Waldwirtschaft dominant männlich?

Im Forst sind die Frauen eine Minderheit. Speziell in der Führungsriege ist das weibliche Geschlecht noch unterrepräsentiert. ProHektar begab sichauf Ursachenforschung und sprach mit einer Vorreiterin der Branche.

Stark, ehrgeizig, charismatisch und doch eine Ausnahmeerscheinung: Das sind Frauen in der Forstwirtschaft. Wenn man einem aktuellen Forschungsprojekt der Universität für Bodenkultur (Boku) Glauben schenkt. Auch am Papier, oder besser gesagt im Grundbuch, unterliegen die Waldeigentümerinnen noch dem männlichen Pendant. Nur etwa 30 Prozent des heimischen Waldes sind in Frauenhand. Immerhin: Tendenz steigend – vermutlich hauptsächlich aufgrund von Erbschaften. Während in anderen Branchen Frauen inzwischen gut sichtbar sind, treten Forstwirtinnen und Waldbäuerinnen (noch) verhältnismäßig wenig in Erscheinung. Selbiges gilt für die Arbeitnehmerinnen entlang der Wertschöpfungskette Holz. Mit einem Anteil von 19 Prozent machen sie bisher weniger als ein Fünftel der Beschäftigten aus. Folglich schafften es bis dato auch nur eine Handvoll Frauen in Führungspositionen.

Woran das liegt und wie sich Geschlechtergleichheit auf den Wald auswirkt, untersucht das vom Landwirtschaftsministerium finanzierte Forschungsprojekt „Die Auswirkung von Gender Balance auf die Wertschöpfungskette Holz: Frauen in Führung und Management“. Ein sperriger Titel, aber ein wichtiges Thema. Denn auf die Frage „Was bringt Geschlechtergleichheit dem Wald?“ hat Projektforschungsleiterin Alice Ludvig eine klare Antwort: „Einiges.“

Von starken weiblichen Persönlichkeiten profitieren

Bisher mussten Frauen starke Persönlichkeiten sein, um im waldbasierten Sektor in Führungsrollen zu gelangen. Zu diesem Ergebnis kam Ludvig nach diversen Interviews mit führenden Frauen zu deren Werdegang und hinderlichen oder sogar förderlichen Karrierefaktoren. Vorweg: Weniger kämpferische Persönlichkeiten blieben auf der Strecke – und damit auch ihr Potenzial. Ludvigs spricht sich daher für eine Öffnung des Systems weg von klassischen Rollenbildern aus. Schließlich sind die Vorstellungen, wie eine Führungskraft (auch im Wald) sein sollte, maskulin geprägt. „Es bedarf weiterhin ausführlicher Trainings für Auswahlkommissionen, Führungsgremien sowie Aufsichtsräte, um ihnen die unterschiedlichen Maßstäbe an Exzellenzkriterien bewusster zu machen“, sagt Ludvig. Langfristig würde die Branche nämlich von Geschlechtergleichheit profitieren: „Aus der Innovationsforschung ist bekannt, dass Diversität und die Einbeziehung von ,anderen‘ Gruppen als den üblichen zu neuen Ideen, Aufschwung, Wachstum und ökonomischer Stabilität führen können.“ Dem pflichtet auch Hermine Hackl bei. Sie ist vielen Forstfrauen seit Langem ein großes Vorbild und meint: „Frauen und Männer ergänzen einander ganz wunderbar zum Nutzen der gesamten Branche. Da sollte es überhaupt kein Konkurrenzdenken geben.“ Denn: „Frauen alleine werden die Welt auch nicht retten“, so Hackls realitätsnahe und sympathisch, humorvolle Schlussfolgerung vorweg.

„Am Anfang ist es ein Kampf“

Dass Frauen der Forstwirtschaft viel zu bieten haben und in manchen Bereichen sogar kompetenter sind, steht für Hackl außer Frage: „Gerade wenn es um die Kommunikation nach außen geht oder darum, das große Ganze zu sehen, sind Frauen – mit Verlaub – besser.“ Sie selbst, die einst von der „Kronenzeitung“ als „Stimme des Waldes“ bezeichnet wurde, ist wahrscheinlich das beste Beispiel dafür. Die aus einer Grazer Gärtnerfamilie stammende Steirerin hat es in eine eindrucksvolle Position geschafft: Sie ist Leiterin der Forstlichen Ausbildungsstätte Traunkirchen (FAST), laut Hackl „das größte Waldkompetenzzentrum Europas“. Dort arbeitet sie jeden Tag erfolgreich mit einem Männerteam zusammen. „Wenn die wollten, könnten sie mich jeden Tag auf der Bananenschale ausrutschen lassen.“ Doch das Gegenteil sei der Fall, sie werde von allen loyal unterstützt, alle würden ihr „voll zuarbeiten“, so Hackl. Als Frau mit Erfahrung in Führungspositionen gibt sie aber zu: „Am Anfang ist es meis- tens ein Kampf. Man muss ihn nur durchstehen.“ Nicht selten gebe es Vorbehalte gegen die vermeintlichen Quotenfrauen. „Aber wenn die Männer sehen, dass frau sich ebenso anstrengt und kompetent ist, wird das mit Loyalität, Anerkennung und Wertschätzung goutiert.“
Sie selbst habe grundsätzlich stets gute Erfahrungen gemacht. Gerade am Anfang hätten sie Männer auch gefördert und in namhafte Funktionen gehievt. Später waren es dann Frauen. „Hier gibt es inzwischen große Solidarität. Aber nicht, weil man einfach eine Frau auf den Chefposten setzen möchte, sondern weil die Entscheidungsträgerinnen überzeugt sind, dass Frauen in einer Männerbranche Positives bewirken können – und das Wohl aller im Auge haben.“

Längst engagiert sich Hackl selbst in diversen Mentoring-Programmen. Sie will junge Frauen – anders als sie es selbst einst erfahren hat – dazu ermuntern, in Männerdomänen einzudringen. „Ich wollte immer Forstwirtschaft studieren. Damals hieß es aber: Kommt nicht infrage. Das ist ein Männerberuf“, schildert die heute 58-Jährige ihre prägendste Erfahrung. Gram sei sie ihren Eltern deshalb nicht, „es war nicht fehlende Fürsorge, sondern dem Zeitgeist geschuldet“. Und es führte dazu, dass sie „brav Theaterwissenschaften studierte“. Dabei habe sie aber schon immer gespürt, dass der Wald ihre Bestimmung ist. Und so kam es auch. Nach Anfängen als Pressesprecherin bei den Land&Forst Betriebe, später der AMA-Marketing sowie Vorstandstätigkeiten bei diversen Forstverbänden ist sie heute Leiterin des Waldcampus am Traunsee. „Seinem Schicksal entkommt man schließlich nicht“, meint Hackl schmunzelnd.

Die viel zitierte gläserne Decke hat Hackl längst durchbrochen. „Vor 40 oder 50 Jahren war das noch undenkbar. Geben tut es sie jedoch noch immer“, so Hackl. Und leisten müsse man als Frau viel mehr: „Um karrieremäßig das Gleiche zu erreichen wie ein Mann, muss eine Frau doppelt so hart arbeiten.“ Auf die wenigen Vorbilder und Heldinnen speziell der Forstbranche trifft das sicher zu. Neben Hackl gehören dazu ganz klar Maria Patek, Kurzzeit-Landwirtschaftsministerin in der Übergangsregierung Bierlein und nun wieder Sektionschefin für Forstwirtschaft und Nachhaltigkeit im Landwirtschaftsministerium; ebenso Elfriede Moser, Österreichs erste und bislang einzige Landesforstdirektorin, sowie Dagmar Karisch-Gierer, Fachreferentin an der FAST Pichl und Gründerin des Vereins der Forstfrauen.

Forstfrauen-Motto: Eine für alle, alle für eine

Die Leistungen von Frauen in der Forst- und Holzwirtschaft sichtbar zu machen, war das Gründungsziel dieses Vereins vor genau 20 Jahren im Jahr 2001. Dadurch sollten Waldeigentümerinnen, Försterinnen, Forstarbeiterinnen, Ziviltechnikerinnen u. a. ermutigt werden, bewusst in der Männerdomäne aufzutreten. Dank eines engen, gut funktionierenden Netzwerks und (inter)nationaler Veranstaltungen sei seither bereits viel erreicht worden, aber es gebe noch genug zu tun. Immerhin, die Forstfrauen sehen sich nicht mehr als Randgruppe, sondern im Zentrum der Forstwirtschaft und Öffentlichkeit angelangt. Gefeiert wurde das jüngst in Kobenz mit der hundertsten Veranstaltung von Wald in Frauenhänden. Auch hat der Verein selbst vor Kurzem die 100-Mitglieder-Marke überschritten. Und im Sinne der Diversität sind unter den Mitgliedern auch Männer zu finden. „Wie könnte man die Offenheit der Forstfrauen, aber auch die Offenheit der Branche gegenüber den Forstfrauen besser illustrieren?“ stellte dazu Obfrau Karisch-Gierer klar.


Quelle: Petra SpiolaHermine Hackl
Die gebürtige Steirerin mit persönlichem Lebensmittelpunkt im Waldviertel (wo sonst?) ist Leiterin der Forstlichen Ausbildungsstätte Traunkirchen sowie Generalsekretärin der Kooperationsplattform Forst Holz Papier (FHP) . Zuvor war sie Direktorin des UNESCO-Biosphärenpark Wienerwald, Leiterin der Unternehmenskommunikation bei AMA-Marketing, Sprecherin der Land&Forst Betriebe Österreichs. Sie ist Magister der Philosophie. Parallel zum Studium der Theaterwissenschaften hat sie Kurse für Maschinenbau und Betriebstechnik und auch eine Sprecherinnenausbildung absolviert.

Quelle: Privat

Dagmar Karisch-Gierer
Die Obfrau und Gründerin des Vereins Forstfrauen ist hauptberuflich Fachreferentin und Qualitätsbeauftragte an der Forstlichen Ausbildungsstätte Pichl. Sie treibt zudem eine Vielzahl von Projekten wie „Fem4Forest“ oder „Wald in Frauenhänden“ voran. Ihr Tun ziele stets auf Weiterentwicklung für Waldbesitzer, Frauen und Organisationen in der Forst- und Holzwirtschaft ab. Karisch-Gierer hat an der Boku Forstwirtschaft studiert und arbeitete beim LFI Steiermark, bevor sie als Forstfrau durchstartete.

Quelle: BMNT/Paul GruberMaria Patek
In der Übergangs-Expertenregierung unter Brigitte Bierlein bekleidete Patek das Amt der Agrar- und Umweltministerin. Zuvor war die gebürtige Steirerin Leiterin der Sektion Forstwirtschaft und Nachhaltigkeit im Landwirtschaftsministerium. In diese Funktion kehrte sie auch Anfang 2020 nach ihrer Regierungstätigkeit zurück. Begonnen hat die Boku-Absolventin (Studium Forst- und Holzwirtschaft) als Referentin und später Abteilungsleiterin der Wild­bach- und Lawinenverbauung.

Quelle: Petra Kragl

Elfriede Moser
Mit der gebürtigen Mühlviertlerin ist seit 2016 erstmals in der 150-jährigen Geschichte der neuen österreichischen Landesforstdirektionen eine Frau im Amt. Als Leiterin des OÖ Forstdienstes hat Moser die Aufsicht über rund eine halbe Million Hektar Wald. Leistungsfähige und vor allem klimastabile Bestände sind dabei ihr oberstes Ziel. Studiert hat Moser an der Boku. Zudem absolvierte sie einen Universitätslehrgang für Kommunikation. Berufliche Erfahrung sammelte sie bei den Land&Forst Betrieben, bei der EU-Kommission in Brüssel und als Bezirksforstinspektorin bei der BH Perg.

Quelle: WK Steiermark

Monika Zechner
Die Unternehmerin hat vor etwas weniger als 40 Jahren in den bekannten Traditionsbetrieb Zechner Holz in Deutschfeistritz eingeheiratet. Seither führt die Mutter zweier erwachsener Kinder gemeinsam mit ihrem Mann das Sägewerk. Im Unternehmen ist sie für Administration und Verkauf zuständig. Fachlich hat sich Zechner unter anderem durch den Master in Management mit Schwerpunkt Holzwirtschaft fortgebildet. Sie ist die erste Österreicherin, die dieses Studium erfolgreich abgeschlossen hat. Seit 2013 ist die Steirerin auch Obfrau der Holzindustrie, auch hier ist sie die erste Frau Österreichs, die dieses Ehrenamt inne hat. Bei den Forstfrauen sitzt sie im Vorstand.

- Bildquellen -

  • Hermine Hackl: Petra Spiola
  • Dagmar Karisch Gierer: Privat
  • Maria Patek: BMNT/Paul Gruber
  • Elfriede Moser: Petra Kragl
  • Monika Zechner: WK Steiermark
  • Forstarbeiterin: AK-DigiArt - stock.adobe.com
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AUTORElisabeth Hasl
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