter-Präparate Dicopur M und Fusilade Max zum Sortiment des Herstellers, genauso wie das Insektizid Kaiso Sorbie.
Interessantes Detail: Alle oben genannten Mittel haben ihren Ursprung in Österreich, übernahm doch Nufarm 1995 die Pflanzenschutzmittelsparte der Agrolinz Melamin. Aktuell stellt Nufarm in Oberösterreich mit 160 Mitarbeitern jährlich rund 10.000 Tonnen Wirkstoffe und 20.000 Tonnen Fertigmischungen her. Grund genug für die BauernZeitung, sich unter die Besucher aus Afrika, Europa und dem Mittleren Osten zu mischen und bei einem Feldtag den Versuchsstandort des Unternehmens in Novi Sad/Serbien genauer unter die Lupe zu nehmen.
Im Mais flexibler werden
Anknüpfend an die langjährigen Erfahrungen mit Maisherbiziden auf Basis des Wirkstoffs Bromoxynil setzt Nufarm derzeit auf ein Portfolio auf Basis von Mesotrion und Nicosulfuron und dem neu am Markt befindlichen Produkt Valentia.
Bei deren Entwicklung wurde auf ein hohes Breitenspektrum und möglichst einfache Anwendbarkeit geachtet. Stolz wurde auch eine gänzlich neue Formulierung präsentiert, welche – intensiv beforscht – künftig den Landwirten die Bestandesführung deutlich erleichtern soll. So viel sei verraten: Das Herbizid funktioniert auf Basis komplementärer Moleküle und lässt im Versuchsanbau ein Spritzfenster vom Vorauflauf bis weit hinein ins 8-Blatt-Stadium zu.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt des Agrarchemie-Anbieters liegt auf Resistenzmanagement. Dass diese weltweit bei Problemunkräutern auftreten, sei ein offenes Geheimnis. Entsprechend werden die eigenen Formulierungen in einem Härtetest auf ihre Wirksamkeit geprüft. Als weiteres Standbein wurde das eigene Bio-Spektrum präsentiert, welches schon seit zwei Jahrzehnten sukzessive ausgebaut wird. Hohe Erwartungen setzt Nufarm hier in proteinbasierte Fungizide, welche über kurz oder lang Kupfer aus dem Biolandbau verdrängen könnten. Bis dahin bleibt man aber auch hier nicht stehen und entwickelt die eigenen Kupferprodukte ständig weiter. „Wir wollen jedem Kunden ein maßgeschneidertes Präparat bieten“, teilt ein Nufarm Mitarbeiter im Hinblick auf die problematische Anreicherung des Schwermetalls im Oberboden mit.
Spot Spraying per Drohne
Auch in Sachen Präzisionslandwirtschaft ist das ursprünglich in Neuseeland beheimatete Unternehmen bemüht am Ball zu bleiben. Kooperiert wird mit dem Softwareentwickler Agremo bezüglich Drohneneinsatz. Mittels KI-gestützter Technik werden Schläge binnen weniger Minuten überflogen und Problemunkräuter kartiert. Im Anschluss können diese mit einer zweiten Agrardrohne gezielt bekämpft werden. Laut Angaben des Agremo-Teams sei das System in anderen Erdteilen schon im Einsatz. Für Österreich heißt es aber vorerst „Bitte warten“. Denn die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln aus Fluggeräten – auch Drohnen – ist derzeit verboten.
Neuzüchtung für Biosprit
Der größte Anziehungspunkt des Feldtages war aber zweifelsohne der Firmentochter Nuseed geschuldet. Bisher ist deren Angebot am EU-Markt auf besonders frühreife Sonnenblumensorten und dürreresistentes Sorghum begrenzt. Das soll sich bald ändern. „Wir erwarten die Einführung von Nuseed Carinata in der EU in den nächsten zwei Jahren“, sagt Patrick Dieterich, Geschäftsführer von Nuseed. Dabei handelt es sich um eine Neuzüchtung von äthiopischem Senf (Brassica Carinata), laut dessen Züchtern „der Schlüssel hin zu einer neuen Generation von Biotreibstoffen“.
Im Gegensatz zu bisher eigens für die Treibstoffherstellung angebauten Nutzpflanzen ist Carinata als Zwischenfrucht zu sehen. „Eine Zwischenfrucht, die man ernten kann“, wie das Nuseed-Team betont. Konkret wird die Begrünung je nach Klimazone nach Gerste, Weizen, in wärmeren Gefilden auch nach Mais und Soja angebaut und bis zur Abreife gebracht. Beim Drusch verbleiben das Stroh und damit der gebundene Kohlenstoff am Feld, die gewonnene Ölsaat steht für die weitere Verwendung zur Verfügung. Nach intensiver züchterischer Bearbeitung für die eigene Forschung sei das gepresste Öl nämlich bestens zur Raffinierung geeignet.
Wenig verwunderlich ist, dass mit dem Öl-Multi BP North America auch schon ein Abnehmer für das Carinata-Öl an Land gezogen wurde. Eine Vereinbarung zwischen den Unternehmen sichert den Absatz für die Ölsaatproduktion in Nord- und Südamerika auf die nächsten zehn Jahre ab. Das Mineralölunternehmen wiederum hat mit dem Carinata-Treibstoff große Pläne. Es will daraus „bis zu eine Milliarde Liter erdölfreies Kerosin“ erzeugen.
Die erste Lieferung erhielt BP im vergangenen Jänner aus Argentinien, wo die Kultur schon von Vertragspartnern angebaut wird. Auch mit Farmern in Nordamerika und Brasilien wurden bereits Verträge geschlossen. Teilnehmende Betriebe verpflichten sich zu nachhaltigem Anbau mit Minimalbodenbearbeitung und reduzierter Stickstoffdüngung, heißt es von Nuseed. In Europa laufen mit Carinata unterdessen ebenfalls Anbauversuche. Ob die Begrünung auch hier einen Abnehmer findet, bleibt abzuwarten.
- Bildquellen -
- Versuche im Mais: BZ/Wieltsch
- Resistenzversuche: BZ/Wieltsch
- Agrardrohne: BZ/Wieltsch
- Carinata I: BZ/Wieltsch
- Carinata II: BZ/Wieltsch
- Sonnenblumenzüchtung: BZ/Wieltsch