Der Winter wird allgemein im Gemüseanbau als verlorene Jahreszeit angesehen. Die Böden werden im Spätherbst geräumt und Aussaaten beginnen teilweise erst wieder im Februar. Das Projekt „Winterfrischgemüse“ der Agrarmarketing Tirol zeigt, dass der Gemüseanbau im Herbst aber kein Ende finden muss. Die positiven Auswirkungen sind vielfältig: Neben der Stärkung regionaler Wirtschaftsketten und Bewusstseinsbildung auf Seiten der Konsumenten kommt diese Art des Anbaus ohne lange Transportwege und energieintensive Beheizung aus.
Bunte Vielfalt
In den östlichen Bundesländern ist der Anbau von Wintergemüse bereits erprobt. In einer ersten Pilotphase haben sich vier engagierte Tiroler Betriebe der Herausforderung gestellt, Gemüse im geschützten, unbeheizten Anbau zu kultivieren. Die dafür benötigten Jungpflanzen wurden durch die Bio-Gärtnerei Seidemann aufgezogen und ausgegeben. Insgesamt 46 verschiedene Gemüsesorten zählt der Anbauplan, welche ab Ende August bis Dezember kultiviert wurden. Darunter finden sich Klassiker wie Karotten, bunte Radieschen und Vogerlsalat, aber auch Exoten wie Pak Choi und Grün im Schnee.
Winterliche Erntezeit
Prof. Wolfgang Palme, Abteilungsleiter Gemüsebau an der HBLFA für Gartenbau in Schönbrunn, begleitet das Projekt von Anfang an von der wissenschaftlichen Seite: „Winter ist nicht Hauptwachstumszeit, aber Erntezeit, und das scheinen wir vollkommen vergessen zu haben. Weil viele Gemüsearten wesentlich frosthärter sind als wir ihnen das zugetraut haben, eignen sie sich bestens für einen ungeheizten, saisonalen Anbau unter einfachsten Bedingungen. Tiroler Gemüsebetriebe haben dabei einen unschlagbaren Vorteil: sie liegen auf der winterlichen Sonnenseite des Landes!“
Bereicherung für Gärtner
Martkgärtner Hannes Rendl zieht positive Bilanz über seine Erfahrung mit Wintergemüse: „Das Wintergemüse ist in seinem Anbau und seiner Kultivierung viel entspannter, da es in einem langsameren Tempo reift. Der goldene Herbst in diesem Jahr war ein absoluter Bonus für jeden Gärtner und für die Winterkulturen. Es braucht Mut um ein solches Projekt anzugehen, aber schlussendlich bedeutet es weniger Stress im Sommer und mehr Genuss im Winter.“
Haubenkoch Peter Fankhauser sorgte für kulinarische Begleitung bei der Projektvorstellung und zeigte die vielfältigen Verarbeitungsmöglichkeiten von Wintergemüse. Der Zill08ertaler betreibt selbst einen Permakulturgarten und baut den Großteil des Gemüses für sein Restaurant selbst an. „In meinem Betrieb verfolge ich diesen Ansatz schon seit längerem. Das Projekt der Agrarmarkting ist ein weiterer Puzzlestein zur konsequenten Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstrategie.“
- Bildquellen -
- Pressetermin Winterfrischgemüse 02: Thomas Steinlechner