Streitfall EU-Solidaritätskorridor: Rumänen tragen die Hauptlast

Der Großteil der über die Solidaritätskorridore abgewickelten Getreidelieferungen aus der Ukraine wurde über Rumänien in die EU gebracht. Darauf hat EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski bei einem Aufenthalt im Europaparlament in Straßburg hingewiesen. Laut Wojciechowski haben insgesamt 9 Mio. t Getreide aus der benachbarten Ukraine die Grenze nach Rumänien überquert; davon seien fast drei Viertel (6,5 Mio. t) weitertransportiert worden. Polen erreichten dem Kommissar zufolge über den Solidaritätskorridor 4,1 Mio. t Getreide, wovon allerdings nur 700.000 t das Land wieder verließen, so Agra-Europe.

Angegriffen wurde Wojciechowski, selbst Pole, von Europaabgeordneten seines Landes. Sie hielten ihm vor, zu wenig gegen die Handelserleichterungen für die Ukraine getan und damit den heimischen Landwirten geschadet zu haben. Indes erinnerte der Kommissar daran, dass die ersten Hürden für ukrainisches Getreide bereits 2014 beseitigt worden seien. Auch hätten sich die Beihilfen für die polnischen Landwirte mittlerweile auf mehr als 1,5 Mrd. Euro aus nationalen und EU-Mitteln summiert. Ausdrücklich begrüßt wurde von Wojciechowski die Zustimmung des EU-Parlaments zur Fortschreibung der Handelserleichterung für die Ukraine. Die notwendige europäische Solidarität werde damit gewährt. Zudem dürfe nicht vergessen werden, was Russland auf den Weltmärkten tue. Moskaus Ziel sei es, die Ukraine vollständig zu verdrängen und die Marktanteile zu übernehmen, so der Agrarkommissar, der nicht ausschließen wollte, dass auch Schutzmaßnahmen für andere Agrarprodukte aus der Ukraine, allen voran für Geflügelfleisch, Eier oder Zucker, eingeführt werden könnten.

Brief an Brüssel

Indes hat Österreich gemeinsam mit einem Dutzend anderen Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, die Niederlande und Dänemark, einen von Frankreich initiierten Brief an die EU-Kommission unterzeichnet, der betreffend der Getreide-Einfuhren aus der Ukraine über den Solidaritätskorridor auf die damit verursachten Verwerfungen am EU-Binnenmarkt verweist. Die Kommission wird damit aufgefordert, für mehr Transparenz sowie Stabilität auf den europäischen Agrarmärkten zu sorgen. Auch für  Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig ist die Ukraine eine der Kornkammern  für die globale Welternährung. Daher sei es wichtig, dass die ukrainischen Landwirte weiterhin Getreide produzieren und exportieren können. „Klar ist aber auch, dass wir alles daransetzen müssen, dass die Getreideexporte der Ukraine nicht in Europa hängen bleiben, sondern dort ankommen, wo sie am dringendsten benötigt werden: im Nahen Osten und in Afrika“, so Totschnig. Die EU müsse ihrer Verantwortung für funktionierende Märkte, globale Ernährungssicherheit und gleichzeitig der Solidarität gegenüber der Ukraine nachkommen. „Daher hat Österreich den von Frankreich initiierten Brief an die EU-Kommission unterstützt“, so der Minister gegenüber der BauernZeitung.

Totschnig: „Ukrainisches
Getreide muss dort ankommen, wo es auch gebraucht wird.“

Da nur marginale Mengen direkt aus der Ukraine nach Österreich importiert werden, gibt es in Österreich derzeit noch keine direkten Marktverwerfungen. Bei weiter stark fallenden Preisen bestehe jedoch die Gefahr dafür auch hierzulande.  Daher ist es laut Totschnig wichtig, „die Agrarmärkte genau zu beobachten und gegebenenfalls auf EU-Ebene mit Maßnahmen zu reagieren“.

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  • Getreidelieferung: Alexey Lesik - stock.adobe.com
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AUTORBernhard Weber
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