Technik, Tipps und Tricks für die Halmfutterernte

Im Mittelpunkt der 22. Fachtagung „Land.Technik für Profis“ am 14. und 15. Februar in Grieskirchen (OÖ) stand die Technik für die Halmfutterernte. Ein Blick auf die Highlights der Veranstaltung.

Die gemeinsam von der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e. V.) und der VDI-MEG (Max-Eyth-Gesellschaft im Verein Deutscher Ingenieure e. V.) durchgeführte Fachtagung fand in den Räumen der Landmaschinenfabrik Pöttinger statt. „Die Grünlandtechnik zur Ernte von Halm- und Feldfutter ist ein zu Unrecht stiefmütterlich behandeltes Thema. Bei der Fachtagung ‚Land.Technik für Profis‘ wollen wir den vielfältigen landtechnischen Innovationen in diesem Bereich Rechnung tragen“, gab der Vorsitzende der VDI-MEG, Markus Demmel, die Marschrichtung für die zweitägige Veranstaltung bereits bei seiner Eröffnungsrede vor. DLG-Präsident Hubertus Paetow stellte u. a. die Wichtigkeit des Grünlands heraus, das als Hauptrückzugsort für Biodiversität gelte und somit eine besondere Stellung innerhalb der Landwirtschaft einnehme, wenn es um Nachhaltigkeitsthemen und die Umsetzung gesellschaftlicher Anforderungen an die Branche ginge.

Mehr als 200 Teilnehmer, darunter eine große Zahl Praktiker waren in Grieskirchen zusammengekommen, um sich dem Thema Halmfutterernte und Grünlandtechnik umfassend in allen wichtigen Aspekten zu widmen. Beginnend bei den Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft im Allgemeinen und der Grünlandbewirtschaftung im Speziellen ging es über die Anforderungen aus Sicht der Praxis weiter zu aktuellen technischen Lösungen, Automatisierung und Verfahrensvergleichen sowie einer intensiven Diskussion der aufkommenden technologischen Trends. Eine Möglichkeit zur Werksbesichtigung und diverse Gelegenheiten zum Networking rundeten die Tagung ab. Im Rahmen der Eröffnung der Veranstaltung wurden die Herren Prof. Thomas Rademacher und Heinz Günter Gerighausen durch die DLG mit der Dencker-Kloth-Medaille, der höchsten Auszeichnung für Landtechnik, bzw. der Max-Eyth-Denkmünze in Silber geehrt.

Markus Baldinger, Geschäftsführer des gastgebenden Unternehmens Pöttinger Landtechnik, stellte in seinem Plenarvortrag heraus, dass es das erklärte Bestreben der Landtechnikbranche sei, die Arbeit der Landwirte leichter zu machen – und gleichzeitig das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Mit der Aussage „Landwirtschaft braucht jeder!“ hob er die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Branche hervor.

Viele Rahmenbedingungen ändern sich

Prof. Matthias Schick, Bereichsleiter Tierhaltung und Milchwirtschaft am Schweizer Kompetenzzentrum für Agrar-, Lebensmittel- und Hauswirtschaft Strickhof fasste in seinem Vortrag die Auswirkungen und Bedeutung des European Green Deal-Konzepts und der Farm-to-Fork-Strategie der EU-Kommission für die Grünlandwirtschaft zusammen. Plakativ konfrontierte er die Visionen mancher Stakeholder für die Milchviehhaltung mit den Anforderungen der Realität. Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und letztlich gesetzlichen Veränderungen forderte er die Veranstaltungsteilnehmer auf, die Grünlandbewirtschaftung bis hin zur Vermarktung von Milch und Fleisch im System zu denken. Ebenfalls mit den durch den Klimawandel induzierten Veränderungen befasste sich Prof. Martin Elsäßer aus dem Fachgebiet für Nachwachsende Rohstoffe in der Bioökonomie der Universität Hohenheim. Er ging vor allem darauf ein, wie man mit veränderten Sorten oder Mischungen in frühen Wachstumsphasen mehr produzieren kann um für ggf. auftretende Futterlöcher im Sommer vorzusorgen. Die Grünlandwirtschaft müsse insgesamt resilienter werden und auch im Grünland müsse man die Humusauflage im Blick behalten. Johann Gasteiner, Direktor und Leiter für Forschung und Innovation sowie Institutsleiter Tier, Technik und Umwelt von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein formulierte die zukünftigen Anforderungen an die Fütterung von Wiederkäuern. Das Grünland sei und bleibe das zentrale Element der Rinderfütterung, jedoch müsse man im Blick behalten, dass die Futteraufnahme der Kuh ein wesentlicher, limitierender Faktor sei. Dabei steigt auf den Weltmärkten die Konkurrenz: „Die 10.000er Milchviehbetriebe schießen aus dem Boden wie die Schwammerln!“

Intensive Nutzung – hohe Anforderungen an die Technik

Die Sicht der Praxis sowie die sich aus einer intensiven oder auch speziellen Grünlandnutzung ergebenden technischen Anforderungen stellten die Landwirte Leonhard und Hardy Hinterholzer aus Wolfratshausen (Bayern) sowie Alfons Göbel aus Ehlenz in der Südeifel (Rheinland-Pfalz) in ihren Beiträgen dar. So müssen die Heuvermarkter Hinterholzer ihre Bestandsführung und die auszuführenden Arbeiten nicht nur an die jeweiligen Standorte, sondern auch an die geplante Nutzung des geernteten Materials und damit an die Bewirtschaftungsintensität anpassen. Für sie wäre neben einer Online-Erfassung der Erntemengen auch eine Bestimmung der Restfeuchte wünschenswert, da sie das Heu für die Vermarktung trocknen und somit die Trocknungsanlage besser regeln könnten. Göbel hingegen, der auf dem Standpunkt steht, dass im Grünland nach wie vor bis zu 50 % des Ertrags- und Qualitätspotenzials nicht genutzt wird, würde großen Wert darauf legen, dass die Technik seine Anforderungen als Betriebsleiter automatisiert umsetzt und er sich somit weniger Gedanken darüber machen müsste, ob dies seine Mitarbeiter tun.

Aktuelle technische Lösungen

Im dritten Themenblock stellte Christoph Schürz vom Gastgeberunternehmen Pöttinger die umfangreichen Prüfmöglichkeiten vor, die sich mit dem eben fertiggestellten Neubau der dritten Prüfhalle am örtlichen Technologie- und Innovationszentrum TIZ ergeben. Stefan Thurner von der Arbeitsgruppe Grünland und Futterkonservierung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Freising-Weihenstephan fasste den aktuellen Stand der Technik zur Wildtierrettung beim Mähen zusammen und gab aus eigenen, wissenschaftlichen Untersuchungen heraus Empfehlungen ab, welche Technik für welche Rahmenbedingungen am sinnvollsten einzusetzen ist. Ziel müsse es sein, beim Mähen sicher keine Wildtiere im Bestand zu haben, denn zum einen wären Zielkonflikte immer vorprogrammiert und zum anderen ist man am Ende ohne die Gefahr eines Tierkontakts einfach schneller. Die bereits genannte Ertragserfassung im Grünland wurde von Thurners Kollege Franz Worek thematisiert, der sich im Rahmen des Experimentierfelds „DigiMilch“ mit der Ertrags- und Qualitätsentwicklung am Feldhäcksler im praktischen Einsatz beschäftigt. Seiner Ansicht nach kennen viel zu viele Betriebe ihre Ertragspotenziale nicht oder treffen Annahmen auf Basis von Tabellenwerken. Worek stellte vor, wie man mithilfe von NIR-Sensoren die entsprechenden Daten generieren und anschließend auch für die weiteren Betriebsentscheidungen nutzen kann.

Alles automatisch?

Die Aussage von Prof. Schick aus dem Eröffnungsvortrag, der der Vision des automatisierten Milchviehbetriebs eine Absage erteilt hatte, wollte Gregor Sueck von John Deere so nicht stehen lassen. Wie Landwirt Göbel sieht er in einer weitergehenden Prozessautomatisierung im Grünland einen Lösungsansatz für den kommenden Fachkräftemangel. Seiner Meinung nach sind aber selbst die Maschinen, die bereits im Feld laufen, noch bei weitem nicht an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt. Potenzial besteht hier – auch ohne Neuanschaffungen – darin, die Konnektivität zu erhöhen, d. h. die Maschinen an ein Gesamtsystem anzubinden. Alleine in der auf diese Weise möglichen vorausschauenden Wartung (engl. „Predictive Maintenance“) sieht Sueck die nächste Revolution in Sachen Zuverlässigkeit der Maschinen. Alfred Pöllinger-Zierler von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein stellte in seinem Verfahrensvergleich Schwaden fest, dass trotz aller Neuentwicklungen die Kreiselschwader-Technik allein aufgrund ihrer Einfachheit erhalten bleiben wird. Sie stößt aber an Grenzen, z. B. bei großen Arbeitsbreiten oder – weil das Futter über weite Strecken über den Boden geschoben wird – bei der Vermeidung von Futterverschmutzung. Optimierungspotenzial sieht er vor allem dort, wo Sensorik und Aktorik dem Fahrer Entscheidungen abnehmen. Franz Handler vom Lehr- und Forschungszentrum Francisco Josephinum in Wieselburg stellte in seinem Verfahrensvergleich die Futterbergung per Ladewagen – auch mit 25 mm theoretischer Schnittlänge – und die Häckselkette gegenüber. Vorteile hat der Ladewagen beispielsweise bei geringen Hof-Feld-Entfernungen oder aufgrund eines bei gleichen Flächenleistungen geringeren Personaleinsatzes, während die Häckselkette bei größeren Entfernungen mit geringeren Kosten punkten kann.

Ist die Zukunft autonom?

Zum Abschluss der Tagung und auch in der abschließenden Podiumsdiskussion befassten sich Prof. Dieter Trautz von der Arbeitsgruppe Agrarökologie und umweltschonende Landbewirtschaftung der Hochschule Osnabrück mit Entscheidungsunterstützungssystemen, die zur Pflege und Ernte von Grünlandflächen auf Künstliche Intelligenz (KI) zurückgreifen. Er erinnerte die Tagungsteilnehmer daran, dass KI nicht per se eine Erfolgsstory sei. “Die Natur eines lernenden System” habe aber bereits heute das Potenzial, in eng umgrenzten Bereichen zu ähnlich guten Entscheidungen zu kommen, wie die Betriebsleiter selbst. Magnus Rupp von Claas Saalgau, der in Vertretung von Christian Schmid über die Möglichkeiten und Verfahrensgrenzen einer autonomen Grünlandbewirtschaftung referierte, sah die Haupttreiber für einen höheren Automatisierungsgrad in der Fehlervermeidung, vor allem beim Faktor Mensch, sowie in der Entlastung von monotonen, anstrengenden Arbeiten, die teilweise bis zu körperlichen Schäden führen können.

Nach einer Podiumsdiskussion unter Moderation von Roland Hörner, Fachgebietsleiter Landtechnik im DLG-Fachzentrum Landwirtschaft, die alle wesentlichen Punkte der vergangenen beiden Tage nochmals streifte, fasste Hartmut Matthes, Geschäftsführer des BLU Bundesverbands Lohnunternehmen und Vorsitzender des Programmausschusses der Tagung „Land.Technik für Profis“ die maßgeblichen Aussagen der einzelnen Referenten nochmals zusammen. Im Wesentlichen kam er zum Schluss, dass die Prozessoptimierung eine größere Bedeutung erlangt und alle an der Grünfutterernte Beteiligten die Themen ganzheitlicher und vor allem vom Ende, sprich vom Tier her denken müssen. 

- Bildquellen -

  • Auditorium: DLG / F. Volz
- Werbung -
AUTORRed. MS
Vorheriger ArtikelAgrar-Terminmarkt (22. März ’23) / Die Charts sehen traurig aus
Nächster ArtikelDer robuste Tiroler