Die Lage für die Schweinebauern spitzt sich immer mehr zu. Die aktuellen Teuerungen bereiten ihnen, wie auch vielen anderen landwirtschaftlichen Branchen, große Sorgen. Aufgrund von Kostensteigerung von bis zu 100 Prozent bräuchten Schweinebauern einen Notierungspreis von 2,25 Euro – momentan liegt dieser jedoch 40 Cent darunter. „Wenn wir in den nächsten Wochen die Vollkostendeckung nicht erreichen, befürchte ich den größten Aderlass in der Geschichte der heimischen Schweinehaltung“, so VLV-Geschäftsführer Johann Schlederer. Doch das ist bei weitem noch nicht das einzige Problem, welches die Schweinebauern derzeit beschäftigt. Denn auch die Diskussionen rund um das Thema „Tierwohl“ werden von Tag zu Tag heißer. Vollspaltenverbot und Ringelschwanz-Gebot seien dabei die markantesten Schlagworte.
Darstellung als „Tierquäler“ trifft heimische Bauern massiv
Eine Novellierung des Tierschutzgesetzes und der Tierhaltungsverordnung steht an. Darin geregelt werden Fragen, wie Schweine künftig gehalten werden, ob auf Spaltenböden, mit oder ohne Einstreu und wieviel Platz dem Tier zur Verfügung stehen soll. Derzeit ist in Österreich wie auch in faktisch allen anderen EU-Staaten der Spaltenboden das mit über 90 Prozent Anteil am weitesten verbreitete Haltungssystem. Hierzulande werde das Haltungssystem von kleinen Gruppierungen wie etwa von NGOs stark kritisiert. „Man muss hier wirklich die Kirche im Dorf lassen. Spaltenböden sind in der gesamten
Welt das Standardsystem. Dass unsere Schweinebauern nun als Tierqäuler hingestellt werden, trifft sie massiv. Denn sie sind es, die sich jeden Tag um die Tiere kümmern. Wir lassen uns die Schweinehaltung nicht schlechtreden“, betont der oberösterreichische Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger. Darüber hinaus stehe die Schweinebranche – seit dem Vorfall eines verwahrlosten Schweinestalles – ständig unter Beobachtung. „Dass solche Einzelfälle nun so verallgemeinert und auf die gesamte Branche umgelegt werden, macht mich stinksauer“, so Schlederer.
Gesetzlicher Zwang bedeutet Todesstoß für heimische Bauern
Nur wenn in der gesamten EU die höheren Haltungsstandards umgesetzt werden würden, wären diese vertretbar. Doch dies sei bei weitem nicht der Fall, sei doch ein Vollspaltenverbot für andere EU-Länder völlig undenkbar. Lediglich in Schweden und Finnland werden die geforderten Standards erfüllt, doch sei in Schweden nur noch eine Schweinefleisch-Eigenversorgung von 50 Prozent gegeben. Käme nun ausschließlich in Österreich ein gesetzlicher Zwang für höhere Haltungsstandards, würde man hierzulande mit importiertem Billig-Fleisch aus konventionellen Betrieben überflutet werden. „Dies würde den Todesstoß für unsere Schweinebauern bedeuten“, ist Waldenberger überzeugt. „Internationale Mitbewerber am Binnenmarkt reiben sich schon die Hände, wenn bei uns Schweinebauern das Handtuch werfen“, so Schlederer und warnt weiters: „Wenn die Landwirte nun aus der Branche verjagt werden, dann kommen sie nicht mehr zurück.“
Stufenprogramm für mehr Tierwohl setzt auf Freiwilligkeit
Der Markt zeige weiters eine unterschiedliche Bereitschaft der Käufer, bis zu welcher Höhe ein Mehrpreis akzeptiert wird. Denn nicht jeder könne sich – gerade in Zeiten wie diesen – „Tierwohl-Fleisch“ leisten. Vor diesem Hintergrund hat der Verband Österreichischer Schweinebauern gemeinsam mit der AMA einen Masterplan Schweinehaltung entwickelt (siehe Grafik). So ist geplant, dass in zehn Jahren ein Viertel der heimischen Schweine aus „Tierwohl (TW 60)“-, „TW 100“- und Bio-Programmen kommt. Das Konzept sei bereits seit September fertig, an der Kommunikation an die Öffentlichkeit fehle es bisher seitens der AMA. Denn die Schweinebauern seien bereit für eine Weiterentwicklung, jedoch nicht durch Zwanghaftigkeit, sondern durch Freiwilligkeit.
Johannes Langmayr, Bauer in Haid bei Linz, bewirtschaftet einen Schweinestall, in dem die Tiere bereits 60 Prozent mehr Platz („TW 60“) haben als gesetzlich vorgeschrieben. Darüber hinaus wird der Betrieb mit etwa 700 Mastplätzen als „klimafit“ eingestuft, da Langmayr lediglich Donau-Soja als Eiweißfuttermittel verwendet. „Ich wollte mich von der konventionellen Haltung abheben“, erzählt er. Eine Steigerung des Tierwohls durch höhere Haltungsstandards bedeute aber auch mehr Aufwand und Kosten. Diese müssten über einen Mehrerlös abgedeckt werden. Darüber hinaus brauche eine Umstellung – in Richtung von Stallsystemen mit Stroh-Einstreu, mehr Platzangebot und teils auch mit Auslauf ins Freie – genügend Vorlaufzeit, da diese auch mit beträchtlichen Kosten verbunden ist. „So einen Stall zahlt man erstmal 20 Jahre ab, erst dann verdient man etwas“, weiß Langmayr aus eigener Erfahrung. Für ihn fühlt sich die Entscheidung aber dennoch richtig an: „Mir taugt es und den Schweinen auch“, so Langmayr.
- Bildquellen -
- Masterplan: LKOÖ