„GVO-freie Fütterung“: Was im Ausschuss beschlossen wurde

Erklärtes Ziel aller Parlamentsparteien und der Bundesregierung ist es sicherzustellen, dass künftig genug gentechnikfreies Soja aus nationaler und europäischer Produktion auch für Schweinfutter zur Verfügung steht.

Künftig soll genug gentechnikfreies Soja aus nationaler und europäischer Produktion auch für Schweinfutter zur Verfügung stehen. FOTO: agrarfoto.com

Für Irritationen unter Schweinebauern sorgt aber seit Mitte der Woche die Berichterstattung über den jüngsten Landwirtschaftsausschuss im Parlament. In diesem wurde ein Entschließungsantrag verabschiedet, in dem die derzeit bestehende „GVO-Lücke“ im AMA-Gütesiegelprogramm rund um die Verfütterung von gentechnikfreiem Soja an Schweine geschlossen werden soll.

Aufgrund eines Versehens bei der Abstimmung bei diesem vorbreitenden Ausschuss für das Ende Mai folgende Plenum erhielt ein ähnlich lautender Antrag der Neos mit aus Sicht der ÖVP-Agrarvertreter überschießenden Forderungen betreffend GVO-freie Fütterung eine Mehrheit. Diese Panne hat jedoch keinerlei Konsequenzen und ist leicht zu korrigieren. Eine Mehrheit für diesen Antrag im Nationalrat gilt als ausgeschlossen.

Fest steht: Erklärtes Ziel aller Parlamentsparteien ist es, sicherzustellen, dass den Schweinebauern künftig gentechnikfreie nationale und europäische Eiweißquellen für Futtermittel zur Verfügung stehen.

Was wurde am Dienstag konkret von den Vertretern der ÖVP und der Grünen, unterstützt von den Freiheitlichen, beschlossen?

Das AMA-Gütesiegel soll in enger Abstimmung mit Vertretern der Schweinebranche und der Bäuerinnen und Bauern weiterentwickelt werden. Statt Soja aus Südamerika soll künftig europäischer Soja im Futtertrog landen. Im Zuge einer Eiweißstrategie sollen Transportwege verkürzt und die Produktion von Eiweißfutter in Österreich gestärkt werden. 

Ist die GVO-freie Fütterung schon fix?

Das ist der Startschuss für einen breiten Diskussionsprozess unter Einbindung aller relevanten Akteure der Branche. Der im Landwirtschaftsausschuss mehrheitlich verabschiedete Antrag wird Ende Mai im Plenum des Nationalrates diskutiert. 

Welche Bedingungen braucht es für die Umsetzung?

Veränderungen bei der Fütterung erfordern Übergangsfristen, eine marktbasierte Entwicklung und ausreichend gentechnikfreies Soja aus europäischer Produktion. Ergänzend dazu müssen Vermarktungsmaßnahmen zur Absatzsteigerung gentechnikfreier Produkte sowie zur vermehrten Abnahme dieser durch die öffentliche Beschaffung, die Gastronomie und den Handel sichergestellt werden.

Und wer zahlt den Mehraufwand?

Die anfallenden Mehrkosten müssen von allen Marktteilnehmern getragen werden: den Konsumenten, dem Handel und den Verarbeitern bis hin zur Gastronomie und der öffentlichen Beschaffung. Nur so sind die Mehrkosten in der Schweinefütterung für die Bäuerinnen und Bauern zu bewältigen, damit diese auch dem verstärkten Ruf nach mehr Tierwohl Rechnung tragen können.

Was plant die türkis-grüne Bundesregierung ?

Österreichs Bundesregierung hat sich in ihrem Regierungsprogramm dazu bekannt, dass heimische und europäische Eiweißquellen für Futtermittel unterstützt werden. Aufbauend auf diese Europäische Eiweißstrategie braucht es aus Sicht der türkis-grünen Antragsteller im Agrarausschuss des Parlaments Maßnahmen, um den Absatz von GVO-freien AMA-Gütesiegel-Produkten in allen Tierhaltungssparten zu stärken. Zwingend notwendig dazu sind begleitende Maßnahmen, insbesondere in der nationalen Ausgestaltung der GAP.

Hier zum Nachlesen der von ÖVP, Grünen und FPÖ verabschiedete Antrag im Wortlaut:

ANTRAG

gem. § 27 Abs. 3 GOG

der Abgeordneten Georg Strasser, Olga Voglauer,

Kolleginnen und Kollegen,

betreffend Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels

eingebracht im Zusammenhang mit der Verhandlung über TOP 8, 1413/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kein AMA Gütesiegel für Sojaimporte auf Bundes- wie auf Landesebene

 Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft wolle beschließen:

 Entschließungsantrag

 Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird ersucht, im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten auf die zuständigen Stellen und betroffenen Branchen einzuwirken, damit das AMA-Gütesiegel im Sinne einer Forcierung des Einsatzes von gentechnikfreiem Soja weiterentwickelt wird. Ziel ist der Ausstieg aus nicht GVO-freien Futtermitteln im Rahmen einer marktbasierten Entwicklung, sowie die Stärkung der Eigenversorgung mit gentechnikfreiem, europäischem Soja.

Begleitend sollen Maßnahmen, insbesondere in der nationalen Ausgestaltung der GAP, genutzt werden, damit den Bäuerinnen und Bauern gentechnikfreie regionale und europäische Eiweißquellen für Futtermittel zur Verfügung stehen und die Transparenz bezüglich Wertschöpfung und Abgeltung der Mehrkosten für die GVO-freie Fütterung geschaffen wird. Es sollen Maßnahmen gesetzt werden, um den Absatz von GVO-freien AMA-Gütesiegel-Produkten in allen Tierhaltungssparten zu stärken und damit die Marktbedingungen der Betriebe zu verbessern.

Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird weiters ersucht im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten auf die zuständigen Stellen und betroffenen Branchen einzuwirken, damit das AMA-Gütesiegel auch die Weiterentwicklung der Tierwohlkriterien (auch in Basisanforderungen, Auslauf, Platzangebot) berücksichtigt.“

Begründung:

Die Bundesregierung hat sich im Regierungsprogramm dazu bekannt, die Gentechnikfreiheit zu forcieren, sowie in allen Sektoren Initiativen für den Schutz der Artenvielfalt zu setzen und Beiträge zum Klimaschutz zu leisten. Zudem soll der Umstieg auf heimische und europäische Eiweißquellen für Futtermittel unterstützt werden, dabei gilt es die verschiedenen Instrumente wie Agrarförderungen und öffentliche Beschaffung auch in diesem Sinne zu nutzen.

Gerade im Hinblick auf den Klimawandel ist den Regierungsfraktionen die Umstellung auf europäische Soja-Futtermittel sehr wichtig. Die Produktion von – großteils gentechnisch verändertem – Soja in Südamerika ist einer der größten Treiber für den Verlust und häufig illegale Rodung von Regenwald, was starken Verlust von Biodiversität sowie enorme Klimafolgen aufgrund der Landnutzungsänderungen bedeutet. Würde regionaler Soja eingesetzt werden, wäre eine Reduktion der CO2 Emissionen um bis zu 50% pro kg Schweinefleisch möglich (vgl. SERI 2011 & FiBL 2020).

Die Landwirtschaft ist jederzeit zu Weiterentwicklungen bereit, sofern die dafür anfallenden Mehrkosten von den MarktteilnehmerInnen getragen werden. Berechnungen zeigen, dass die Mehrkosten für europäisches Soja, je nach Berechnungsgrundlage und Studie, im Durchschnitt der Jahre 2017-2020 zwischen € 2,28  und € 8,60  pro Mastschwein betragen.

Parallel zum Umstellungsprozess ist es unbedingt notwendig, die bereits bestehenden Zusatzmodule des AMA-Gütesiegels GVO-frei und Tierwohl verstärkt durch die AMA-Marketing GmbH zu bewerben, sowie im Zuge der Überarbeitung der Basisanforderungen an die Tierhaltung im AMA Gütesiegel auch die Tierwohl-Anforderungen weiterzuentwickeln.

Diese Mehrkosten, die durch Mehrleistung entstehen, können die LandwirtInnen nicht selber tragen. Es braucht daher auf jeden Fall neue Ansätze im Bereich der Finanzierung der Mehrkosten für die betroffenen Bäuerinnen und Bauern, um die Umstellung auf europäisches/GVO-freies Soja in der Schweinefütterung und mehr Tierwohl kostenneutral zu bewältigen.

 

 

 

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