Bisons gelten als die gewaltigsten Landsäugetiere Nordamerikas, sind nahe Verwandte der europäischen Wisente und haben ein ähnliches Schicksal erlitten. Nachdem die zotteligen Herdentiere im vorigen Jahrhundert bis auf wenige Exemplare ausgerottet waren, kehren die genügsamen „Urviecher“ als Fleischlieferanten und Grünlandverwerter zurück.
Stärker als ein Stier und schneller als ein Pferd
Die mächtigen Vierbeiner gelten als ausgesprochen neugierig, gemütlich und friedfertig. Geraten sie jedoch in Panik, können die Instinkt getriebenen Fluchttiere blitzschnell reagieren. Bisons können eine Geschwindigkeit von 65 Kilometern pro Stunde erreichen oder ohne Pause bis zu vier Stunden mit Tempo 50 laufen – selbst Flüsse durchqueren und aus dem Stand gut eineinhalb Meter hoch springen sind für einen „Buffalo“ kein Problem. Die imposanten Bisonbullen sind am Buckel bis zwei Meter hoch und erreichen ein Gewicht von bis zu 1200 Kilogramm.
In der Zucht unterscheiden sich die Bisons in vielen Punkten von domestizierten Rindern. So geschieht die Haltung von Bisons nur zu den Bedingungen der Tiere. Sie haben ihre ganz eigenen Vorstellungen und lassen sich nicht vom Menschen beeinflussen. Durch den genügsamen Charakter und die ausgesprochene Widerstandsfähigkeit der Tiere ergeben sich trotzdem für den Züchter große Vorteile in dieser extensiven Art der Tierhaltung. Die Herde lebt nahezu autark auf der Weide, und die Kälber kommen in der freien Natur zur Welt. Selbstverständlich sollten vernünftiges Weidemanagement und Zufütterung auf einem befestigten Futterplatz im Winter erfolgen. Für alle notwendigen Routinearbeiten, wie das Verteilen der Ohrmarken oder das Entwurmen, ist absolute Vorsicht geboten. Das gilt auch für Tierärzte, wenn Verletzungen behandelt werden müssen. Die Anwesenheit eines Menschen ist für verletzte Wildtiere, ganz besonders für entzückende Bison-Kälbchen, immer mit Stress für das Tier verbunden.
Bisonhaltung am Biohof Edibichl im Triestingtal
Auf 520 Metern Seehöhe liegt der Biohof von Lukas Kocher. Bereits Ende 2011 übernahm der heute 25-Jährige, als damals jüngster Hofübernehmer Österreichs, den Betrieb seines nur um 20 Jahre älteren Vaters. Nach Jahren im Nebenerwerb geht Vater Eduard seither seiner außerlandwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit nach.
Im Gespräch mit der BauernZeitung erzählt der „junge Altbauer“, wie er seine Faszination für die Bisonzucht entdeckt hat. „Alles begann mit einem Schlüsselerlebnis im Jahr 2005“, erzählte der einstige Nebenerwerbsbauer: „Eigentlich wollte ich den Fernseher noch abschalten, doch dann inspirierte mich eine Wirtschaftssendung über das amerikanische Büffel-Bussiness.“ Dabei erfuhr er, dass Bisons nur wenige Ansprüche stellen und dass das Fleisch gesundheitlich besonders wertvoll sei, denn durch das extrem langsame Wachsen ist Bisonfleisch einerseits sehr kurzfasrig, andererseits hat es kaum Fett, viel Eiweiß, weniger Wasseranteil gegenüber Rindfleisch und ist reich an wertvollen Inhaltsstoffen sowie Spurenelementen. Am wichtigsten sei jedoch der kolossal gute Geschmack des Bisonfleisches, so Kocher. Was aber alles beim Kochen zu beachten ist, hat Eduard Kocher Jahre später in einem eigenen „Bison-Kochbuch“ zusammengefasst.
An den Erfolg mit dem Nischenprodukt „Bisonfleisch“ war Kocher von Beginn an überzeugt, weil es zum damaligen Zeitpunkt in ganz Europa knapp 2000 Bisons gab, die den heimischen Bedarf jedoch nur zu fünf Prozent abdeckten. Eduard Kocher gefielen die Tiere auf Anhieb, und er dachte sich: „Wir haben kalte Winter und warme Sommer und auf unsere 21 Hektar Eigengrund täte er gut herpassen.“ Nach dieser zündenden Idee hat es noch einige Jahre gedauert, bis die Kochers die erste trächtige Bison-kuh aus dem Tiergarten Schönbrunn und den ersten Bullen aus dem Tierpark Haag beziehen konnte. Anfangs stellte sich das Problem der Inzuchtdepression als größte Herausforderung heraus. Die einst geschlossene Population ist heute in zahlreiche Inselpopulationen zersplittert. Deshalb ist es in der Bisonzucht umso wichtiger, die Erbsubstanz richtig zu bewerten und mit unterschiedlichen Blutlinien sowie mithilfe moderner Genanalysen weiter zu züchten. Ein weiterer hemmender Faktor in der Betriebsentwicklung ist die Tatsache, dass es kaum Biotiere zu kaufen gibt. Dazu kommen lange Übergangsphasen, weshalb das Bisonfleisch explizit „konventionell“ ausgelobt wird. Laut Kocher ist die Preisbemessung so hoch, weil die Tiere erst mit drei Jahren die Schlachtreife erreichen und die Schlachtausbeute geringer ist als beim Rind. Frischfleisch, Burger und Wurstwaren werden in erster Linie an Privatkunden im Hofladen, bei Veranstaltungen und ins benachbarte Ausland verkauft. Der Hof hat sich mittlerweile auch zu einem beliebten Ausflugsziel entwickelt, Führungen samt Verkostung sind nach Voranmeldung möglich und somit auch für Exkursionen und Betriebsausflüge interessant – auch Busse sind gerne willkommen. Auf den Erfolg angesprochen meint Kocher: „Für eine Optimierung muss man das eigene Tun auch hinterfragen können. Meine persönliche Erfolgsformel lautet deshalb Erfolg ist Können mal Ausdauer.“
Betriebsspiegel: Biohof Edibichl, Familie Kocher
• Betriebsgröße: 50 Hektar Grünland, 5 Hektar Acker
• Betriebszweige: Bison- und Mutterkuhhaltung, Mangalitza-Schweine, Geflügel, Direktvermarktung
• Arbeitskräfte: Lukas arbeitet Vollzeit am Betrieb, Schwester Julia und Mutter Verena neben der Arbeit, Vater Eduard zumeist in der Organisation von Buchhaltung bis hin zu Führungen, weitere Familienmitglieder helfen ebenfalls noch mit.
• Kontakt: Lukas Kocher, 2571 Altenmarkt,
Thenneberg 23, Telefon: 0664/1218465
E-Mail: office@bisonfleisch.at, www.bisonfleisch.at
Artur Riegler