Vor Wahlen werden bäuerliche Wähler gerne mit deftigen Parolen und emotionalen Wahlslogans umworben, in Bierzelten wie auch auf Facebook. Zwischen den Urnengängen ist von FPÖ, SPÖ, NEOS und Grünen dagegen meist wenig Lösungsorientiertes zum Thema Land- und Forstwirtschaft zu hören. Im Gegenteil: Wenn es – vom Bauernbund erkämpfte – politische Errungenschaften für bäuerliche Betriebe gibt, stehen Neid und Missgunst auf der Tagesordnung. Auch zeichnen sich manche Abgeordnete der im Parlament vertretenen Parteien durch wenig agrarische Fachkompetenz aus. Daraus resultieren praxisferne Forderungen. Beispiele gefällig?
- Stalleinbrüche: Die FPÖ ist gegen ein strafrechtliches Verbot von Stalleinbrüchen. In der Schweiz oder in Deutschland gibt es ein solches. Im Herbst 2019 lehnten die Blauen den Gesetzesantrag der ÖVP für ein solches Verbot ab. Warum? Weil eine Mehrheit innerhalb der Partei sich ohne zu zögern gegen dieses für Tierhalter wichtige Anliegen aussprechen würde. Die ÖVP blieb mit ihrem Vorhaben alleine. Der SPÖ-Abgeordnete Dietmar Keck geht sogar noch weiter: Er bedankte sich beim Verein gegen Tierfabriken „dass sie in Ställe reingehen“ und Bilder vermitteln, die zeigen, wie in der Landwirtschaft wirklich mit den Fördergeldern und Tieren umgegangen wird.“ Laut Keck würde der VGT Förderungen dafür verdienen.
- Tiertransporte: Keinen Gefallen macht die FPÖ tierhaltenden Betrieben zudem mit ihrem Volksbegehren „Stoppt Lebendtier-Transportqual“. Es hätte eine massive Einschränkung der Lebendtiertransporte innerhalb Österreichs zur Folge, wenn „Schlachtviehtransporte nur noch vom Bauern zum nächstgelegenen Schlachthof“ passieren dürften. Würde das FPÖ-Volksbegehren so umgesetzt werden, dürften etwa Tiroler Bauern ihr Vieh nur mehr zum nähesten Schlachter nach Bayern verkaufen und das Fleisch die AMA-Gütesiegelqualifikation verlieren. Die Abgeordnete der Grünen, Faike El-Nagashi, wiederum forderte mehr „Pflanzenmilch, statt abertausende Kälber jedes Jahr auf qualvollen Lebendtiertransporten in ihr Verderben zu schicken“.
- Tierschutzgesetz: Das von ÖVP und Grünen vorgelegte Tierschutzgesetz, das eine praxistaugliche Weiterentwicklung des Tierwohls vorsieht, ging der Opposition nicht weit genug. Wieder kritisierte der rote Abgeordnete Dietmar Keck: „Es handelt sich nicht um ein Tierschutzgesetz, sondern um eines, das Tierquälerei in Österreich verlängert.“ Und: „Der Gesetzesvorschlag der Regierung soll bekanntlich tierquälerische Vollspaltenböden auf Jahrzehnte verlängern.“ Die dauernde Anbindehaltung von Rindern bliebe noch lange aufrecht, „ebenso Transporte viel zu junger Kälber“, so der Tierschutzsprecher der SPÖ.
- Kennzeichnung der Herkunft: Der FPÖ-Wirtschaftsflügel forderte mehrmals, die Bundesregierung solle ihre „Gastronomie-Attentate umgehend stoppen“. Die Kennzeichnung der Herkunft von Lebensmitteln sei Sache des Handels, nicht der Wirte, so Michael Fürtbauer von der Freiheitlichen Wirtschaft. Geht es nach dem blauen Wirtesprecher, basiere eine Herkunftskennzeichnung „auf Freiwilligkeit, nicht auf Verpflichtung“.
- Pensionen und Sozialversicherung: Seine Kollegin im Hohen Haus, Dagmar Belakowitsch, ist wiederum gegen höhere Pensionen für bäuerliche Ausgleichszulagenbezieher, die 2020 im Nationalrat im Zuge der Absenkung des fiktiven Ausgedinges beschlossen wurden. Sie geiferte damals: „450 Euro monatlich gibt es nur für die Bauernpensionisten! Und da frage ich jetzt schon: Wo haben die in der Krise weniger gehabt?“ Ähnlich argumentierte damals der SPÖ-Abgeordnete und Gewerkschaftsboss Josef Muchitsch: „Den durch die (Corona-)Krise unverschuldet gewordenen Arbeitssuchenden gibt man einmalig ein Almosen von 450 Euro. Im gleichen Atemzug schenkt die Regierung den Bauern, die von Corona und den Einschränkungen null betroffen sind, dauerhaft und sogar rückwirkend eine Pensionserhöhung.“ Sozialneid befeuerte auch Gerald Loacker von den NEOS im Plenum, auch er sprach von „Geschenken für die Bauern“: „Es gibt immer eine Gruppe, um die sich die ÖVP besonders kümmert und die immer ein kleines Geschenk bekommt.“ In jeder Sozialversicherungsnovelle sei ein solches für die Bauern verpackt, „so auch diesmal“.
- Pauschalierung: Auch sein Parteigänger, der Hotelier Sepp Schellhorn, beschwert sich via sozialen Medien über die Anpassung der Pauschalierungsgrenzen für die Land- und Forstwirtschaft. Er habe zwar Verständnis für die Landschaftspfleger, Bauern und Erzeuger, jedoch hinterfragt er die für bäuerliche Betriebe so wichtige Maßnahme wie folgt: “600.000 Pauschalierung! Was ist da fair und gerecht?“
- Pflanzenschutz: Zurück zur FPÖ: In mehreren schriftlichen Anfragen forderte deren EU-Abgeordneter Harald Vilimsky die EU-Kommission auf, Glyphosat in der EU rasch zu verbieten, denn „das Totalherbizid ist das am meisten verwendete Ackergift in Europa“. Er ließ auch nicht locker: „Wird mit dem Ablauf des Genehmigungszeitraums Glyphosat endlich verboten?“, wollte Vilimsky von der Kommission wissen. In die gleiche Kerbe schlug SPÖ-Abgeordnete Julia Herr. Sie publizierte, dass ihre Partei an einem Totalverbot von Glyphosat weiter festhalten werde. Auch bei den Grünen ist man im Umgang mit den Bauern nicht zimperlich. Im Wahlkampf in Oberösterreich plakatierte man die Frage „Bio oder Gift?“ und wollte damit offenbar auch biologisch und konventionell geführte Betriebe auseinanderdividieren.
- Bildquellen -
- Parteien: Merl/BZ